Von der Hofübergabe über den Pflegefall bis zur Verfügung

Samstagsseminar „Mit Sicherheit krank oder älter werden“

Der Kreisbauernverband Werra-Meißner veranstaltete vorletzten Samstag ein Seminar zum Thema „Mit Sicherheit krank oder älter werden“, das KBV-Vorstandsmitglied Klaus Jopp eröffnete.

Karl-Heinz Armbrust, Geschäftsführer der LBH-Steuerberatungsgesellschaft mbH in Friedrichsdorf.

Foto: Franziska Wollandt

Karl-Heinz Armbrust, LBH-Steuerberatungsgesellschaft mbH in Friedrichsdorf, informierte zum Thema Hofübergabe und die damit eventuell verbundenen Altenteilleistungen. „In der Landwirtschaft haben wir den besonderen Fall, dass der Betrieb in der Regel für die Absicherung des Ãœbergebers verantwortlich ist, da die soziale Absicherung meist nicht ausreichend ist.“, sagte Armbrust. Dabei können die Vertragsparteien bei der Hofübergabe vereinbaren, was sie wollen: soll überhaupt ein Altenteil bestehen und wenn ja, welches und in welchem Umfang?

Bei einem weiteren gemeinsamen Zusammenleben der Generationen ist es laut Armbrust besonders wichtig, bei der Angabe und Beschreibung der Räume genau vorzugehen. „Um spätere Konflikte zu vermeiden“, so Armbrust.

Auch die Nutzung gemeinsamer Räume sollte genau benannt werden. Bei der Festlegung eines Naturalaltenteils empfahl er den Anwesenden die Formulierung „Verpflegung“ zu nutzen.

Was tun, wenn der Pflegefall eintritt

Auch bei der Vereinbarung eines Baraltenteils ist darauf zu achten, dass dieser steuerlich anerkannt wird. Das funktioniert aber nur, wenn nachweisbar ist, dass dieser regelmäßig gezahlt wird. „Richten Sie einen Dauerauftrag für den Baraltenteil ein. Nur so ist gewährleistet, dass die Zahlung regelmäßig erfolgt“, sagte Armbrust weiter. Sogenannte Pflegeklauseln im Hofübergabevertrag können ebenfalls individuell gestaltet werden. Wie und in welchem Umfang die Pflege zu Hause gestaltet wird, sollten die Ãœbernehmer mit den Ãœbergebern im Voraus regeln. Wichtig hierbei ist auch die Frage, wie lange eine Pflege zu Hause gewährleistet werden kann. Aber auch die Abfindung möglicher weichender Erben muss bei einer Hofübergabe geregelt werden. „Hierbei ist zu beachten, dass nicht der Verkehrswert des Betriebes als Berechnungsgrundlage herangezogen wird, sondern der Ertragswert“, erklärte Armbrust.

Tim Pippart, Arzt und Allgemeinmediziner aus Wanfried.

Foto: Franziska Wollandt

Oft wünschen sich die weichenden Erben auch, beim Eintreten eines Pflegefalls finanziell nicht belangt zu werden. Ist nun eine Unterbringung im Pflegeheim notwendig, wird zunächst das Einkommen und das Vermögen der zu pflegenden Person in Anspruch genommen. Dazu zählen auch Ansprüche aus dem Hofübergabeverrag, also alle Altenteilleistungen.

Der Ãœbernehmer des Betriebes kann in diesem Fall trotz einer Pflegeklausel im Vertrag nicht für die Heimunterbringungskosten belangt werden. Armbrust wies auch darauf hin, dass ein Hofübergabevertrag ohne die Berücksichtigung zwischenmenschlicher Beziehungen der einzelnen Parteien, nicht ordentlich zu gestalten ist. „Es müssen alle Parteien mit dem Vertrag zufrieden sein, um spätere Konflikte zu vermeiden“, betonte Armbrust.

Informationen an Angehörige weiter geben

Der zweite Vortrag an diesem Tag drehte sich um die Frage, was passiert wenn ein Angehöriger ins Krankenhaus eingeliefert wird und weder Patientenverfügung noch Vorsorgevollmacht vorliegen. Hierzu referierte Allgemeinmediziner Tim Pippart. „Ist ein Unfall passiert, wird der Notarzt und die Rettung zunächst alles versuchen, das Leben des Menschen zu retten“, begann Pippart den Vortrag.

In den meisten Fällen wird der Patient dann mit ins Krankenhaus genommen. Liegen keine Dokumente vor, die eine Person als zuständig erklären, läuft „die komplette Maschinerie an.“ Der Patient wird entweder operiert oder stabilisiert, in der ganzen Zeit können Angehörige dann nur warten. Aber auch danach ist es schwierig, an Informationen zu kommen, um zu erfahren wie es weiter geht. „Der Arzt unterliegt der Schweigepflicht und darf selbst Angehörigen nichts sagen, wenn es nicht irgendwo eine Verfügung gibt, dass sie der Ansprechpartner sind“, erklärt Pippart.

Uwe Roth, Geschäftsführer des KBV Werra-Meißner, informierte über die private Pflegeversicherung.

Foto: Franziska Wollandt

Aber wenn der Arzt das Gefühl hat, dass man sich nahe steht und es im Willen des Patienten wäre, kann er Informationen an Angehörige weiter geben. Ist dies aber nicht der Fall, wird der Arzt einen Amtsrichter bestellen, der dann einen Bevollmächtigten benennt. „Dies ist dann meistens ein Angehöriger. Allerdings hätte man diese Hürden im Vorfeld einfach umgehen können“, erläuterte Pippart den Anwesenden. „Das spart im Ernstfall vor allem Zeit und Nerven und im schlimmsten Fall verhindert es Konflikte in der Familie am Krankenbett“, so Pippart abschließend.

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Im Anschluss referierte Reinhard Schulte-Ebbert, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Kassel, noch einmal intensiv zum Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. „Wichtig ist, dass man die beiden Dinge nicht miteinander vermischt“, erklärte Schulte-Ebbert. Eine Vorsorgevollmacht bevollmächtigt eine Person, Rechtshandlungen mit Dritten zu klären. Die Patientenverfügung regelt das Verhältnis zwischen Arzt und Patient.

In der Regel sollte man sich beide gemeinsam erstellen lassen. „Hierbei gibt es keine Universallösung, es muss immer das private Umfeld und der eigene Wille der Person betrachtet werden“, so Schulte-Ebbert. Die Person, die in einer Vorsorgevollmacht eingesetzt wird, muss vor allem charakterlich geeignet sein. Das heißt, dass nicht unbedingt ein Angehöriger hierfür eingesetzt werden muss.

Die Vorsorgevollmacht kann unterschiedlich umfangreich sein, sie kann sowohl für den Bereich der Gesundheitssorge, als auch der Vermögenssorge gelten. Eine Vollmacht für Vermögenssorge ist besonders wichtig, wenn ein Patient nicht ansprechbar ist. Der Bevollmächtigte darf dann im Namen des Patienten zum Beispiel Geschäfte regeln, Behördengänge erledigen oder Zahlungen tätigen.

Die Form der Vorsorgevollmacht ist schriftlich, muss aber nicht notariell beglaubigt werden, außer es sind Handelsregisteränderungen durch den Bevollmächtigten zu regeln.

Verfügung muss detailliert gestaltet sein Wer eine Vorsorgevollmacht erstellt, muss geschäftsfähig sein, genauso wie der Bevollmächtigte. Ein Widerruf der Vorsorgevollmacht ist jederzeit möglich, sofern derjenige noch geschäftsfähig ist, dies kann formlos geschehen. Zudem empfiehlt es sich in der Vorsorgevollmacht festzulegen, ob diese über den Tod hinaus gilt.

Reinhard Schulte-Ebbert, Geschäftsführer des KBV Kassel.

Foto: Franziska Wollandt

Eine Patientenverfügung richtet sich im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht direkt an den Arzt. Ist keine Heilung in Sicht und der Patient nicht mehr ansprechbar, greift die Verfügung. „Wichtig ist, dass die Verfügung sehr detailliert gestaltet ist und es Hinweise auf lebenserhaltende Maßnahmen, Schmerz- und Sym­ptombehandlung, künstliche Ernährung und vieles mehr gibt“, so Schulte-Ebbert. Ebenso kann dort der Sterbeort benannt werden und welche Personen zu benachrichtigen sind, zum Beispiel ein Pfarrer.

Die Patientenverfügung muss ebenfalls schriftlich festgehalten werden, zudem sollte dort vermerkt werden, wer beraten hat. Zur Erstellung einer Patientenverfügung ist es notwendig, dass derjenige volljährig ist und Einwilligungsfähigkeit besitzt.

„Eine Patientenverfügung ist auch für Angehörige eine große Erleichterung, da Ihnen im schlimmsten Fall die Entscheidung über Tod oder Leben abgenommen wird, wenn der Patient sich selbst nicht mehr äußern kann“, gab Schulte-Ebbert zu bedenken. Wichtig ist, dass man sich mit dem Thema auseinander setzt, seine Angehörigen darüber informiert und eine individuelle Patientenverfügung erstellen lässt. Genauso wie die Vorsorgevollmacht, ist diese jeder Zeit formlos wiederrufbar.

Ist eine private Pflegeversicherung ratsam?

Uwe Roth, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner, referierte über die private Pflegeversicherung und begann mit einigen statistischen Informationen. „Von 81 Mio. Deutschen sind 2,6 Mio. pflegebedürftig, 80 Prozent davon sind über 65 Jahre alt“, so Roth. Zudem seien die meisten in der Pflegestufe 1, so dass man nicht in allen Lebensbereichen auf Hilfe angewiesen ist und den Alltag zum größten Teil noch alleine bewältigen kann. In der Landwirtschaft habe man oft den Vorteil, dass große Wohnhäuser da sind, in denen eine Pflege von Angehörigen möglich ist.

Eine private Pflegeversicherung ist aus seiner Sicht dann in Erwägung zu ziehen, wenn man eine spätere Unterbringung in einem Pflegeheim anstrebt und sich und seine Angehörigen vor den sehr hohen Kosten schützen will. Hier gilt wie bei jeder Versicherung, je früher diese abgeschlossen wird, desto sinnvoller ist diese. Wenn man im Alter tatsächlich die Versicherung in Anspruch nehmen muss, ist zu bedenken, dass es eine staatliche Bezuschussung für die Versicherung nur bei der Grundabsicherung gibt, eine individuelle Versicherung ist teurer und wird auch nicht bezuschusst. „Ãœberlegen Sie sich genau, ob so etwas für Sie in Frage kommt. Und ob diese Versicherung für sie von Vorteil wäre“, schloss Roth seinen Vortrag.

Wollandt, kbv  – LW 6/2016