Agrarmärkte sind immer schwerer einschätzbar

Marktanalysten-Vortrag beim VLF im Nassauer Land

Im Rahmen seiner Winter-Informationsveranstaltung für die Landwirte in der Region hatte der Verein Landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen im Nassauer Land (VLF) kürzlich Christopher Braun von der DZ-Bank aus Frankfurt zum Vortrag geladen.

Christopher Braun, für die Agrarwirtschaft zuständiger Abteilungsdirektor bei der DZ Bank in Frankfurt, hielt einen Vortrag beim VLF über die Entwicklung der Agrarmärkte.

Foto: Dieter Fluck

Die DZ-Bank ist eine Zentralbank der Volksbanken Raiffeisenbanken und gehört den etwa 900 Genossenschaftsbanken in Deutschland. Bankkaufmann Braun ist bei der DZ-Bank zuständig für die Sektoren Agrarfinanzierungen und Finanzierungen von Projekten für erneuerbaren Energien.

Der Verein Landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen im Nassauer Land (VLF) hatte den Finanzexperten eingeladen, um von ihm die sich abzeichnenden Trends zu erfahren und sich auf die Herausforderungen der Betriebe für die Zukunft besser gewappnet zu sein. Dazu wurde er vom stellvertretenen VLF-Vorsitzenden Thomas Eller im Linterer Gasthaus „Zur Post“ begrüßt. „Die im Frühjahr vorigen Jahres verzeichnete gute Stimmungslage der Landwirte hat sich eingetrübt.

Die vom Deutschen Bauernverband ermittelte Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung der Landwirte und deren Erwartungen an die Zukunft spiegelt zugleich wieder, dass der Markt in jüngster Zeit nicht mehr so leicht eingeschätzt werden kann wie noch vor zehn Jahren.“ Das sagte Braun gleich zu Beginn seines Vortrags. Er bezifferte den derzeitigen Kreditrahmen in der deutschen Landwirtschaft auf 46 Mrd. Euro, davon lägen 18 Mrd. in erneuerbaren Energien, vor allem in Biogasanlagen und Photovoltaik. Braun: „Biogas war im Trend, aber der Zug ist abgefahren.“ Klar sei, so Braun, dass sich eine sinkende Stimmung in der Branche auf die Investitionsbereitschaft auswirke.

Vorjahr war für die Landwirte ein „Achterbahnjahr“

2014 sei an den Agrarmärkten ein Achterbahnjahr gewesen. Für Preisrückschläge hätten vor allem die Zustände in der Ukraine gesorgt. Unterm Strich gelte für die Landwirte „wie gewonnen, so zerronnen“. Die Erzeugerpreise im Schweine- und Ferkelmarkt seien eingebrochen.

Höhere Preise für zweites Quartal 2015 erwartet

Damit könne es aber ab Mitte des zweiten Quartals wieder besser werden, wagte der Referent eine Prognose, der auch von einer Erholung des Milchpreises Mitte des Jahres ausgeht. Durch den fehlenden Absatz in Russland werde zu viel Milch produziert. Hingegen verändere der Wohlstand die Ernährungsgewohnheiten. Schweine und noch mehr Geflügel erlebten einen Boom, die Ansprüche der Verbraucher an die Landwirtschaft nähmen zu, berichtete der von einem Bauernhof stammende Referent. Einer Umfrage zufolge hielten es 60 Prozent für wichtig, dass Tiere artgerecht gehalten werden, aber nur jeder Zweite sei bereit, dafür mehr zu zahlen.

Innerhalb von 25 Jahren hat sich die mittlere Größe der Betriebe verdoppelt.

Foto: Dieter Fluck

„Artgerechte Tierhaltung – was ist das?“, fragte der Bankdirektor und gab zur Antwort: „Darüber sind selbst die Landwirte nicht einer Meinung.“ Die Presse stelle artgerecht als Bio dar. Verbraucher hätten da ihre eigenen Vorstellungen. „Ich sage, das kommt auf die Lobbyarbeit an“, sagte Braun und fügte hinzu: „Die Leute aus Frankfurt fahren nicht mehr aufs Land und wenn sie kommen, fragen sie, was wir da machen.“ Zugleich erhöhen steigende rechtliche Anforderungen den Kostendruck. Von 1991 bis heute sei die landwirtschaftliche Nutzfläche der Betriebe in Deutschland von 26 ha im Mittel auf 59 ha angewachsen. Gleichzeitig seien die Preise für Agrarland stark gestiegen.

„Langfristig können die Agrarpreise nur steigen“, meint der Diplom-Kaufmann aus Frankfurt, der seinen Zuhörern empfahl, sich untereinander auszutauschen und Kooperationen einzugehen.

Zur Geldpolitik der Europäischen Zentralbank

Ein Wort galt der Europäischen Zentralbank, die mit ihrer Entscheidung über den Kauf von Anleihen den Markt flutet. „Die DZ Bank sagt: das ist das falsche Signal an die schwachen Länder“, so Braun. Langfristig werde diese Politik nicht die gewünschten Ziele erreichen.

Fluck  – LW 9/2015