Sicht auf Jäger und Landwirte hat sich negativ verändert

Jagdpolitik in den westlichen Bundesländern kritisiert

In der Mitgliederversammlung der Jaggenossenschaften und Eigenjagdbesitzer im Landkreis Fulda kritisierte deren Vorsitzender Hermann Bockmühl in Margretenhaun die Jagdpolitik in westlichen Bundesländern, die unter anderem sämtliche Wildtierarten unter Naturschutz stellen und den Jagdschutz abschaffen wolle.

Der Waschbär soll nach Ansicht der Jagdgenossenschaften bejagbar bleiben, denn er richtet mancherorts Schäden an.

Foto: Karl-Heinz Burkhardt

Naturschutzverbände wirkten vielfach zu sehr auf die Jagdpolitik mit ihren Ideologien ein. Beispielsweise werde die Beitz-, Bau- und Fallenjagd, welche Generationen von Jä­gern angemessen praktiziert hätten, verworfen. Man führe Waschbär, Marderhund oder Fuchs als nicht bejagbare Arten auf, weil man sie als nicht verwertbar betrachte. Die Sichtweise auf Jäger und Landwirte verändere sich negativ, befürchtete Bockmühl. Zur Jagdpolitik des Bundeslandes Hessen äußerte er sich aber positiv.

Hessen positive Ausnahme in bundesdeutscher Politik

Man müsse Verständnis für die Bedeutung der Jagd wecken und Öffentlichkeitsarbeit betreiben, so seine Erkenntnis. Dieser Ansicht stimmte auch Kreisjagdberater Jürgen Manns zu. Während Naturschutzverbände Lobbyarbeit betreiben, vernehme er bei den Jagdverbänden lediglich ein reagieren darauf. Vor Ort verlaufe die Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden zumeist einvernehmlich, lediglich in den Spitzen der Gremien herrschten andere Vorstellungen von Naturschutz und Jagdausübung. Dort sei das Ziel, die Natur müsse sich von alleine regenerieren, eine Art Standby-Schädlingsbekämpfung. Auch Manns sah Hessen als positive Ausnahme in der bundesdeutschen Jagdpolitik auf Länderebene.

Hinsichtlich der Arbeit in der VJE-Geschäftsstelle konnten laut Bockmühl vielfältige Probleme gelöst und die Interessen aller Parteien gewahrt werden. Dabei sei es um Pachtverträge, Wildschäden und weitere Punkte gegangen. In Bezug auf die Wildschäden plädierte er dafür, die Revierpächter nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Aber auch die Landwirte seien mit in die Verantwortung einzubeziehen, vor allem wenn es um Schadensverhütung gehe.

123 Jagdgenossenschaften sowie zwei Eigenjagdbesitzer mit insgesamt 66 593 ha bejagbarer Fläche gehören laut Dr. Hubert Beier, Geschäftsführer des Verbandes der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer im Landkreis Fulda, derzeit dem Kreisverband an. 2013 sei die Jagdgenossenschaft Leimbach-Betzenrod mit 669 ha dem Interessenverband beigetreten, 2014 die von Flieden-Stork (298 ha) und die in Flieden selbst mit 950 ha. Beier verwies auf ein Jagdrechtsseminar mit 25 Teilnehmern, die Beratung zur Jagdausfallentschädigung im Zuge der zwei Baumaßnahmen Gascade-Gasleitung und K+S-Soleleitung sowie die Unterstützung von Jagdgenossenschaften unter anderem im Zuge von Neu­verpachtungen. Dem vorgelegten Jahresabschluss 2013 erteilte Kassenprüfer Wigbert Kalb einen positiven Vermerk. An seine Stelle wählte die Versammlung, neben dem seitherigen Bernhard Hohmann aus Batten, Richard Hahn aus Steinbach zum neuen Prüfer. Dem Vorstand wurde einstimmig Entlastung erteilt. Als Vertreter der Jagdgenossenschaften in der Rot­wild-Hegegemeinschaft „Gie­­seler Forst“ berief man Winfried Mathes aus Niederrode. Manfred Wiegel, Leiter der Unteren Jagdbehörde beim Landkreis Fulda, informierte im Anschluss über die Ausgestaltung von Jagdpachtverträgen. Obwohl sich die Gebühren für Jagdkatas­ter erhöhten, hält er es für wichtig, diese auf einem möglichst aktuellen Stand zu halten. Denn, oft würden Flächen vererbt oder verkauft, jedoch ohne den Jagdvorsteher zu informieren. Im Kreis Fulda gibt es seinen Ausführungen zufolge 173 Jagdgenossenschaften, 181 gemeinschaftliche Jagdbezirke sowie 19 Eigentümer mit 29 Eigenjagdbezirken. Von den 138 000 ha des Kreises seien 123 000 ha bejagbare Fläche, was 89 Prozent der Gesamtfläche entspreche.

Abschusszahlen in der Region Jagdjahr 2013/14

Je nach Witterung, Mastjahren und weiteren Einflussfaktoren wechselt der Abschuss von Jahr zu Jahr recht stark, so Kreisjagdberater Jürgen Manns, der über die neuesten Zahlen im Jagdjahr 2013/14 (in Klammern Jagdjahr 2012/13) berichtete. Die wichtigsten Ergebnisse: Rotwild 187 (164), Rehwild 4 600 (4 800), Schwarzkittel 1 900 (2 500), Hasen 328 erlegt, mit Fallwild 520. Es sei ein „Trauerspiel“, was sich bei den Niederwildarten wie Hase und Rebhuhn abspiele. Für deren Erhaltung müsse viel getan werden. „Beim Rückgang von Hase und Rebhuhn regt sich kein Mensch auf.“ In Hessen vermehrte sich das Schwarzwild um 9 Prozent, dass Rehwild nahm um 1,7 Prozent ab. Auch gab es Informationen zum Ausmaß der Wildschäden. Das waren 71 000 Euro (74 000 Euro).

Modell zur Bezahlung einer Wildschadenpauschale

Richard Hahn, Jagdvorsteher in Steinbach (Marktgemeinde Burghaun), stellte das „Steinbacher Modell“ vor, das jedem, sowohl Landwirten sowie Verpächtern als auch Jägern Rechnung trage. Dr. Hubert Beier ermunterte die Jagdvorsteher, ihre Erfahrungen in ihren Jagdbezirken in den Jahreshauptversammlungen kundzutun. Denn nur aus Erfahrungen könne man lernen. In Steinbach hatte ein viereinhalb Jahrzehnte ausübender Jagdpächter kein Interesse an der weiteren Pacht, berichtete Hahn und erläuterte die Schwierigkeiten, einen neuen Pächter zu finden für das über 1 000 ha große Revier.

Hahn erläuterte die Begebenheiten des Jagdbezirkes mit zwei das Jagdrevier querenden Verkehrsstraßen, einem Bachlauf mit umgebendem 10 ha Bio-Weideland. Getreide-/Maisschläge mit je 10, 15 und 20 ha „am Stück“ seien vorhanden, sogar ein Rapsschlag mit 35 ha, lediglich getrennt durch einen Weg.

Letztlich ein einziger Bieter – eine Jagdgesellschaft, bestehend aus acht Jägern – habe geboten und den Zuschlag der Jagdpacht erhalten. Als Pachterlös erhalten die Jagdgenossen 3 000 Euro, eine gedeckelte Wildschadenpauschale in Höhe von 2 500 Euro sowie 500 Euro für Schutzmaßnahmen. Den Jägern bescheinigte er eine aktive und waidgerechte Jagdausübung. Aus den Streckenlisten dieses Reviers geht ein jährlicher Abschuss von 25 bis 30 Schwarzkittel hervor. Die Genossenschaftsmitglieder leisten Unterstützung bei den erfolgreichen revierübergreifenden Drückjagden, die Landwirte nehmen beim Anbau auch Rücksicht bezüglich möglicher Wildschäden. Alle Maßnahmen zeigten Wirkung. In den beiden ersten Pachtjahren sei die Wildschadenpauschale „draufgegangen“, im letzten Jagdjahr allerdings nicht mehr.

Burkhardt – LW 51/2014