Zwei Milchviehbetriebe mit vielen Raffinessen vorgestellt

Petersberger und Odenwälder LLH-Arbeitskreislehrfahrt

Der Petersberger und Odenwälder Arbeitskreis Milch des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) besuchte mit 40 Landwirten im Februar zwei Milchviehbetriebe, bei denen es Besonderheiten in der Kälberaufzucht, in der Aufstallung der Milchkühe und in der Milchvermarktung gab. Angela Mögel (LLH Griesheim) berichtet.

Blick auf das Melkkarussell des Schönberger Hofes, der an der Landesgrenze zu Hessen liegt. Die Herde umfasst 250 Milchkühe.

Foto: Angela Mögel

Der Milchhof Soonwald hält 160 Milchkühe auf 480 Meter Höhe im rheinland-pfälzischen Seibersbach. Dass dieser Betrieb über die Landesgrenzen hinweg nicht nur dem Fachpublikum bekannt ist, zeigen verschiedene Beiträge bei You Tube, SWR und ARD. Als Besonderheit ist die tägliche Verarbeitung von 2 000 Liter Milch zu Jogurt, Quark und Trinkmilch zu nennen. Das sind 50 Prozent der gemolkenen Milch. Die Belieferung erfolgt vom Betrieb aus an 1 400 Privatkunden. Großmärkte gehören aufgrund des Preisdruckes nicht zum Kundenkreis.

Neuer Stall mit zahlreichen Details für mehr Tierwohl

Der im Jahr 2012 erbaute Liegeboxenlaufstall hat verschiedene Details, die dem Begriff Tierwohl gerecht werden. Die Milchkühe stehen beispielsweise am Futtertisch auf einem erhöhten Fressplatz. Alle vier Klauen haben während des Fressens keinen Kontakt zur Gülle. Die Abtrennbügel verhindern, dass Kühe sich quer stellen. Die automatische Einstreueinrichtung ist über den Kopfbereich der doppelten Liegeboxenreihe angebracht.

Erhöhter Fresstand im Betrieb Soonwald.

Foto: Angela Mögel

Stroh wird aus der Strohmühle über einen Kettenförderer durch das Rohrsystem in den Stall gebracht. Das Einstreuen der Liegeboxen mit einem Fahrzeug im Stall entfällt. Allerdings betonte Betriebsleiter Bange den hohen Strohaufwand. Der Stall ist großzügig mit mehreren Stroh­gruppenboxen ausgestattet. Der Betriebsleiter begründet diese großzügige Bauweise mit der Direktvermarktung und dem engen Kontakt zum Kunden, die sich gern vor Ort über das Wohlergehen der Kühe überzeugen. „Ob ich hundert- oder zweihunderttausend Euro mehr für den Tierkomfort ausgebe, fällt bei 25 Jahren Nutzung kaum ins Gewicht.“

Im Kälberbereich hat Christian Bange in ein Holm-und-Laue- Iglu-System investiert. Im praktischen Einsatz hält er es auf seinem Standort nicht für optimal. „Ich musste mit Curtains und Pressplatten an den Großraumiglus noch nachrüsten, um den Husten in Griff zu bekommen.“ Zum Abschluss konnte die Gruppe 16 verschiedene Jogurt­sorten verkosten.

Westerwald-Betrieb mit 250 Kühen und Melkkarrussell

Anschließend wurde der Schönberger Hof in Heilberscheid im Westerwaldkreis an der Grenze zu Hessen besichtigt. Auch dieser Betrieb hat erst vor sechs Jahren in einen neuen Boxenlaufstall für 250 Milchkühe mit separatem Melkhaus und Strohabkalbeboxen investiert. Trotz der Erweiterungsmöglichkeit dieses Stalltyps kann sich der Betriebsleiter an diesem Standort kein weiteres Wachstum vorstellen. „Die Infrastruktur und die Flächenverteilung lassen das kaum zu.“ Die melkenden Kühe sind in eine Färsen- und eine Mehrlaktationsgruppe unterteilt.

Schlauchbelüftung im Kälberstall.

Foto: Angela Mögel

Gefüttert wird eine TMR. Kom­ponenten wie Biertreber, Pressschnitzelsilage und Feuchtmais sind ganzjährig in der Ration enthalten. Der Betriebsleiter hat vor einem Jahr eine Schlauchbelüftung in den Kälberstall eingebaut. Die Kälber ab zweiter Lebenswoche werden da aufgestallt. Anregungen bekam er auf dem hessischen Rindergesundheitstag. Dort sprach Prof. Ken Nordland von der Universi­tät Madison in Wisconsin über die Vorteile der natürlichen Belüftung mit zusätzlicher positiver Frischluft-Druckbelüftung.

Über einen auf die Maße des Kälberstalles abgestimmten perforierten Schlauch wird mittels Ventilator Frischluft in den Stall gebracht. Die Frischluft erreicht die Kälber mit einer Geschwindigkeit, die 0,3 Meter pro Sekunde nicht übersteigt. So entsteht keine Zugluft am Kalb. Mit entsprechender Einstreudicke wird keine zusätzliche Zwischendecke benötigt. So entsteht keine erregerbelastete Lufthülle um das Kalb. Schönberger entschied sich für dieses System, da in seinen Zweiraum-Tieflaufstall die Kälber regelmäßig an Rindergrippe erkrankten. Nach einem Jahr sind die Verlustraten aufgrund von Atemwegserkrankungen stark gesunken. Die finanziell recht geringe Investition hat sich bezahlt gemacht.

Zum Abschluss konnten die Gäste die ersten Kühe in dem 30-er Innenkarussell beobachten. Heute würde der Betriebsleiter in ein größeres investieren, damit zwei Melker im Karussell voll ausgelastet sind.

Informationen zu den Milchvieharbeitskreisen erhalten in­ter­essierte Landwirte bei Manfred Münker 0170/3242494 (LLH Petersberg) oder Angela Mögel  0171/8628766 (LLH Griesheim).

Mögel, LLH  – LW 13/2015