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Die ALB ist ein Mittler zwischen Theorie und Praxis

Landwirtschaftliches Bauen ist Thema der ALB Hessen

Die Erarbeitung und Verbreitung praxisrelevanter Informationen rund um das Thema landwirtschaftliches Bauen – das ist die Schwerpunktaufgabe der Arbeitsgemeinschaft für Rationalisierung, Landtechnik und Bauwesen in der Landwirtschaft Hessen e.V. (ALB). Am Mittwoch vergangener Woche fand in der ALB-Baulehrschauhalle im Landwirtschaftszentrum Eichhof in Bad Hersfeld die Jahresmitgliederversammlung statt. Das LW war dabei.

In der Mitgliederversammlung der ALB Hessen wurde Andreas Sandhäger (3.v.l.) zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er folgt auf Klaus Snethlage (links), dessen Engagement dem Verein jedoch als Vorstandsmitglied erhalten bleibt. Neuer stellvertretender Vorsitzender ist Tim Kurzenknabe (rechts). Der langjährige geschäftsführende Vorstand Gerd Franke (2.v.l.) schied ebenfalls aus dem Amt aus, auf ihn folgt Philipp Heimel (nicht im Bild). Referenten waren Dr. Wilfried Hartmann (4.v.l.), KTBL, und Hans-Jörg Schrade (5.v.l.), LSZ Boxberg. Foto: Adams

Die ALB Hessen ist vor allem für ihre jährlich über das Winterhalbjahr stattfindenden Tagungen bekannt. Jeweils mehrere Wissenschaftler, Berater, Vertreter von Behörden und landwirtschaftliche Praktiker geben dort ihr Wissen und ihre Erfahrungen rund um ein baulich geprägtes Thema weiter. „Wir sehen die ALB als Mittler zwischen Theorie und Praxis“, sagte der langjährige geschäftsführende Vorstand Gerd Franke am Rande der Veranstaltung. Die Tagungen finden seit 28 Jahren statt und erfreuen sich großer Beliebtheit, im Schnitt sind etwa 100 Teilnehmer dabei. Seit 2020 gibt es das Angebot hybrid, das heißt man kann in der ALB-Baulehrschauhalle in Bad Hersfeld und online teilnehmen (das LW berichtet jeweils ausführlich, siehe Artikel auf Seite 20). Entsprechende Technik wurde dafür angeschafft, etwa 30 000 Euro hat die ALB investiert. „Unser Teilnehmerkreis hat sich dadurch auf Interessierte aus anderen Bundesländern und benachbarten Ländern wie den Niederlanden, Österreich und der Schweiz erweitert“, sagte Vorstandsmitglied Klaus Wagner, der die Veranstaltungen organisiert. Fachschulen würden sich die Tagungen teilweise im Schulunterricht anhören. Besonders wertvoll bei der Teilnahme vor Ort in Bad Hersfeld sei die Kommunikation in den Pausen. „Praktiker können sich mit Kollegen, Beratern sowie Behörden- und Firmenvertretern austauschen, davon profitieren alle Seiten“, sagte er. Beliebt bei den ALB-Mitgliedern sind auch die landwirtschaftlichen Lehrexkursionen ins Ausland, die Gerd Franke betreut. Die Fahrt im nächsten Jahr nach Slowenien sei ausgebucht, es gibt eine Warteliste.

Zudem werden von der ALB zweijährlich in einem Fachausschuss Richtpreise für den Neu- und Umbau landwirtschaftlicher Wirtschaftsgebäude und ländlicher Wohnhäuser ermittelt, die Landwirten, Architekten und Beratern die Möglichkeit geben sollen, eine Vorstellung über die ungefähren Baukosten für eine beabsichtigte Neu- und/oder Umbaumaßnahme zu erhalten (www.alb-hessen.de). „Es gibt bundesweit keine Institution, die etwas Vergleichbares herausgibt“, sagte der neue Vorsitzende und ehemalige LLH-Direktor Andreas Sandhäger. Auch Planungshilfen wie beispielsweise zum Brandschutz bei Stallanlagen und Betriebsgebäuden wurden in Expertengruppen erarbeitet (siehe LW-Seite 22).

Die ALB füllt eine Lücke in Hessen

In Zukunft werde es darum gehen, die Rolle der ALB in Abgrenzung zu anderen Akteuren noch klarer herauszuarbeiten, sagte Sandhäger. In Hessen ist die Hessische Landgesellschaft (HLG) durch das Land mit der einzelbetrieblichen Bauberatung beauftragt. Im Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und damit der Offizialberatung werde das Thema Bauen dagegen nicht mehr bearbeitet. „Diese Lücke füllt die ALB – ohne sie würden in Hessen keine Fachinformationen zum Bauen und zu baugebundener Technik an die Praktiker vermittelt werden“, sagte Sandhäger. Gerd Franke, der geschäftsführende Vorstand, sei über vier Jahrzehnte der Vordenker der ALB gewesen, so Sandhäger. Er habe viele Ideen eingebracht und diese gemeinsam mit dem Vorsitzenden Klaus Snethlage ausgearbeitet und umgesetzt. Die beiden hätten dafür gesorgt, dass die fachliche Seite des mit 340 Mitgliedern relativ kleinen Vereins in den Fokus gerückt wird, wodurch ein entsprechendes Ansehen erreicht wurde. Es gibt verschiedene Ausschüsse, beispielsweise Betriebswirtschaft und Verfahrenstechnik, Technik der Innenwirtschaft, ländlicher Raum und Dorfentwicklung sowie Erneuerbare Energien.

Vorschläge für die Beratung erarbeiten

„In den Ausschüssen werden Ideen ausgearbeitet, die dann dem Kuratorium für das landwirtschaftliche und gartenbauliche Beratungswesen in Hessen als Beratungsinhalte vorgeschlagen werden“, sagte Snethlage. Aktuell beschäftige man sich damit, wie genehmigungspflichtige Stallanlagen gemäß der aktuellen Emissionsschutzauflagen nachgerüstet werden können. Das sei für viele Praxisbetriebe eine große Herausforderung. „Der Ausschuss Betriebswirtschaft ist auf einem guten Weg, Vorschläge zu erarbeiten, wie das wirtschaftlich umgesetzt werden kann“, so Franke.

Welch gute Arbeit in der ALB geleistet wird, habe auch das Bundeslandwirtschaftsministerium vor einigen Jahren erkannt, so Sandhäger. Gemeinsam mit dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen hat der Verein die Arbeitsgruppen zur Erarbeitung des Gesamtbetrieblichen Haltungskonzepten zur Sauen- und zur Mastschweinehaltung koordiniert. In entsprechenden Ausschüssen mit Beratern der landwirtschaftlichen Landesanstaltern, -landesämtern und -kammern sowie der KTBL und DLG wurden die Konzepte erarbeitet. Es wurden Broschüren dazu erstellt (siehe Fotos oben), eigens angefertigte Stallmodelle werden auf Messen wie beispielsweise der Eurotier und anderen Veranstaltungen gezeigt. „Man kommt an der ALB Hessen nicht vorbei, weil wir es gewohnt sind, Fachleute und Praktiker zusammenzubringen und Konzepte zu erstellen“, so Sandhäger. In den vergangenen Jahren sei die ALB für ihn als LLH-Direktor ein Spielbein gewesen, indem fachliche Arbeit umgesetzt werden konnte, die man im Landesbetrieb aufgrund der Vorgaben des Landes nicht umsetzen durfte. „Bei der ALB gab es inhaltlich wesentlich mehr Freiräume als in der Verwaltung.“

An Einnahmen generiert die ALB neben den Mitgliedsbeiträgen vor allem Mieten für Stände von Stalleinrichtungs- und mittlerweile auch Photovoltaikanlagen-Herstellern. Landwirte können sich vor Ort die Technik anschauen. „Dass eine ALB solch eine Ausstellung vorhält, ist in Deutschland einzigartig“, sagte Franke. Die Vortragshalle wird auch an andere Tagungsveranstalter vermietet, seit 2023 findet bei­spiels­weise der Hessische Schweinetag in Bad Hersfeld statt und der Geflügelwirtschaftsverband Hessen tagt dort jährlich. Insgesamt hat die ALB im vergangenen Jahr Einnahmen von etwa 62 000 Euro generiert, dem Ausgaben von 59 000 Euro gegenüberstehen. Der Überschuss werde für die Instandhaltung der Halle genutzt.

Planungsunsicherheit in der Schweinehaltung

Zukunftsfähige Verfahren in der Schweinehaltung war das Thema von Hans-Jörg Schrade, Leiter des LSZ Boxberg. „Die Situation für die Schweinehalter war in den vergangenen Jahren völlig unbefriedigend.“ Selbst wenn die Erzeugerpreise hoch waren – wie im vergangenen und diesem Jahr – gaben viele den Betrieb auf, weil die Planungssicherheit fehle. Dass die Haltung immer mehr in Richtung zu höherem Tierwohl und damit Langschwanzferkeln gehe, ist für ihn gesetzt. „Man wird die Schweinehaltung daran messen, ob sie es schafft, dass die Schwänze intakt bleiben“, sagte er. Die Borchert-Kommission habe 2021 gute Vorschläge vorgelegt, auch dafür, wie der für Schweinehalter höhere Aufwand durch den Markt ausgeglichen werden könnte. Ein weiteres wichtiges Ziel sei die Senkung von Emissionen im Stall, um beim Klimaschutz voranzukommen. Für all diese Punkte gebe es mittlerweile Lösungen in der Praxis, es scheitere aber an der nicht vorhandenen Finanzierung des Mehraufwandes für die Landwirte. Dies sei ein Versagen der Politik. Das Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der landwirtschaftlichen Tierhaltung bezeichnete er als Verhinderungsprogramm, „denn die vorgeschriebenen Rahmenbedingungen sind für viele Betriebe gar nicht zu erfüllen“, so Schrade. Er hoffe, dass die kommende Bundesregierung das entsprechend ändere.

Haltungskonzept für Milchkühe erstellt

Wie zukunftsfähige Haltungsverfahren in der Milchkuhhaltung aussehen könnten, stellte Dr. Wilfried Hartmann vom KTBL vor. Für die Ausarbeitung eines Gesamtbetrieblichen Haltungskonzeptes Rind – Milchkühe (Broschüre siehe Foto unten) seien 18 Experten aus 13 Institutionen zusammengekommen, auch er war beteiligt. Entwickelt wurde jeweils ein Konzept für einen Stall mit dem Fokus auf das Tierwohl, die Wirtschaftlichkeit, die Ökologie und ein sogenannter Kompromissstall, der die drei Bereiche vereinen soll. „Man wollte Visionen herausarbeiten“, sagte der Referent, eine fachliche Einigung in der Arbeitsgruppe sei jedoch schwierig gewesen. Im Tierwohlstall wurden vier Rundställe passend für je ein AMS eingeplant, die Tiere liegen frei ohne Abtrennungen im Stall. Es gibt keine Gruppenwechsel für die Kühe und auch die Kälber bleiben zum Absetzen im Herdenverband. Es besteht jederzeit Zugang zur Weide. Kennzeichen des Ökonomiestalls sind kurze Arbeitswege und eine gute Arbeitsplatzgestaltung. Die vier AMS sind mittig im Stall angeordnet, die Kalbebuchten befinden sich neben den AMS, es gibt zwei Außenfuttertische. Im Ökologiestall ist die Bauweise kompakt. Es wird auf möglichst wenig befestigte Fläche gesetzt, das Futter ist in Hochsilos gelagert. Ein Gründach sorge für ein gutes Stallklima auch im Hochsommer, und es gibt eine Kot-Harn-Trennung. Ein schmaler Futtertisch mit automatisierter Fütterung ist vorhanden.

Die Broschüren zu den Gesamtbetrieblichen Haltungskonzepten können Interessierte sich kostenlos herunterladen auf der BLE-Website unter www.ble-medienservice.de.

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