Die neue Düngeverordnung (DüV) beinhaltet neben weiteren Einschränkungen des Einsatzes von Mineral- und Wirtschaftsdüngern einige Vorgaben zur Ermittlung des Düngebedarfes, zu den Stoffströmen im Betrieb und zur Dokumentation, die den betrieblichen Aufwand nochmals deutlich erhöhen werden. Berater des LLH stellten die Anforderungen und Beratungsangebote hierzu den Kreisgeschäftsführern des HBV vor. In der Diskussion wurde auch deutlich, dass noch nicht alle Fragen abschließend geklärt sind.
Im Rahmen der Kreisgeschäftsführer-Tagung des Hessischen Bauernverbandes (HBV) informierten sich die Teilnehmer über den aktuellen Stand zur Umsetzung der Düngeverordnung. Elke Schelle, Abteilungsleiterin der Beratung im Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), stellte kurz die Beratungsangebote des LLH vor. „Wir verfügen über 110 Beratungskräfte, die in sieben Teams alle landwirtschaftlichen Bereiche abdecken; viele davon sind direkt mit der DüV konfrontiert,“ führte sie aus. Die neue Düngeverordnung erfordere einzelbetriebliche und flächenindividuelle Betrachtungen. Hier seien praktikable Lösungen für die Betriebe gefragt. Diese würden zurzeit erarbeitet und der Praxis zur Verfügung gestellt, so Schelle.
Düngebedarfsermittlung für jede einzelne Fläche
„In den letzten Wochen wird die Beratung häufig nach einzelnen Maßnahmen gefragt“, eröffnete Herbert Becker vom LLH-Beratungsteam Pflanzenbau seine Ausführungen und erklärte, dass als erstes die Neuerungen bei der Düngebedarfsermittlung auf die Betriebe zukämen. Diese müsse für jeden Schlag beziehungsweise jede Bewirtschaftungseinheit erstellt werden. „Viele Landwirte bearbeiten mehr als 90 Einzelflächen. Das ist ohne EDV eigentlich nicht mehr zu bewerkstelligen.“ Vor der Düngung müsse nun anhand der Vorfrucht, der erfolgten organischen Düngung, des Nmin-Wertes und der Nachlieferung aus dem Boden der Bedarf für jede Fläche bestimmt werden. Die Ackerschlagkartei „ELSA-agrar“ sei hierfür geeignet, es werde aber auch derzeit in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Landwirtschaft Sachsen-Anhalt ein Programm nur zur Berechnung des Stickstoff- und Phosphordüngebedarfs entwickelt, das im Frühjahr 2018 zur Verfügung stehen soll.
Verordnungstext nicht immer eindeutig formuliert
Diskussionsbedarf gab es beim Thema „Stoffstrombilanz“ und zwar hinsichtlich der Frage, welche Betriebe diese anfertigen müssen. Hier erwies sich die Formulierung aus der Verordnung durchaus als missverständlich: Eine Stoffstrombilanz anfertigen müssen „Betriebe mit mehr als 50 GV je Betrieb oder mit mehr als 30 ha LNF bei einer Tierbesatzdichte von jeweils mehr als 2,5 GV je ha“. Hier war die Frage, ob die 2,5 GV/ha auch für Betriebe mit mehr als 50 GV gelten, beziehungsweise diese also im Falle, dass sie weniger als 2,5 GV/ha aufweisen, ebenfalls keine Stoffstrombilanz anfertigen müssen. Nach Einschätzung der Versammlung sind Betriebe mit mehr als 50 GV und weniger als 2,5 GV/ha tatsächlich von der Pflicht, eine Stoffstrombilanz anzufertigen, befreit, da sich dies aus der Gesetzesbegründung ableiten lasse. In der Stoffstrombilanz sind alle Stickstoff- und Phosphormengen, die dem Betrieb zugeführt oder entzogen werden über drei Jahre gemittelt zu verrechnen. „Auch hier geht ohne EDV eigentlich nichts mehr“, betonte Becker – beispielsweise unter Zuhilfenahme von ELSA-agrar.
Was ist „langjährige organische Düngung“?
Unschärfen weise die Verordnung auch bei der Düngebedarfsermittlung im Herbst auf, so Dierk Koch, LLH-Fachinformation Pflanzenbau: Die vorgeschriebene Berücksichtigung „langjähriger organischer Düngung“ könne aus seiner Sicht nicht nachvollzogen werden, da diese weder in der DüV noch in anderen Bereichen des Düngegesetzes definiert sei. Er sprach sich dafür aus, hier möglichst eine bundesweite Regelung zu finden.
Koch machte darauf aufmerksam, dass einige Kulturen bisher hinsichtlich ihrer Stickstoffbedarfswerte nicht in der DüV berücksichtigt würden. Eine Arbeitsgruppe der Landwirtschaftkammern habe dazu einen Vorschlag erarbeitet, der bundesweit übernommen werden könnte. Insgesamt bestehe hinsichtlich der konkreten Umsetzung der Düngeverordnung in den Ländern noch erheblicher Klärungsbedarf. Der aktuelle Stand werde fortlaufend veröffentlicht und in zahlreichen Schulungen vermittelt, so Koch.
Kernsperrfrist kann verschoben werden
In der abschließenden Diskussion kamen unter anderem die Möglichkeiten einer Kernsperrfrist-Verschiebung zur Sprache – und zwar ob diese einzelbetrieblich oder nur für eine ganze Region erteilt werden könne. Marie-Christin Mayer, HBV, führte hierzu aus, dass das Regierungspräsidium Kassel eine einzelbetriebliche Regelung in Aussicht gestellt habe, der Antrag dazu müsse allerdings gut begründet sein. Die Gründe für eine solche Verschiebung seien in der DüV aufgeführt. Ein Antrag auf Sperrfristverschiebung dürfte allerdings mehr Aussicht auf Erfolg haben, wenn diesen mehrere Betriebe einer betroffenen Region stellen würden.
KB – LW 40/2017