Der Flächenfraß und das gesellschaftliche Ansehen der Landwirtschaft waren Schwerpunkte bei der Vertreterversammlung des BWV Ludwigshafen. Das Thema des Vortrags von Dr. Michael Lohse, dem Pressesprecher des Deutschen Bauernverbandes, hätte passender nicht sein können. „Landwirtschaft im Brennpunkt – öffentliche Meinung im Wandel“ das erleben die Landwirte rund um die Stadt Ludwigshafen täglich. Konflikte auf den Wirtschaftswegen, ständige Anfragen aus den Kommunen oder der Straßenverwaltung, weitere Flächen zu bebauen. Ja, es ist ein Brennpunkt, in dem die Landwirtschaft von zahlreichen Interessensgruppen attackiert werde.
„Doch diese zwei Prozent der Bevölkerung, die die Landwirtschaft in Deutschland ausmacht, kann viel bewegen, wenn sie sich einig sind. Ich hoffe sie twittern heute Abend viel aus dieser Sitzung, das ist ein Weg, eine Chance, die es zu nutzen gilt“, sagte Lohse. „Wir werden immer weniger und wir stehen im Brennpunkt, keine Woche ohne ein landwirtschaftliches Thema in den Medien, sei es Ernährung oder Gesundheit. Darüber könne man sich ärgern, doch man könne es anders sehen: „Wir sind im Mittelpunkt. Man redet über uns. Wir müssen das nutzen.“
Immer mehr tun, um gehört zu werden
Als kleiner werdende Wählerschicht müssen wir mehr tun, um gehört zu werden“, betonte Lohse. Es sei eine Aufgabe, die Akzeptanz für unser Tun in der Gesellschaft zu steigern. Das gehe nur mit einer ehrlichen Aufnahme des IST-Zustands innerhalb der Branche. „Wir müssen intern über ethische Fragen diskutieren, müssen unser Verhalten hinterfragen. Die EU ist derzeit dabei eine Klage gegen Deutschland vorzubereiten, da wir in der Düngeverordnung bisher geringe Fortschritte zeigen“, bemerkte Lohse. Es sei wichtig, die gesellschaftlichen Veränderungen anzuerkennen. Diese seien Individualisierung, Globalisierung, Rückgang von Bindungen an Parteien, Berufsgruppen oder Vereine, Trend zu Single-Haushalt und Außer-Haus-Essen, veränderte Risikobewertung gegenüber Ernährung und Umwelt – heute diskutiere ein Bürger mit der Zigarette in der Hand über Cholesterin im Fleisch und wird ernst genommen – sowie das Phänomen Tier-Liebe und Land-Lust. „Sie brauchen nicht anfangen mit einem Single, der mit seinem Hund in einer Wohnung lebt und diesen als Partnerersatz hält über Tierschutz zu diskutieren“, untermauerte Lohse die gesellschaftlichen Veränderungen. Und schließlich ein wichtiger Faktor der Kommunikation: Emotionen statt Sachkunde zählen.
Der deutsche Unternehmer Rolf Benz sagte einmal: „Jedes Unternehmen, um das sich eine Marke bildet, wird in seinem ethischen Verhalten belohnt oder bestraft. Je höher die Marktbedeutung ist, umso gravierender die negativen oder positiven Auswirkungen nach außen und innen“, zitierte Lohse. Auch die deutsche Landwirtschaft habe einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft, was etliche Umfragen bestätigen. Und das Image der Landwirte sei gut. Das müsse genutzt werden: „Mischen Sie sich per Facebook, Twitter oder mit einem Tag des offenen Hofes ein. Auch in die Zeitungslandschaft. Sie bezahlen die Rheinpfalz und die öffentlich-rechtlichen Sender.“
Doch man sollte über die Sozialen Medien wissen, dass dort zu 90 Prozent Wunschökonomie vorherrsche und nur zu 10 Prozent die Realität. „Sie arbeiten direkt am Markt. Hier sind 10 Prozent Wunschökonomie und 90 Prozent Preisökonomie. Gegensätzlicher kann es kaum sein. Die derzeitigen Diskussionen finden in der Wunschökonomie statt“, erklärte Lohse. Er forderte mehr Transparenz, um die Produktion zu zeigen, um glaubwürdig zu sein und das Vertrauen der Gesellschaft zu gewinnen. Eine Maßnahme seien die „Einsichten Tierhaltung“. Fenster für Ställe, die an Wanderwegen oder anderen Fußwegen stehen.
Weitere Maßnahmen sind Bauernhof als Klassenzimmer, Kindergarten auf dem Hof, ausbildungsbezogene Praktika, Messen und Ausstellungen, Videos, Hörfunk, klassische Presse, Kampagnen mit Verband, doch auch online www.bauernverband.de, www.die-deutschen-bauern.de, die Sozialen Netzwerke oder eine Webcam in den Stall oder die Logistikhalle zu stellen. Martin Steig, Landwirt aus Mutterstadt, forderte konkretere Maßnahmen für die Region Rhein-Pfalz. „Was kann hier vor Ort getan werden, um die täglichen Schwierigkeiten zu beheben?“ Dazu meinte Lohse sei ein separater Abend notwendig, in dem ein Konzept erarbeitet werden könnte, im Ausschuss Öffentlichkeitsarbeit sei dies möglich.
Gesetze sind geändert, nun auf Umsetzung pochen
„Die Einbindung der Landwirtschaft bei Naturschutz und Gewässerschutz ist unverzichtbar“, sagte der stellvertretende Kreisvorsitzende Hermann Reber, der den erkrankten Johannes Zehfuß vertrat. „Hier konnte der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd im vergangenen Jahr Erfolge verbuchen. So sei nun im Naturschutzgesetz verankert, dass statt neuer Ausgleichsflächen zukünftig auch produktionstechnische Maßnahmen als Ausgleich für Eingriffe in die Natur anerkannt werden.“ Das sei durch Vertragsnaturschutz möglich. Beim neuen Landeswassergesetz konnte die Freiwilligkeit bei der Anlage von Gewässerrandstreifen in den Gesetzestext aufgenommen werden. „Zusammen mit Ihnen wollen wir hier Maßnahmen erarbeiten, ich bitte um ihre Mithilfe“, sagte Reber, der darüber hinaus den Mindestlohn und die Arbeitszeitregelungen als wichtige Beratungsthemen des BWV im vergangenen Jahr nannte.
Auch in Bezug der Einstellung von Flüchtlingen sei der BWV mit den Behörden in Gesprächen, damit die Betriebe rechtssicher handeln können.
zep – LW 8/2016