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Ist der Feldhase in unseren Revieren noch zu retten?

Situationsbeschreibung am Beispiel eines südhessischen Reviers

Die Streckenlisten der letzten Jahre bringen es ans Tageslicht – dem Niederwild in unserer Kulturlandschaft geht es nicht besonders gut. Dies betrifft natürlich nicht nur die Niederwildarten wie Rebhuhn, Fasan und Feldhase, sondern auch viele andere wildlebende Arten und auch unsere Singvögel. Sie sind allesamt die Verlierer unserer Wald-und Feldflur.

Meister Lampe hat es zurzeit besonders schwer: In unseren Feldrevieren muss viel passieren, damit sich die Bestände des Feldhasen wieder erhöhen können. Foto: Michael Breuer

Wie können Bestand und Jagdstrecke dieser auf Störun­gen des Lebensraums sehr empfindlich reagierenden Wildart stabil gehal­ten werden? In diesem Beitrag wird die Situation am Beispiel eines südhessischen Reviers am Stadtrand von Darmstadt beschrieben und bewertet. Deutlich wird: In den Feldrevieren muss viel passieren, damit es dem Feldhasen wieder besser gehen kann.

Die Jägerschaft, die sich seit Jahren in Enthaltsamkeit oder Nichtbejagung des Niederwildes übt, sucht in vielen Niederwildrevieren nach Abhilfe und Lösungsansätzen, damit sich die Bestände auf ein stabiles Niveau hal­ten können. Leider ziehen die anerkannten Naturschutzverbände nicht an einem gemeinsamen Strang, da der Niedergang der Niederwildarten sowieso nur den Jägern zugeschrieben wird und außerdem die Jagd an sich nicht in das Konzept und die Ideologie passt.

Die Jägerschaft, insbesondere die Re­vierinhaber, versuchen mit Engagement und finanziellem Aufwand die Lage zu verbessern, aber anstatt Zuschüsse für ihre Bemühungen zu erhalten, werden sie von den Kreisen für ihr Engagement mit Hilfe der „bagatellen“ Jagdsteuer zur Kasse gebeten – da stimmt doch was gar nicht mehr. Es mangelt nicht an wissenschaftlichen beziehungsweise praxisnahen Experten, Ursachenforschung wird fleißig betrieben und je nach persönlicher Einstellung und Weltanschauung verschiedene Faktoren festgemacht.

Es steht zweifelsfrei fest, dass wir es bei dem Problem Niederwildrückgang nicht mit einzelnen Faktoren, sondern mit vielen Komponenten zu tun haben. Wetter, Krankheiten, Nahrung, Landwirtschaft, Deckung, Biotope, multifaktorielle Faktoren, Prädatoren, Unruhe und Störungen und nicht zuletzt die Jagd werden als besatzschädigende Einflüsse genannt.

Nasskaltes Wetter und viele weitere Faktoren haben Einfluss

Das Wetter, vor allem in der Brut- und Setzzeit, spielt eine übergeordnete Rolle, darüber hinaus ist nasskaltes Wetter ein Wegbereiter für verschiedene Krankheiten, die hin und wieder ganze Besätze dahinraffen (wie Chinaseuche bei Kaninchen). Über die Einflussnahme der Landwirtschaft wird natürlich viel diskutiert. Die Landwirtschaft hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte stark verändert, kleine Familienbetriebe mit kleinflächiger Anbauwirtschaft sind zum Großteil verschwunden. Flurbereinigung und Zu­sammenlegungen haben Ackerrandstreifen und die für Niederwild so wichtigen kleinen Parzellen gibt es nicht mehr, dazu kommen Sonderkulturen und großflächiger Maisanbau für Biogasanlagen. Alles nicht gerade optimal, aber auch da gibt es keinen Weg zurück.

Schon unsere Vorfahren wussten den Einfluss der Beutegreifer einzuschätzen und haben geeignete jagdliche Methoden entwickelt, um das Verhältnis Beute zu Beutegreifer zu regulieren.

Heute hört man allzuoft: Die Natur re­guliert sich von selbst. Dies ist ein Trugschluss insofern, als dass der Mensch auch verschiedentlich in die Abläufe der Natur eingreift. Ein Beispiel sei mit der Schluckimpfung der Füchse gegen Tollwut angeführt (die Jägerschaft hat dabei kräftig mitgeholfen) – dies war auch gut so und wir können heute überaus dankbar sein, dass die Bundesrepublik als tollwutfrei einzustufen ist.

Als Folge davon ist die Population der Füchse stark angestiegen und diese kann eigentlich mit jagdlichen Mitteln kaum auf ein erträgliches und gesundes Maß zurückgeführt werden. Seit ein paar Jahren grassiert in Südhessen die Fuchsräude und es kann wohl nicht gewollt sein, dass die Fuchspopulation sich dadurch in elendiger Weise selbst reguliert.

Erläuterungen an einem Revier im Rhein-Main-Ballungsraum

Das Revier Weiterstadt nahe der Stadtgrenze Darmstadt umfasst etwa 420 ha bejagbare Fläche, wobei die Flächen rund um die Stadt kaum mehr zusammenhängen und der Druck durch die hohe Besiedelung immer größer wird. Die Pacht des gemeinschaftlichen Jagdbezirks besteht seit dem Jahr 1996. Die landwirtschaftliche Struktur ist hauptsächlich geprägt durch Sonderkulturen von Spargel und Erdbeeren, wobei die Verfrühung mittels Abdecken durch Folien und Schutz durch Einzäunungen in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Zudem ist der Freizeitdruck durch die Bevölkerung als sehr hoch einzustufen und eine korrekte ungestörte Jagdausübung kaum mehr möglich.

In diesem Spannungsfeld wurde trotzdem der Versuch unternommen, dem Niederwild durch verschiedene Maßnahmen auf die Sprünge zu helfen. Wichtige Erkenntnisse zu den Ergebnissen liefert eine regelmäßi­ge Feldha­sen­-Taxation, die inzwischen seit 14 Jahren im Revier durchgeführt wird.

Biotopverbesserungen waren nur bedingt möglich, außer durch Schutz bestimmter für Niederwild geeignete Flächen und Anlegen von Wildäckern. Wichtig ist, dass der Erfolg der Nieder­wildhege mit einer strammen Bejagung des Raubwildes einhergeht. Raubwild und insbesondere der Fuchs dezimiert den Hasenbestand. Das Hauptaugenmerk wurde daher auf die Bejagung der Beutegreifer gelegt, wobei nur Fuchs und Marder an Luderplätzen (Luder vergraben) zur Strecke kamen, auf die Fallen- und Baujagd wurde gänzlich verzichtet, aufgrund der Stadtnähe.

Den ganzen Beitrag können Sie sich hier im PDF-Format herunterladen.Dr. Johann Pürstl – LW 14/2014