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Es gibt sie: Alternativen zum Diesel aus Erdöl

Erneuerbare Kraftstoffe für die Landwirtschaft

Zum Jahreswechsel demonstrierten die Landwirte und Landwirtinnen gegen die Streichung der Agrardieselbeihilfe. Ein Argument der Bundesregierung für deren Abschaffung war, sie sei eine klimaschädliche Subvention. Auch die Landwirtschaft müsse Alternativen einsetzen und ihren CO2-Fußabdruck reduzieren. Anders als der Elektroantrieb für Autos sind alternative Kraftstoffe für Traktoren aktuell nicht verfügbar.

New Holland Methangasschlepper von der Firma Leinweber aus Neuhof bei der Veranstaltung in Münzenberg. Foto: Nürnberger

Im Jahr 2040, also bereits in 17 Jahren, soll gemäß dem bayerischen Klimaschutzgesetz in keinem Traktor mehr fossiler Dieselkraftstoff zum Einsatz kommen. Und mit Blick auf das europaweit beschlossene Verbrenner-Aus im Jahr 2030 betont Dr. Udo Scheff, Direktor Tractor Engineering bei John Deere, die Dringlichkeit Alternativen zu entwickeln: „Das Jahr 2030 ist gewissermaßen morgen. Wenn wir bis dahin unsere CO2-Emmissionsreduktionsziele auch bei Landmaschinen erreichen wollen, sind Biokraftstoffe alternativlos.“

Welche Alternativen aber gibt es? Wie können landwirtschaftliche Betriebe reagieren? Auf der vom Bioverband Naturland organisierten Veranstaltung „Alternativen zum Diesel“ kamen Wissenschaftler, Traktorhersteller und Praktiker zusammen, um sich über den aktuellen Entwicklungsstand auszutauschen.

Alternativen stehen bereit

Einen einleitenden Überblick gab Rita Haas vom Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) in Straubing. Das TFZ befasst sich seit vielen Jahren mit der Bewertung von Energieträgern und Antriebssystemen für Fahrzeuge und mobile Maschinen. Es unterstützt staatliche Betriebe in Bayern bei der Umstellung auf klimafreundliche Antriebe und testet den von John Deere entwickelten Pflanzenölschlepper im Projekt „ResiTrac - Resilient Food Production with Green Tractors“.

Die Landwirtschaft in Deutschland, so Haas, hat derzeit einen jährlichen Kraftstoffbedarf von zirka 2 Mrd. Liter. Das entspricht etwa 5 Prozent des gesamten in Deutschland benötigten Dieselkraftstoffs. Mit Blick auf die auch für die Landwirtschaft geltenden Treibhausgas-Reduktionsziele entspricht dies rund 5,1 Mio t THG-Emissionen. Unterstellt man eine autonome Versorgung mit Pflanzenöl allein von landwirtschaftlichen Flächen, bräuchte man zirka 1,2 Mio. ha Rapsanbaufläche und damit 10 Prozent der gesamten Ackerfläche von 11,7 Mio. ha. Außer Pflanzenöl fielen 2/3 der Rapsernte als eiweißreicher Presskuchen zum Beispiel für die Tierfütterung an.

Als weitere Energieträger neben Pflanzenöl kommen Biodiesel, Biomethan und HVO-Diesel („Hydrotreated Vegetable Oil“, deutsch „hydriertes Pflanzenöl“)in Betracht. Genannt werden sollen hier auch alternative Antriebssysteme wie der der Brennstoffzelle (Wasserstoff) oder der Einsatz von Elektromotoren.

E-Antrieb nur für unteren Leistungsbereich

Ähnlich wie bei Güterfernverkehr ist ein wie für PKW vorgesehener Umstieg auf Elektroantrieb bei Traktoren allenfalls im unteren Leistungsbereich denkbar. In Bayern, so Haas, gibt es seit Ende der 1980er Jahre mehrere Demonstrations- und Forschungsvorhaben im Bereich alternative Antriebe. Hintergrund ist das bayerische Ziel von 400 landwirtschaftlichen Fahrzeugen ohne fossile Kraftstoffe bis 2028 auf den bayerischen Staatsgütern. Aktuell kommen über 20 Traktoren und ein Harvester, die mit Pflanzenöl betankt werden (über 100 000 Betriebsstunden), zum Einsatz. Vier Traktoren fahren mit Biodiesel. Das mit fossilem Diesel weitgehend kompatible HVO kommt in über 100 Maschinen und Fahrzeugen zum Einsatz und elektrischer Strom noch in sechs Maschinen.

Die Umstellung hätte auch schon früher passieren können. Ökonomisch, so hat es das TFZ ermittelt, wäre der Einsatz von Pflanzenölkraftstoff und Biodiesel im Schnitt für die Zeit von 2007 bis Ende 2021 nur 2 beziehungsweise 1 Cent teurer gewesen als für Dieselkraftstoff.

Kraftstoffmix 2030 bis 2045

Das KTBL hat letztes Jahr eine Veröffentlichung zur „Verwendung erneuerbarer Antriebsenergien in landwirtschaftlichen Maschinen“ herausgegeben. Darin werden für die Zeit zwischen 2030 und 2045 unterschiedliche Antriebsoptionen, immer ohne fossilen Diesel, prognostiziert.

Das Szenario unterteilt hierfür in drei Bereiche: Im hofnahen Bereich und bei leichten Arbeiten (unter 80 kW) werden 2030 sowohl Strom als auch Pflanzenöl, Biodiesel und HVO-Diesel zur Verfügung stehen. Gegen Ende des Zeitfensters, 2045, wird dann aber vor allem der elektrische Antrieb in diesem Arbeitssegment die „bevorzugte Option“ sein. Diese beschreiben die Autoren durch: verfügbar, geeignet für die jeweiligen Arbeiten, kostengünstig, ressourceneffizient und die Möglichkeit einer regionalen Bereitstellung der Energieträger.

Unter mittelschweren Arbeiten im Leistungssegment 40 bis 200 kW werden Pflege, Düngung, Graswerbung und leichte Bodenbearbeitung zusammengefasst. Verfügbar und umsetzbar sei hier im Jahr 2030 neben Biodiesel nur HVO-Diesel. Sowohl Pflanzenölkraftstoff als auch Strom seien nur unter optimistischen Annahmen von Bedeutung. Alle vier Energieträger seien aber zum Ende der Periode umsetzbar und verfügbar. Pflanzenöl und Biodiesel sogar die „bevorzugte Option“

Das dritte Segment, über 150 kW, umfasst die schweren Arbeiten (schwere Bodenbearbeitung, Mähdrusch und Häckseln). In diesem Bereich werden elektrische Antriebe keine Rolle spielen, so die Autoren. Biodiesel und HVO-Diesel sind die von Beginn an verfügbaren und geeigneten Alternativen zum fossilen Diesel. Gegen Ende des Betrachtungszeitraums werden dann Biodiesel und Pflanzenöl die „bevorzugte Option“ sein. (www.ktbl.de/fileadmin/user_...)

Herausforderungen bei der Technik-Umstellung

Aus der Praxis und von den Erfahrungen als Geschäftsführer der Wetterauer Agrarservice GmbH (WAS) berichtete Georg Dierschke. Die WAS erntet, handelt und transportiert neben Getreide und Raps, Holzpellets, Dünger und Zuckerrüben auch große Mengen Biodiesel. Unter anderem kommt dies auch in der eigenen Fahrzeugflotte zum Einsatz. In seinem Vortrag ging Dierschke auch auf die aktuellen technischen Herausforderungen bei der Umstellung auf alternative Kraftstoffe ein.

So führe der gegenüber Diesel höhere Flammpunkt von über 100 Grad bei Biodiesel und Pflanzenölkraftstoff zu einer Motorölverdünnung und verkürzten Wechselintervallen. Auch müsse von den Herstellern eine Freigabe erfolgen. Bei einer Umstellung auf Biodiesel kann es zu Ablösungen von Ablagerungen im Kraftstoffsystem kommen, weswegen anfänglich ein zusätzlicher Wechsel des Kraftstofffilters sinnvoll sei. Im Vergleich zum fossilen Diesel sei aktuell vor allem die Verfügbarkeit von Biodiesel und HVO gegeben. Gegenüber Diesel kämen diese zu einer CO2-Einsparung von 70 bis 80 Prozent.

Mit Gas auf den Acker

Mit seinem Methangasschlepper setzt New Holland auf eine ganz anderes Kraftstoffkonzept. Als internationales Unternehmen setze man auch auf Biogas, so Klaus Senghaas, Manager Alternative Fuels bei New Holland. So sei dies zum Beispiel im Zentrum Südamerikas, weit entfernt von der Küste, deutlich leichter verfügbar als zum Beispiel Diesel. Entscheidend sei hierfür auch der technische Fortschritt bei der Aufbereitung von Biogas, für die es inzwischen Containerlösungen gebe.

Vorteile bringt Methan als Kraftstoff insbesondere im Abgasmanagement. So können laut Senghaas die Grenzwerte der Abgasstufe V deutlich unterschritten werden, Beim Kohlenmonoxid (CO) um 90 Prozent. Die im Diesel entstehenden Rußpartikel fallen gar nicht an und auch Stickoxide sind um 70 Prozent reduziert.

Die Herausforderung, so Senghaas, bestehe im Bereich des Tanks. Während Dieseltanks aus Kunststoff in nahezu jede Form gepresst und so optimal an freie Räume angepasst werden könnten, seien für Methan Gasflaschen aus Stahl notwendig. Im Vergleich zum 395 Liter fassenden Diesel beim Modell T7 kann die Methanversion 695 l oder 120 kg Methan tanken, was etwa 156 Litern Diesel entspricht. Um dieses Manko auszugleichen hat New Holland einen zusätzlichen Fronttank mit 600 Litern Volumen entwickelt. Insgesamt käme der Schlepper dann umgerechnet auf 291 Liter Diesel. Die Fahrzeit liegt in Abhängigkeit von der Leistung zwischen 15 Stunden bei leichten Arbeiten und sechs Stunden bei schweren Arbeiten.

Anreiz autarke Energieversorgung

Um die Jahrtausendwende gab es nicht wenige Betriebe, die ihre Traktoren für den Einsatz von Pflanzenölen umrüsteten. Die gestiegenen Dieselpreise ließen den Einsatz von Pflanzenöl wirtschaftlich werden. Daneben war der Kraftstoff klimaneutral und konnte von den Betrieben selbst erzeugt werden. Mit der Einführung des Biokraftstoffquotengesetz Anfang 2007 wurden dann auch die Pflanzenöle besteuert und der wirtschaftliche Vorteil ging verloren.

Für viele Betriebe wäre aber auch heute der Weg zu einer autarken Energieversorgung ihrer Arbeitsmaschinen ein großer Anreiz. Werden die Ölpflanzen im Gemenge angebaut bestehe keine Nahrungskonkurrenz. Und auch der Einsatz für eine klimaneutrale Landwirtschaft stößt in der Bevölkerung auf große Akzeptanz, ist sich der Naturlandvorsitzende in Hessen, Dr. Konstantin Becker sicher: „Wenn wir es mit der Klimaneutralität ernst meinen, dann müssen wir jetzt starten. Die steuerliche Entlastung von Pflanzenölen wäre ein guter erster Schritt die Innovation auf den Höfen zu unterstützen, nachhaltige Kraftstoffe zu fördern und die THG-Emissionen der Landwirtschaft zu senken.“

Eigenschaften der Alternativ-Kraftstoffe

Pflanzenöl:

Biodiesel:

Biomethan:

HVE (paraffinischer Dieselkraftstoff)

Batterieelektrisch

Marcus Nürnberger, Naturland – LW 19/2024
Verzicht auf fossile Kraftstoffe ist mittelfristig möglich Landwirtschaft könnte auf Biokraftstoffe umsteigen
Energieträger Holz ist oft die erste Wahl KTBL-Tagung, Teil 2: Bioenergie aus Holz, Rapsöl oder Methan