Zur Landwirtschaftlichen Woche Südhessen fand vorletzte Woche in Reichelsheim im Odenwald eine Veranstaltung des Hessischen Waldbesitzerverbandes statt. Thema in diesem Jahr war das laufende Verfahren des Bundeskartellamtes gegen die gebündelte Holzvermarktung der staatlichen Forstverwaltung in Baden-Württemberg.
Das Verfahren beschäftigt die Waldeigentümer und Forstleute in ganz Deutschland. Besonders in Bundesländern mit ähnlich strukturierten staatlichen Forstverwaltungen, so auch Hessen, wird der Verlauf des Verfahrens genau beobachtet und die möglichen Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen den Waldbesitzarten immer wieder diskutiert.
Bei der diesjährigen Vortragsveranstaltung des Hessischen Waldbesitzerverbandes anlässlich der landwirtschaftlichen Woche Südhessen in Reichelsheim ging es um den Stand des Kartellverfahrens, die Situation und Aufgaben der Forstbetriebsgemeinschaften in Hessen und die Vorstellung der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Odenwald Bauland, die im Norden von Baden-Württemberg ihren Sitz hat, inzwischen aber auch Holz aus hessischen Privatforstbetrieben vermarktet.
Christian Raupach, Geschäftsführer des Hessischen Waldbesitzerverbandes, informierte über den Verlauf des Kartellverfahrens. Die Strukturen des Waldbesitzes und der Forstverwaltung seien in Baden-Württemberg und Hessen ähnlich, so Raupach. Aber die rechtlichen Grundlagen und die Zusammenarbeit zwischen Hessen-Forst mit den kommunalen und privaten Waldeigentümern sei doch in entscheidenden Fragen anders gestaltet. Das Kartellverfahren gegen das Land Baden-Württemberg wurde durch eine Beschwerde des Verbandes der Deutschen Sägeindustrie im Jahr 2002 in Gang gesetzt. Im Jahr 2008 einigten sich die Landesregierung und das Bundeskartellamt auf eine Selbstverpflichtungserklärung des Landes, die von der Wettbewerbsbehörde für verbindlich erklärt wurde. Danach verpflichtete Baden-Württemberg, nichtstaatliche Holzvermarktungszusammenschlüsse nicht zu behindern, sondern im Gegenteil durch Pilotprojekte und aktive Förderung von Vermarktungskooperationen für Angebotswettbewerb zu sorgen.
Weiterhin sagte das Land Baden-Württemberg zu, kein Holz für private oder kommunale Forstbetriebe über 3 000 ha und Zusammenschlüsse mit mehr als 8 000 ha mehr zu verkaufen. Im Jahr 2012 rollte das Bundeskartellamt nach einer weiteren Beschwerde der Sägeindustrie das Verfahren neu auf. Eigenständige Untersuchungen der Wettbewerbsbehörde kamen zu dem Ergebnis, dass nach wie vor kein hinreichender Angebotswettbewerb auf dem Markt für Nadelstammholz entstanden war und die staatliche Forstverwaltung durch ihre Holzvermarkung für den Privat- und Kommunalwald gegen Kernbeschränkungen des Wettbewerbsrechts verstoße. Nachdem eine gütliche Einigung scheiterte, untersagte das Bundeskartellamt dem Land Baden-Württemberg die gemeinsame Holzvermarktung der Staatsforstverwaltung für private und kommunale Forstbetriebe über 100 ha. Auch wurde untersagt, die dem Holzverkauf vorgelagerten Dienstleistungen anzubieten.
Mitte März wird die Entscheidung erwartet
Das Urteil über die Klage des Landes Baden-Württemberg gegen die Untersagungsverfügung wird am 15. März 2017 verkündet. Die im Dezember 2016 vom Deutschen Bundestag beschlossene Änderung des Bundeswaldgesetzes wird dabei zu berücksichtigen sein. Eingehend diskutierten die Teilnehmer, ob und inwieweit sich das Urteil auf die Forstwirtschaft in Hessen auswirken werde. Waren bisherige Reformen immer das Ergebnis politischer Entscheidungen in Wiesbaden, so sind mögliche bevorstehende Veränderungen durch das Eingreifen der Kartellbehörde ausgelöst. Einhelliger Tenor war, man sei in Hessen besser aufgestellt als in anderen Bundesländern, müsse aber das Verfahren sehr wachsam begleiten und gegebenenfalls notwendige Anpassungen gemeinsam auf den Weg bringen. Als Reaktion auf die Anhebung der Beförsterungskostenbeiträge für den Privatwald im Jahr 2016 und die möglichen Folgen des Kartellverfahrens für die Holzvermarktung in Hessen hat das Umweltministerium in Hessen im vergangenen Jahr eine Projektarbeitsgruppe zur Entwicklung der forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse in Hessen ins Leben gerufen. Neben Vertretern des Landesbetriebes Hessen-Forst und des Umweltministeriums sind mehrere Vorstände von Forstbetriebsgemeinschaften und des Hessischen Waldbesitzerverbandes beteiligt.
Holzvermarktung in Hessen wird über 49 FBG gebündelt
Steffen Hering, ehemaliger Mitarbeiter im Referat für Privat- und Körperschaftswald des Hessischen Umweltministeriums, vertrat Martin Küthe, der kurzfristig verhindert war. Nach der Strukturreform von Hessen-Forst im Jahr 2005 hatten sich die Forstbetriebsgemeinschaften umorganisiert. Insgesamt 49 Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) in Hessen bündeln den Kommunal- und Privatwald. In drei Sitzungen seit dem Sommer 2015 hat die Projektarbeitsgruppe Ziele festgelegt und in einem Fragebogen die Strukturen und Arbeit der Zusammenschlüsse erfragt. Die Projektarbeitsgruppe will die forstlichen Zusammenschlüsse in Hessen in ihrer weiteren Entwicklung beraten und unterstützen. Dieses Ziel wird gemeinsam, partnerschaftlich und konstruktiv von den Mitgliedern der Projektgruppe verfolgt. Die Projektgruppe hat sich vier Grundsätzen verpflichtet, die auch die Haltung und das Beratungsangebot wiederspiegeln. Dies sind:
1. Die Vielfalt macht“s.
2. Den eigenen Weg finden.
3. Hilfe zur Selbsthilfe anbieten.
4. Gemeinsam sind wir stark.
Diese Grundsätze sollen dafür sorgen, dass die Forstzusammenschlüsse zu keiner Zeit gedrängt werden oder in eine Richtung getrieben werden, aber jederzeit die notwendige Unterstützung bekommen, wenn sie es wünschen. Mit einem Fragebogen hat die Projektarbeitsgruppe die Strukturen der in den FBG zusammengeschlossenen Waldeigentümer erhoben und Arbeitsweise und Entwicklungsziele der FBG erfragt. Immerhin 69 Prozent der 49 FBG haben geantwortet. Neun dieser FBG können sich die Gründung einer Dachorganisation vorstellen. 19 weitere FBG gaben an, sich eine Fusion mit benachbarten FBG vorstellen zu können, um mehr Fläche und Holz zu bündeln. Das Ministerium hat zur Beratung und Unterstützung der Forstbetriebsgemeinschaften eine Stelle für die nächsten drei Jahre ausgeschrieben.
Forstliche Vereinigung Odenwald Bauland erläutert
Wie schnell sich ein professioneller Vermarktungszusammenschluss entwickeln kann, zeigte Helmut Schnatterbeck, Geschäftsführender Vorstand der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Odenwald Bauland. Im September 2009 begann die Findungsphase mit der Einrichtung einer Geschäftsstelle in der Gemeinde Walldürn. Im März 2010 gründeten zunächst die beiden Gemeinden Walldürn und Buchen die Forstwirtschaftliche Vereinigung Odenwald Bauland als Genossenschaft. Im Juli 2010 begann der Beitritt weiterer privater Forstbetriebe und Forstbetriebsgemeinschaften aus Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Im Februar 2011 hatte die FBV bereits 23 Mitglieder mit zusammen 28 000 ha Waldfläche unter ihrem Dach vereint. Anfragen von Forstbetrieben mit weiteren 15 000 ha lagen auf dem Tisch. Im Oktober 2011 wurde die FBV nach § 22 BGB und § 19 Bundeswaldgesetz als Forstwirtschaftliche Vereinigung anerkannt. Die bis dahin von ForstBW zugesicherte Unterstützung wandelte sich nach Aussage von Schnatterbeck schnell in eine Konkurrenzsituation. Die FBV bekam keine Information mehr und musste alle Geschäfte eigenständig anbahnen und abwickeln. Die Geschäftsstelle zog im Oktober in die Gemeindeverwaltung von Buchen um.
Heute hat dieser Zusammenschluss 30 Mitglieder und vermarktet im Jahr 250 000 Festmeter Holz. Durch gegenseitige Mitgliedschaft mit der In Silva e.G., einem Vermarktungszusammenschluss in Bayern, bündeln beide Organisationen 450 000 Festmeter Holz und arbeiten zusammen. Jeder Mitgliedsbetrieb der FBV organisiert die Bewirtschaftung seiner Wälder selbstständig. Die FBV bietet die Rundholzvermarktung an und die Möglichkeit des Einsatzes von Holzernteunternehmen.
Der Zusammenschluss versteht sich als Holzvermarktungsdienstleister der angeschlossenen Waldeigentümer und der Sägeindustrie. Er hat einen klar gegliederten Leistungskatalog mit einer Preisliste, die es jedem Mitglied erlaubt, individuell zu entscheiden, welche Leistungen es in Anspruch nimmt. Die Geschäftsstelle der FBV mit drei Mitarbeitern kann den einzelnen Waldeigentümern Leistungen außerhalb der Holzvermarktung nicht selbst anbieten, sondern lediglich externe Forstfachleute vermitteln. Der Kleinprivatwald kann die Dienstleistungen der FBV nur in Anspruch nehmen, wenn die örtliche Forstbetriebsgemeinschaft Mitglied der FBV wird und das Holzaufkommen zu vermarktungsfähigen Einheiten bündelt.
Die Veranstaltung zeichnete sich durch qualifizierte Information und sachliche Diskussionsbeiträge aus. Man konnte spüren, dass manche Waldeigentümer aus Hessen mit der Entwicklung der Beförsterungskostenbeiträge unzufrieden sind. Die Entwicklung der FBG zu mehr Eigenleistung fällt vor allem den Besitzern kleiner Waldparzellen schwer. Sie ist jedoch eine Alternative, wie ohne Unterstützung der staatlichen Forstverwaltung professionelle Holzvermarktung gewährleistet werden kann.
Christian Raupach, Hessischer Waldbesitzerverband – LW 7/2017