Entgegen aller Erwartungen sind die Borkenkäfer-Schäden an Fichten nicht gestiegen. Allerdings sind große Käferpopulationen in den milden Winter gegangen, die nun zu einer erhöhten Gefährdungslage beitragen. In Rheinland-Pfalz lag die Mitteltemperatur im Winter 2015/16 mit 4,3° C um 3,4° C über dem langjährigen Mittel von 0,9° C – damit zählte dieses Bundesland im Winter 2015/16 zu den wärmeren Regionen Deutschlands. Das Eschentriebsterben ist deutlich weiter fortgeschritten. Neben dem Befall durch Misteln werden an Kiefern auch rindenbrütende Käfer festgestellt. Die Meldungen zur Schütte an Douglasien legten im Vergleich zum Jahr 2014 noch einmal deutlich zu.
In Rheinland-Pfalz lag die Mitteltemperatur im Jahr 2015 mit 10,2° C um 1,6° C über dem langjährigen Mittel von 8,6° C. Die Niederschlagsmenge erreichte mit 645 l/m² lediglich 80 Prozent des langjährigen Mittelwertes von 807 l/m². Die Sonnenscheindauer lag mit 1 700 Stunden leicht über dem langjährigen Mittel von 1 507 Stunden. Nach den Auswertungen des Deutschen Wetterdienstes ist das Jahr 2015 damit – gemeinsam mit den Jahren 2000 und 2007 – das zweitwärmste Jahr seit Beginn regelmäßiger Temperaturmessungen im Jahr 1881. Es war außerdem verbreitet erheblich zu trocken und sonnenscheinreich.
Der außerplanmäßige Holzeinschlag aufgrund abiotischer oder biotischer Ursachen lag 2015 im Körperschafts- und Landeswald bei insgesamt 182 000 Fm und hatte einen Anteil von 6 Prozent am Gesamteinschlag. Mit 128 000 Fm ging mehr als zwei Drittel auf das Konto von Stürmen, wovon zu 95 Prozent weit überwiegend Fichten betroffen waren. Das Sturmtief „Niklas“ am 31. März 2015 mit Schwerpunkten in der Eifel und im Westerwald hatte daran einen wesentlichen Anteil. Insekten verursachten 34 000 Fm, das entspricht 18 Prozent dieser „Zufälligen Nutzungen“. Daran war die Fichte wiederum zu 98 Prozent beteiligt.
Sowohl die Anzahl der Meldungen als auch der Umfang der von den Forstämtern gemeldeten Schadflächen hat im Vergleich zum Vorjahr leicht zugenommen. Dies ist im Wesentlichen auf das Eschentriebsterben, Trockenschäden und verstärkten Mistelbefall an Kiefern zurückzuführen. So wurden für das vergangene Jahr 17 500 ha Schadfläche gemeldet, davon wurde bei 1 700 ha der Schaden als „bestandesbedrohend“ eingestuft.
Folgend werden die biotischen Schaderregern, denen im Jahr 2015 eine Bedeutung zukam und die auch im aktuellen Jahr 2016 eine Rolle spielen werden, nach Baumarten differenziert aufgeführt. Einen Befall durch den großen achtzähnigen Fichtenborkenkäfe, den „Buchdrucker“, an Fichte meldeten nahezu alle Forstämter mit nennenswerten Fichtenanteilen. Insgesamt erfolgte trotz der warm-trockenen Sommerwitterung eine Reduktion der betroffenen Fläche auf 554 ha, wobei der Anteil „bestandesbedrohender Schäden“ bei elf Prozent lag. Demgegenüber hat die vom Kupferstecher befallene Fläche mit 44 ha deutlich zu-genommen. Ein besonderer regionaler Schwerpunkt war bei beiden Arten nicht festzustellen. Die Käferholzmenge lag im Körperschafts- und Landeswald mit 33 000 Fm etwa auf dem Niveau des Vorjahres.
Viele Jungkäfer haben den milden Winter unter der Rinde überlebt
Der Verlauf der Flugaktivität des Buchdruckers als wichtigstem Fichtenborkenkäfer wird im Hunsrück und Pfälzerwald mit Pheromonfallen und wöchentlichen Brutkontrollen an Fang-bäumen überwacht. Größere Käfermengen wurden Anfang Juni 2015 vorgefunden. Die warmen und trockenen Frühjahrs- und Sommermonate haben die Käferentwicklung beträchtlich beschleunigt. Der Höhepunkt der Schwärmaktivität wurde Ende Juli festgestellt. Vielerorts wurde noch eine dritte Generation angelegt. Ein milder Herbst und Frühwinter haben die Weiterentwicklung der Bruten unter der Rinde ermöglicht. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Anteil von fertigen Jungkäfern, die einer bedeutend geringeren Wintermortalität unterliegen als Larven oder Puppen, gegenüber durchschnittlichen Jahren deutlich höher war. Dies zeigen auch Untersuchungen eines Brutbeobachtungsbaumes (siehe Grafik).
Zum Zeitpunkt der im Sommer aufgetretenen Trockenperioden war zu befürchten, dass Fichtenborkenkäfer große Schäden anrichten werden. Ab August mehrten sich tatsächlich die Meldungen über Schadhölzer. Doch hielten sich die Mengen über das gesamte Jahr gesehen in einem vergleichsweise moderaten Ausmaß. Neben dem Fehlen hoher Ausgangszahlen der 2014/15 überwinternden Käfer waren keine größeren Mengen Brutmaterials aufgrund abiotischer Schadereignisse vorhanden, sodass sich die Populationsentwicklung in Grenzen hielt. Das Ausmaß der Trockenheit und damit verbunden die Abwehrbereitschaft der Fichten stellte sich aufgrund von Gewitterniederschlägen regional unterschiedlich dar. Weiterhin trägt die regelmäßige und sorgfältige Kontrolle der Bestände durch die Waldbesitzenden sowie die zügige Abfuhr befallener Stämme aufgrund der günstigen Holz-marktlage wesentlich zur Entspannung bei.
Doch ist nach der letzten warm-trockenen Vegetationsperiode 2015 und dem entsprechend milden Herbst und Winter danach für das Jahr 2016 mit beträchtlichen Ausgangszahlen überwinternder Käfer zu rechnen. Dadurch ist die Gefahrenlage gegenüber dem Vorjahr deutlich verschärft. Besonders bei länger anhaltenden Hitze- und Trockenperioden können während der nächsten Vegetationsperiode 2016 kritische Situationen entstehen. Dann ist bei auftretendem Brutmaterial aus Sturm- oder Schneebruchhölzern und besonders in Beständen mit Vorjahresbefall allerhöchste Aufmerksamkeit geboten. Erforderlichenfalls ist eine zügige Durchführung einschlägiger Maßnahmen zur effizienten Regulierung der Borkenkäfer dringend geboten. Dies wird durch die fortlaufende Einschätzung der Gefährdungslage auf Basis des Monitoring der Flugaktivitäten und des Brutfortschritts unterstützt: www.fva-bw.de/monitoring/index9.html. Das Ausschwärmen der Buchdrucker hat sich im kalten Frühjahr 2016 gegenüber durchschnittlichen Jahren verzögert. Seit Christi Himmelfahrt sind die Käfer am Ausfliegen, nun sollten die folgenden Maßnahmen berücksichtigt werden:
Bohrmehlsuche in der Flugzeit des Käfers
Wann und wie häufig?
Beginn der Suche im Frühjahr nach dem ersten Flug bis September, je nach Gefahrenlage im ein- bis zweiwöchigen Turnus. Da das Bohrmehl durch starken Wind oder Regen weggeweht oder abgewaschen werden kann, müssen die Kontrollen bei solchen Witterungsverhältnissen ausgesetzt werden.
Wo?
Die Kontrolle ist gezielt im Bereich vorjähriger Befallsorte sowie südexponierter Lagen und aufgerissener Bestandesränder durchzuführen. Besonders gefährdete Bereiche bilden auch die Ränder von Windwurf- und Schneebruchnestern. Bei entsprechender Gefahrenlage sind alle Fichtenbestände einzubeziehen, wegen der Gefährdung durch Kupferstecher auch Jungwüchse.
Wie?
Die Kontrolle erfolgt in älteren Beständen einzeln, das heißt Baum für Baum. Für die Organisation einer raschen Aufarbeitung und der rechtzeitigen Abfuhr sowie Unschädlichmachung befallener Bäume ist bei größeren Betrieben die Anlage einer Befallskarte hilfreich. Sie dient darüber hinaus zur Dokumentation und für weitere Kontrollen im Laufe des Jahres und in den Folgejahren. Befallene Bäume sind für den nachfolgenden Einschlag auffällig zu markieren.
Beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sind folgende Hinweise zur sachgerechten Anwendung zu beachten:
Misteln schwächen die Kiefern im Land
Kiefer: Die durch Pracht-, Rüssel- und Bockkäfer sowie Waldgärtner gemeldete Kiefern-Schadfläche hat vor allem in der Rheinebene gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen, auch wenn sie sich mit 145 ha insgesamt noch auf einem relativ niedrigen Niveau bewegt. In der Rheinebene und auch im Pfälzerwald bleibt der Befall durch Misteln mit einem Anstieg der Meldungen besorgniserregend. Dies führt im Zusammenhang mit Trockenstress zu höheren Absterberaten. Aus den südlichen Landesteilen werden nach wie vor Schäden durch den Strobenblasenrost gemeldet.
Douglasie: Der Umfang der gemeldeten Flächen mit Befall durch die Rußige Douglasienschütte ist gegenüber dem Vorjahr noch etwas gestiegen. Die Krankheit ist im gesamten Land bedeutsam. Damit befindet sich dieser Schaderreger auf sehr hohem Niveau und es ist zu befürchten, dass aus der anhaltenden Vitalitätsschwächung auch chronische Zuwachsverluste resultieren.
Eiche: Der oft gemeinsame Fraß der Schmetterlingsraupen des Frostspanners, Eichenwicklers und verschiedener Eulenarten („Eichenfraßgesellschaft“) ist 2015 in den Forstämtern Kusel und Pfälzer Rheinauen auf insgesamt 106 ha aufgetreten. Den Befunden aus den Leimringprognosen in der Rheinebene zufolge ist bei guten Entwicklungsbedingungen im Frühjahr 2016 örtlich zumindest mit einem Lichtfraß zu rechnen. Der Schwammspinner ist im letzten Jahr im Forstamt Bad Sobernheim auf geringer Fläche aufgetreten. Anhand von jährlich im Bienwald durchgeführten Pheromon-Fallenfängen gibt es keine Anzeichen für ausgedehntere Vorkommen; die Fangzahlen waren gegenüber dem Vorjahr sogar rückläufig. Die Meldungen zum Eichenprozessionsspinner sind gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Davon waren die Forstämter im Rheintal, östlichen Pfälzerwald und am Donnersberg betroffen.
Buche: Auch 2015 sind infolge eines Befalls durch den Buchen-Springrüssler wieder Blattschäden in Erscheinung getreten, wenn auch die Intensität und die Verbreitung deutlich zurückgegan-gen sind. Dabei ist das Ausmaß der Blattschäden örtlich sehr unterschiedlich ausgefallen. Ein Schwerpunkt lag im Pfälzerwald.
Esche: Das Eschentriebsterben wurde im Jahr 2009 erstmals in Rheinland-Pfalz nachgewiesen und war damals nur auf den Süden des Landes begrenzt. Die Befallsfläche hat sich seither landesweit markant vergrößert und ist im Jahr 2015 noch einmal erheblich gestiegen. Damit ist diese Baumart, auf die im Rahmen des Klimawandels große Erwartungen gesetzt wurden, erheblich bedroht. Inzwischen sind Eschen in zunehmendem Maß, besonders auf Nass-Standorten von Stammfußnekrosen betroffen. Durch die folgende Aktivität von Hallimasch und holzzerstörenden Pilzen ergeben sich dann ernste Probleme für die Arbeitssicherheit sowie eine rasche Holzentwertung.
Keine Eschen pflanzen, doch gesunde Eschen stehen lassen
Es wird empfohlen, weiterhin keine Anpflanzungen mit Eschen vorzunehmen. Bei anstehenden Eingriffen sind bevorzugt befallene Bäume zu entnehmen. Mischbaumarten und Eschen ohne Krankheitssymptome sollten unbedingt belassen werden. Letztere können zum Aufbau einer gesünderen Generation beitragen.
Schaderreger in Jungwüchsen: In der südlichen Oberrheinebene sind auf trockenen Sandstandorten zahlreiche Waldbestände von einer Gradation des Waldmaikäfers betroffen. Die Engerlinge im Boden verursachen Wurzelschäden und gefährden dadurch Jungwüchse, aber auch Dickungen und Stangenhölzer. Im Frühjahr 2015 fand der Schwärmflug des „Südstamms“ im Forstamt Bienwald auf 6 500 ha mit deutlich vergrößerter Fläche statt. Dementsprechend ist der Waldboden nach den Eiablagen dort wieder stark mit Engerlingen besetzt. Auf einer etwa 1 000 ha großen Fläche ist derzeit auf dem Gebiet des „Nordstamms“ im Forstamt Pfälzer Rheinauen südwestlich von Germersheim wieder mit einem Schwärmflug zu rechnen.
Ein deutlicher Anstieg erfolgte bei den Schadensmeldungen zu Mäusen. Dies betraf die Angaben zu Erd-, Feld- und Rötelmaus, zur Waldmaus als auch zur Schermaus. Gegenmaßnahmen sollten nur nach eingehender Prüfung der zu erwartenden Risiken erfolgen.
Hypovirulenz in Esskastanien wirkt noch nicht
Quarantäne-Schadorganismen: Der pilzliche Erreger des Esskastanienrindenkrebses stellt weiterhin eine gravierende Gefahr für die Esskastanienwälder am Ostrand des Pfälzerwaldes dar. Die insgesamt gemeldete Befallsfläche hat sich im Vergleich zum Vorjahr noch einmal erhöht. Davon sind vor allem die Forstämter Annweiler und Haardt betroffen. Ein Erfolg der in den Jahren 2011 und 2012 künstlich in einzelne Bestände eingebrachten Erregerstämme mit abgeschwächter Aggressivität („Hypovirulenz“) hat sich in jüngsten Untersuchungen noch nicht gezeigt. Sollten sich die hypovirulenten Stämme natürlich ausbreiten und damit virulente Stämme des Erregers zunehmend verdrängen, besteht die Aussicht, das Schadgeschehen zu verlangsamen und insgesamt höherwertiges Holz zu produzieren. Die Japanische Esskastanien-Gallwespe wurde aus den Forstämtern Annweiler und Pfälzer Rheinauen gemeldet. Spätestens als die EU-Notmaßnahmen zu diesem Quarantäne-Schadorganismus im Jahr 2014 ausgesetzt wurden, war abzusehen, dass der Schädling aus den benachbarten Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg in rheinland-pfälzische Esskastanien-Bestände einfallen würde. Von diesem Schadorganismus gehen große Risiken für die Vitalität und Fruchtproduktion dieser Baumart aus.
Reinhold John – LW 20/2016