Nach dem Ende der Milchquote ist jetzt die Fläche für die Milcherzeuger der begrenzende Faktor. Wie kann mehr Milch aus dem Grundfutter erzeugt werden und der Wert des Grünlandes für den Landwirt erhöht werden? Und das gerade unter dem Aspekt gesunkener Erzeugerpreise für Milch. Vorigen Freitag fand in Battenberg an der Eder der 16. Waldeck-Frankenberger Rindertag statt. Ute Ermentraudt und Arnt Schäfers vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen hatten mit den weiteren landwirtschaftlichen Organisationen in Waldeck-Frankenberg einen Informationstag ausgearbeitet, der mit zwei Expertenbeiträgen dieses Jahr die Milcherzeugung aus dem Grundfutter in den Mittelpunkt stellte. Nachmittags wurde den circa 100 Landwirten der neue besonders artgerecht gebaute Außenklimastall des Betriebs Rindte in Berghofen mit Platz für 350 Kühe vorgestellt.
Wilhelm Spangenberg vom Fachdienst Landwirtschaft in Korbach moderierte die Vortragsveranstaltung, welche von LLH-Direktor Andreas Sandhäger und dem Hausherrn der Burgberghalle Bürgermeister Christian Klein eröffnet wurde.
Wie kann mehr Milch vom Hektar Grünland erzeugt werden? Zwei Punkte sind besonders wichtig wurde deutlich. Zum einen sollte der Proteingehalt im Grundfutter hoch sein. Darüber sprach Thomas Bonsels vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, der über die hessische „Initiative Gentechnikfreies Futter“ und ihre Umsetzungsmöglichkeiten in der Milchviehfütterung informierte.
Zum anderen ist besonders wichtig, eine saubere, sehr hochwertige Silage zu erzeugen. Dazu gab Dr. Johannes Thaysen von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein viele Praxistipps. Dr. Thaysen sprach über die hygienische Qualität des Futters und über moderne Methoden zur Futterkonservierung.
Hessische Eiweißinitiative
Thomas Bonsels vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen sprach über die hessische Eiweißinitiative „Initiative Gentechnikfreies Futter.“ Diese ist ein Teil von zehn Punkten des Ökoaktionsplanes des Landes Hessen. Ziel ist, den Sojaimport in den nächsten zehn Jahren deutlich zu senken. In Deutschland werden etwa 4,1 Mio. ha bewirtschaftet, auf denen circa 7, 6 Mio. t Rohprotein erzeugt werden, so Bonsels. Eine Steigerung der Eiweißerträge um drei Prozent würde eine Senkung der Importe von 200 000 t Eiweiß bedeuten, rechnete er vor. In Hessen sind etwa 37 Prozent der Fläche von rund 761 000 ha, die landwirtschaftlich genutzt wird, Grünland. „Allein 60 Prozent des Rohproteinbedarfes im Grundfutter können wir durch das Grünfutter bereitstellen. Wenn man den Rohproteingehalt um ein Prozent steigern könnte, dann wären das 800 bis 1 000 kg pro ha, die wir mehr Milch erzeugen können“, erläuterte Bonsels. Fast 80 Prozent des Proteinbedarfes der Nutztierhaltung in Hessen werden von der Rinderhaltung benötig, das sind 250 000 t Protein.
In Hessen haben die rinderhaltenden Betriebe einen Anteil von 60 Prozent an der zugekauften Menge an Rohprotein, das etwa 55 000 t sind. Wo sehen die Fachleute das größte Potenzial? Ansätze sieht man weniger in den vermehrten Anbau von Leguminosen wie Ackerbohnen oder Soja. Diese Flächen beliefen sich auf etwa 2 000 ha im Jahr 2014, so Bonsels. Man wisse, dass man in der Beratung zur Initiative für mehr gentechnikfreies Futter in Hessen an der Verbesserung der Fütterung ansetzen müsse. Denn rund 25 Prozent Verluste entstehen vom Feld bis zum Stall, „das ist geerntet, kommt aber nicht bei den Kühen an“, sagte Bonsels. Rechnerisch könnten demnach etwa 12 000 kg Milch pro ha erzeugt werden, abzüglich der Verluste seien das aber nur rund 8 000 kg Milch je ha. Anders dargestellt: 25 Prozent Verluste machen laut Bonsels 1 t als Rapsäquivalent aus.
Neben der Verringerung der Futterverluste durch Verunreinigung oder Verschimmelung sollte der Anteil des Reineiweißes, also des von der Kuh verdaulichen Proteins, im Grundfutter möglichst hoch sein. Bei der Grünpflanze ist der Reineiweißanteil noch etwa doppelt so hoch, wie später in der Silage. Damit betrifft diese Frage den Konservierungsprozess. Was passiert mit den Silagen gärtechnisch? Untersuchungen auf dem Eichhof zeigen, dass der Anteil an beständigen Proteinen auf technischem Wege erhöht werden könne, insbesondere durch kurze Welkzeiten, schnelles Einfahren und unverzügliches Siloabdecken. Beständiges Protein zu erhalten, ist auch bei Verfahren der Trocknung, zum Beispiel von Luzerneheu, wichtig.
Nicht zuletzt darf die Grunddüngung von Grünland nicht vernachlässigt werden. „Wir stellen fest, das etwa 70 Prozent der Grünlandflächen zu sauer sind und die pflanzenbaulichen Aufgaben nicht gemacht wurden“, so Bonsels. Auch geht es um die Aufwertung von Futter, das aufbereitet wird. Durch thermische Behandlungsverfahren kann der Anteil an verfügbarem beständigem Protein von 15 auf 25 Prozent erhöht werden.
Wenn es um den Ersatz von Sojaextraktionsschrot geht, stelle sich die Frage der ernährungsphysiologischen Wertigkeit der Substitute wie Rapsschrot oder Ackerbohnen gerade bei Betrieben mit hochleistenden Milchviehherden. „Praxisversuche von Ergänzungsfuttermitteln mit Aminosäuren auf dem Eichhof zeigen, wir können auch eine sojafreie Milchviehration erstellen“, stellte Bonsels heraus.
„Die Kunst der perfekten Grassilage“
Dr. Johannes Thaysen von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein sprach zum Thema „Optimale Silageproduktion für Kühe“. „Sind Sie ein Silageprofi?“ fragte Thaysen die Landwirte eingangs.
Am Versuchsgut „Futterkamp“ der Kammer werden rund 4 300 kg Milch aus dem Grundfutter erzeugt, beschrieb er. Um dies zu erreichen werden beim Silieren unter anderem Silierhilfsmittel eingesetzt. Aber nicht, weil das Wetter häufig nicht mitspiele, klappten hier einige Dinge in der Praxis nicht immer so, wie sie laufen sollten. Vielfach werde auf nicht auf die Details zur Rauhfuttergewinnung nicht geachtet, die jedoch zum Gelingen einer milchergiebigen Grundfutterration maßgeblich beitragen.
Größe der Silokammer passt oft nicht zum Vorschub
Wie erreicht man eine hochwertige Silage? Folgende Zielwerte sollte der Landwirt dazu im Blick haben, so Thaysen:
Mäuse, Maulwürfe und Schweine verdrecken Futter
Die Grünlandpflege ist besonders wichtig, um hochwertiges Grundfutter zu erzeugen. Wie kann man den Sandgehalt in der Silage verringern? Denn Mäuse, Maulwürfe und Schweine sind oft ein Problem in grünlandstarken Regionen. „In England darf man den Maulwurf bekämpfen, wir dürfen das hier aber nicht“, sagte Thaysen. Das Abschleppen im Frühjahr und Nachsäen von Fehlstellen mit guter Bodenrückverdichtung durch Walzen und der Einsatz des Wiesenhobels, sind Arbeiten, die mindestens so wichtig sind, wie all die anderen Schlepperarbeiten im Futterbaubetrieb, meinte der Referent.
Zur hygienischen Qualität von Grassilage gehört auch das Thema Wildtierschutz. Die Wahl des Siliermittels zur richtigen Zeit sei das i-Tüpfel für die gelungene Silage. „Wir sehen nicht im Silo, was sich dort unter der geschlossen Plane abspielt“, so der Kammerexperte. Siliermittel gibt es in den verschiedensten Varianten, als Zucker oder als Salz sowie Säure, Milchsäurebakterien oder auch als Enzyme. Futterharnstoffe sind nicht mehr als Siliermittel zugelassen.
Die Mittel sollen den Siliervorgang fördern und das Futter vor Nacherwärmung und Verschimmelung schützen. Aber es gibt nicht ein Siliermittel, das für alle Futterbauzwecke das Mittel der Wahl ist, so Thaysen. Die Wahl hängt von der jeweiligen Situation ab, machte er deutlich und gab den Landwirten in der Burgberghalle eine aktuelle Liste von derzeit 66 Mitteln am Markt mit, welche von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft geprüft worden sind. Diese Siliermittel kosten zwischen 50 Cent pro t und 2 Euro je t Futter.
Der Feldhäcksler stelle das ideale Agregat dar, Siliermittel zu verteilen. Er empfiehlt den kombinieren Einsatz von Ameisensäure und Milchsäurebakterien. Die Kosten liegen etwa bei 2,50 Euro je t. Jedoch müssten die beiden Zusätze separat zugegeben werden, beispielsweise über den Häcksler. Das sei technisch nicht so einfach hinzubekommen, man benötigt am Häcksler einen zweiten Behälter.
Auch sprach Thaysen über den Kauf der richtigen Silofolie und stellte Ergebnisse aus praktischen Einsatzprüfungen vor. Diese ergaben zum Beispiel, dass die Kombination von Unterziehfolie und Oberfolie vorteilhaft ist, weil keine Luftlöcher auftreten und keine Verluste entstehen.
Betrieb im Ederbergland
Mike Rindte, M. Sc. der Fachrichtung Agrarwirtschaft der Universität Gießen, stellte seinen Betrieb vor, die Rindte GbR in Berghofen im Oberen Edertal. In Mittelgebirgslage werden 270 ha mit einem hohen Grünlandanteil von etwa ein Drittel der Fläche bewirtschaftet und circa 260 Milchkühe gehalten. Neben den Familienmitgliedern sind zwei Angestellte im Betrieb tätig. Zum Ende des Studiums in Gießen sei der Entschluss gereift, im elterlichen Betrieb einzusteigen. Im Boxenlaufstall am alten Betrieb soll künftig die Jungviehaufzucht erfolgen. Am neuen Standort wurde für circa drei Mio. Euro ein komplett neuer Milchviehbetrieb gebaut. „Wir hoffen, im Frühjahr 2016 die Stallkapazität von 350 Kühen zu erreichen“, berichtete Mike Rindte dem Autor. Der Betrieb fällt auch durch seine hohe Zahl von fünf 100 000-Liter-Kühen auf, von denen derzeit drei in der Herde laufen.
Moe – LW 27/2015