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Mehr Milch vom Hektar Grünland erzeugen

16. Waldeck-Frankenberger Rindertag in Battenberg

Nach dem Ende der Milchquote ist jetzt die Fläche für die Milcherzeu­ger der begrenzende Faktor. Wie kann mehr Milch aus dem Grundfut­ter erzeugt werden und der Wert des Grünlandes für den Landwirt erhöht werden? Und das gerade unter dem Aspekt gesunkener Erzeugerprei­se für Milch. Vorigen Freitag fand in Battenberg an der Eder der 16. Waldeck-Frankenberger Rindertag statt. Ute Ermentraudt und Arnt Schäfers vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen hatten mit den weiteren landwirtschaftlichen Organisationen in Waldeck-Frankenberg einen Informationstag ausgearbeitet, der mit zwei Expertenbeiträgen dieses Jahr die Milcherzeugung aus dem Grundfutter in den Mittelpunkt stellte. Nachmittags wurde den circa 100 Landwirten der neue besonders artgerecht gebaute Außenklimastall des Betriebs Rindte in Berghofen mit Platz für 350 Kühe vorgestellt.

Wellness im Kuhstall: Blick in den Außenklimastall bei Rindte: Beim Melken setzt der Betrieb auf ein Außenmelkerkarussell mit Rücktreibe- und Se­lektionsmöglichkeit. Ferner gibt es einen Repro- und Kalbestall auf Stroh. Foto: Moe
Das Rindte-Team, v. r: Mike Rindte (29) mit Partnerin Michaela Seibel (28) und Tochter Mona (10 Monate) sowie Silke und Hans-Helmut Rindte, und die angestellten Junglandwirte Joscha Maurer und Maximilian Gerhardt. Foto: Moe
Dr. Johannes Thaysen, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein: Bei steigenden Flächenpreisen und sinkenden Milchpreisen,liegt für den Landwirt die größte Hebelwir­kung im hochwertigen Grundfutter. Foto: Moe
Thomas Bonsels, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen: Kann der Rohproteingehalt im Grundfutter um ein Prozent gesteigert werden, so können im Jahr 800 bis 1 000 kg Milch mehr je ha erzeugt werden. Foto: Moe
Mike Rindte, Absolvent Uni Gießen: Gründe in Milch zu in­ves­­tieren sind die gute Grünlandausstat­tung bei zugleich kaum Erweiterungsmöglichkeiten im Ackerbau, Zinsniveau und zwei Generationen im Betrieb. Foto: Moe

Wilhelm Spangenberg vom Fachdienst Landwirtschaft in Korbach moderierte die Vortragsveranstaltung, welche von LLH-Direktor Andreas Sandhäger und dem Hausherrn der Burg­berghalle Bürgermeister Christian Klein eröffnet wurde.

Wie kann mehr Milch vom Hektar Grünland erzeugt werden? Zwei Punkte sind besonders wichtig wurde deutlich. Zum einen sollte der Proteingehalt im Grundfutter hoch sein. Darüber sprach Thomas Bonsels vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, der über die hessi­sche „Initiative Gentechnikfreies Futter“ und ihre Umsetzungsmöglichkeiten in der Milchviehfütterung informierte.

Zum anderen ist besonders wichtig, eine saubere, sehr hochwertige Silage zu erzeugen. Dazu gab Dr. Johannes Thaysen von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein viele Praxistipps. Dr. Thaysen sprach über die hygienische Qualität des Futters und über moderne Methoden zur Futterkonservierung.

Hessische Eiweißinitiative

Thomas Bonsels vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen sprach über die hessische Eiweiß­initiative „Initiative Gentechnikfreies Futter.“ Diese ist ein Teil von zehn Punkten des Öko­ak­tionsplanes des Landes Hessen. Ziel ist, den Sojaimport in den nächsten zehn Jahren deutlich zu senken. In Deutschland werden etwa 4,1 Mio. ha bewirtschaftet, auf denen circa 7, 6 Mio. t Rohprotein erzeugt werden, so Bonsels. Eine Steigerung der Eiweißerträge um drei Prozent würde eine Senkung der Importe von 200 000 t Eiweiß bedeuten, rechnete er vor. In Hessen sind etwa 37 Prozent der Fläche von rund 761 000 ha, die landwirtschaftlich genutzt wird, Grünland. „Allein 60 Prozent des Rohproteinbedarfes im Grundfutter können wir durch das Grünfutter bereitstellen. Wenn man den Roh­proteingehalt um ein Prozent steigern könnte, dann wären das 800 bis 1 000 kg pro ha, die wir mehr Milch erzeugen können“, erläuterte Bonsels. Fast 80 Prozent des Proteinbedarfes der Nutztierhaltung in Hessen werden von der Rinderhaltung benötig, das sind 250 000 t Protein.

In Hessen haben die rinderhaltenden Betriebe einen Anteil von 60 Prozent an der zugekauften Menge an Rohprotein, das etwa 55 000 t sind. Wo sehen die Fachleute das größte Potenzial? Ansätze sieht man weniger in den vermehrten Anbau von Leguminosen wie Ackerbohnen oder Soja. Diese Flächen beliefen sich auf etwa 2 000 ha im Jahr 2014, so Bonsels. Man wisse, dass man in der Beratung zur Ini­tiative für mehr gentechnikfreies Futter in Hessen an der Verbesserung der Fütterung ansetzen müsse. Denn rund 25 Prozent Verluste entstehen vom Feld bis zum Stall, „das ist geerntet, kommt aber nicht bei den Kühen an“, sagte Bonsels. Rechnerisch könnten demnach etwa 12 000 kg Milch pro ha erzeugt werden, abzüglich der Verluste seien das aber nur rund 8 000 kg Milch je ha. Anders dargestellt: 25 Prozent Verluste machen laut Bonsels 1 t als Rapsäquivalent aus.

Neben der Verringerung der Futterverluste durch Verunreini­gung oder Verschimmelung sollte der Anteil des Reineiweißes, also des von der Kuh verdaulichen Proteins, im Grund­futter möglichst hoch sein. Bei der Grünpflanze ist der Reineiweißanteil noch etwa doppelt so hoch, wie später in der Silage. Damit betrifft diese Frage den Konservierungsprozess. Was passiert mit den Silagen gärtechnisch? Untersuchungen auf dem Eichhof zeigen, dass der Anteil an be­­ständigen Proteinen auf technischem Wege erhöht werden könne, insbesondere durch kurze Welkzeiten, schnelles Einfahren und unverzügliches Siloabdecken. Beständiges Protein zu er­halten, ist auch bei Verfahren der Trocknung, zum Beispiel von Luzerneheu, wichtig.

Nicht zuletzt darf die Grunddüngung von Grünland nicht vernachlässigt werden. „Wir stellen fest, das etwa 70 Prozent der Grünlandflächen zu sauer sind und die pflanzenbaulichen Aufgaben nicht gemacht wurden“, so Bonsels. Auch geht es um die Aufwertung von Futter, das aufbereitet wird. Durch ther­­mi­sche Be­hand­lungsverfahren kann der Anteil an verfügbarem beständigem Protein von 15 auf 25 Prozent erhöht werden.

Wenn es um den Ersatz von Sojaextraktionsschrot geht, stelle sich die Frage der ernährungsphysiologischen Wertigkeit der Substitute wie Rapsschrot oder Ackerbohnen gerade bei Betrieben mit hochleistenden Milchviehherden. „Praxisversuche von Ergänzungsfuttermitteln mit Aminosäuren auf dem Eichhof zeigen, wir können auch eine so­jafreie Milchviehration erstellen“, stellte Bonsels heraus.

„Die Kunst der perfekten Grassilage“

Dr. Johannes Thaysen von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein sprach zum Thema „Optimale Silageproduktion für Kühe“. „Sind Sie ein Silageprofi?“ fragte Thaysen die Landwirte eingangs.

Am Versuchsgut „Futterkamp“ der Kammer werden rund 4 300 kg Milch aus dem Grundfutter erzeugt, beschrieb er. Um dies zu erreichen werden beim Silieren unter anderem Silierhilfsmittel eingesetzt. Aber nicht, weil das Wetter häufig nicht mitspiele, klappten hier einige Dinge in der Praxis nicht immer so, wie sie laufen sollten. Vielfach werde auf nicht auf die Details zur Rauhfuttergewinnung nicht geachtet, die jedoch zum Gelingen einer milchergiebigen Grundfutterration maßgeblich beitragen.

Größe der Silokammer passt oft nicht zum Vorschub

Wie erreicht man eine hochwertige Silage? Folgende Zielwerte sollte der Landwirt dazu im Blick haben, so Thaysen:

Mäuse, Maulwürfe und Schweine verdrecken Futter

Die Grünlandpflege ist besonders wichtig, um hochwertiges Grundfutter zu erzeugen. Wie kann man den Sandgehalt in der Silage verringern? Denn Mäuse, Maulwürfe und Schweine sind oft ein Problem in grünlandstarken Regionen. „In England darf man den Maulwurf be­kämpfen, wir dürfen das hier aber nicht“, sagte Thaysen. Das Abschleppen im Frühjahr und Nachsäen von Fehlstellen mit guter Bodenrück­verdichtung durch Walzen und der Einsatz des Wiesenhobels, sind Arbeiten, die mindestens so wichtig sind, wie all die anderen Schlepperarbeiten im Futterbaubetrieb, meinte der Referent.

Zur hygienischen Qualität von Grassilage gehört auch das Thema Wildtierschutz. Die Wahl des Siliermittels zur richtigen Zeit sei das i-Tüpfel für die ge­lun­gene Silage. „Wir sehen nicht im Silo, was sich dort unter der geschlossen Plane abspielt“, so der Kammerexperte. Siliermittel gibt es in den verschiedensten Varianten, als Zucker oder als Salz sowie Säure, Milchsäurebakterien oder auch als Enzyme. Fut­terharnstof­fe sind nicht mehr als Siliermittel zugelassen.

Die Mittel sollen den Siliervor­gang fördern und das Futter vor Nacherwärmung und Verschimmelung schützen. Aber es gibt nicht ein Si­liermittel, das für alle Futter­bauzwecke das Mittel der Wahl ist, so Thaysen. Die Wahl hängt von der jewei­ligen Situation ab, machte er deutlich und gab den Landwirten in der Burgberghalle eine aktuelle Liste von derzeit 66 Mit­teln am Markt mit, welche von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft ge­prüft worden sind. Diese Siliermittel kosten zwischen 50 Cent pro t und 2 Euro je t Futter.

Der Feldhäcksler stelle das ideale Agregat dar, Siliermittel zu verteilen. Er empfiehlt den kombinieren Einsatz von Ameisensäure und Milchsäurebakterien. Die Kosten liegen etwa bei 2,50 Euro je t. Jedoch müssten die beiden Zusätze separat zugegeben werden, beispielsweise über den Häcksler. Das sei technisch nicht so einfach hinzubekommen, man benötigt am Häcksler einen zweiten Behälter.

Auch sprach Thaysen über den Kauf der richtigen Silofolie und stellte Ergebnisse aus praktischen Einsatzprüfungen vor. Diese ergaben zum Beispiel, dass die Kombination von Unterziehfolie und Oberfolie vorteilhaft ist, weil keine Luftlöcher auftreten und keine Verluste entstehen.

Betrieb im Ederbergland

Mike Rindte, M. Sc. der Fachrichtung Agrarwirtschaft der Uni­versität Gießen, stellte seinen Be­trieb vor, die Rindte GbR in Bergho­fen im Oberen Edertal. In Mittel­gebirgslage werden 270 ha mit einem hohen Grünlandan­teil von etwa ein Drittel der Fläche bewirtschaftet und circa 260 Milchkühe gehalten. Neben den Familienmitgliedern sind zwei Angestellte im Betrieb tätig. Zum Ende des Studiums in Gießen sei der Entschluss gereift, im elterlichen Betrieb einzusteigen. Im Boxenlaufstall am alten Betrieb soll künftig die Jungviehauf­zucht erfolgen. Am neuen Standort wurde für circa drei Mio. Eu­ro ein komplett neuer Milchviehbetrieb gebaut. „Wir hoffen, im Frühjahr 2016 die Stallkapazität von 350 Kühen zu erreichen“, berichtete Mike Rindte dem Autor. Der Betrieb fällt auch durch seine hohe Zahl von fünf 100 000-Liter-Kühen auf, von denen derzeit drei in der Her­de laufen.

Moe – LW 27/2015
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