Freitag letzter Woche fand an der DEULA in Witzenhausen eine Fachveranstaltung zum Einsatz von Mineraldüngerstreuern mit Praxisdemonstration statt. Es wurde vor allem gezeigt, wie die heutige Düngetechnik auf die immer weiter steigenden Anforderungen des Gesetzgebers, aber auch auf den wachsenden wirtschaftlichen Druck reagiert.
„Die mit der Ernte entzogenen Nährstoffe müssen dem Boden wieder zurückgegeben werden, sonst wird langfristig die Bodenfruchtbarkeit
gefährdet“, leitete Klaus-Dieter Sens vom mitveranstaltenden Landesbe-trieb Landwirtschaft Hessen (LLH) in die Fachtagung ein. Der exakten Verteilung von Mineraldüngern komme hierbei, auch wegen der weiter steigenden Anforderungen, eine Schlüsselrolle zu.
Dr. Jörg Hüther vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUELV) referierte zum aktuellen Stand bei der Novellierung der Düngeverordnung (DüV), die neue rechtliche Rahmenbedingungen für die Ausbringung von Mineraldüngern setzt. Er machte aber auch deutlich, dass sich die DüV vor allem mit der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern beschäftige und deshalb eigentlich „Gülleverordnung“ heißen sollte.
Neue Anforderungen auch für Mineraldüngerstreuer
Auch wenn die Novellierung der Düngeverordnung noch immer in einigen Punkten nicht abschließend ausgearbeitet sei, stehe schon jetzt fest: Die Beschränkungen werden weiter zunehmen. Obwohl die meisten Regelungen die Ausbringung von Wirtschaftsdünger betreffen, konnte Dr. Hüther auch etliche aktuelle Vorgaben zu Mineraldüngerstreuern vorstellen (Stand 14. August 2014, Auszug):
Mit dem Inkrafttreten der Verordnung ist laut Hüther „frühestens 2015“ zu rechnen.
Ein Grund für die umfangreichen Verschärfungen sei das schlechte Abschneiden Deutschlands im EU-Vergleich hinsichtlich der gemessenen Nitratgehalte in Grundwässern. Dies hätte sich aber aus der Zusammensetzung der Messstellen ergeben, die aufgrund des punkförmigen Ansatzes vor allem in Problemgebieten lägen. Diese Praxis werde derzeit überarbeitet, damit eine Vergleichbarkeit mit anderen EU-Staaten, die einen flächendeckenden Ansatz verfolgen, gegeben sei.
Regelungstechnik macht Düngereinsatz immer effektiver
Über technische Neuheiten bei Mineraldüngerstreuern und Sensortechnik berichtete Dr. Norbert Uppen-
kamp von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Als wichtige Informationsquellen zur Düngerausbringung nannte er – neben den Streutabellen – Prüfsets, die dem Praktiker die Beurteilung einer Partie hinsichtlich der Streuereinstellung erlauben. „Immer noch eine gute Lösung stellen Prüfschalen dar, deren Einsatz allerdings relativ aufwändig ist“, so Uppenkamp. Vor allem bei schwierigen Düngerpartien seien sie aber ein wichtiges Hilfsmittel.
Zur Frage, ob und wie verschiedene Dünger fachgerecht gemischt werden können, hatte er folgenden Hinweis: „Wenn man sich hier an die Vorgaben des Bundesverbandes der Düngermischer hält, dann geht sowas sehr gut.“ (s. www.bv-duengermischer.de)
Zu den technischen Möglichkeiten, den Mineraldüngereinsatz mit größtmöglicher Effizienz vorzunehmen, zählte der Referent neben den Grenzstreueinrichtungen auch Lösungen, die beispielsweise Seitenwind ausgleichen, wie etwa „windcontrol“ von Amazone. „Solchen Systemen sind aber auch Grenzen gesetzt, sie können kontinuierlichen Wind, aber keine einzelnen Böen ausgleichen.“
Einen großen Vorteil der teilflächenspezifischen Düngung mittels GPS und/oder Sensoren sieht Uppenkamp darin, dass so auch Fahrer eine Fläche bedarfsgerecht bewirtschaften können, die nicht über die langjährige Erfahrung des Betriebsleiters verfügen.
Teilflächenspezifisch mit und ohne GPS
Teilflächenspezifische Verfahren gebe es einerseits kartenbasiert (Mapping), wobei die Nutzung von GPS-Signalen notwendig sei, denn die Maschine müsse immer wissen, wo sie sich genau im Feld befindet; nur so können die auf Boden- und Ertragskarten basierenden Informationen genutzt werden. Andererseits könnten Sensoren, die den Ernährungszustand eines Bestandes während der Überfahrt ermitteln und den Streuer entsprechend steuern, ohne GPS-Nutzung auskommen. „Die Systeme unterscheiden sich hier vor allem in der Interpretation der Messwerte, die Sensorik ist größtenteils gleich“, betonte der Fachmann. Beide Verfahren könne man aber auch noch verbinden, um noch größere Genauigkeiten zu erreichen (map overlay).
Uppenkamp machte noch auf ein Problem aufmerksam, das die immer größeren Geräte mit sich bringen: „Aufgrund von Sicherheitsaspekten, aber auch der Straßenverkehrsordnung liegt die Grenze des Anbaustreuers je nach Traktor bei durchschnittlich 4 Tonnen, maximal aber bei 6.“ Wer mehr möchte oder braucht, sollte dann auf Aufsattelgeräte umsatteln.
Erfahrungen aus der Praxis
Über Erfahrungen mit Wiegedüngerstreuern und GPS-gesteuerter Teilbreitenschaltung und Sensortechnik in der Praxis berichtete Lars Köchling vom Betrieb Wolfgang Rüdiger in Immenhausen. Der Betrieb verwendet seit vier Jahren ein sogenanntes „Green-seeker“-System von Land-Data Eurosoft. Hier wird die teilflächenspezifische Düngung durch die Verwendung von vier Sensoren im Frontanbau ermöglicht.
Die Infrarot-Sensoren erfassen mit einer Rate von 100 Messungen pro Sekunde den Grad der Grünfärbung im Kulturbestand. Es werden etwa 17 Prozent des Bestandes erfasst und auf die Fläche umgerechnet. Die Sensoren sind aktiv – das heißt sie haben ihre eigene Lichtquelle – und somit nicht auf Tageslicht angewiesen. Der angeschlossene Computer wertet das Signal aus und regelt die Ausbringmenge am Düngerstreuer. Zudem zeichnet das System die tatsächlich ausgebrachte Düngermenge sofort auf. Diese Daten lassen sich mit GIS-Karten kombinieren (map overlay) und dann in die Schlagkartei importieren.
N-Einsparung, Umwelteffekt und gleichmäßige Abreife
„Kalibrieren müssen wir die Sensoren zu Beginn einer Maßnahme selbst“, so Köchling. „Dazu wird erst eine schwache und dann eine gut versorgte Stelle gemessen und festgelegt, wie viel Prozent die eine mehr und die andere weniger von der durchschnittlich geplanten Düngermenge erhält. Wir wählen meist einen Bereich von plus bis minus 20 Prozent.“ Ein Vorteil dieser Vorgehensweise sei, dass zum Beispiel die Sorte, in der das System gerade angwandt werde, egal sei. Im Betrieb Rüdiger werden Getreide, Raps und Mais teilflächenspezifisch gedüngt.
„Beim Raps erstellen wir die Streukarte schon im Herbst, bei Getreide muss man bei der zweiten Gabe etwas mehr aufpassen und entscheiden, ob man dünne Bestände noch mal anschieben will oder nicht“, erläutert der Praktiker. Neben der Einsparung und dem positiven Umwelteffekt bemerkt er auch, dass die Bestände gleichmäßiger stehen und abreifen. Das wiederum mache sich in der Ernte bezahlt.
Streuer und Sensortechnik in der DEULA-Bodenhalle
Am Nachmittag wurden verschiedene Streuer und Sensor-Systeme in der Bodenhalle der DEULA vorgestellt. Den Anfang machte Martin Meyer-Uphaus von Amazone mit dem ZA-TS Mineraldüngerstreuer. Der Großflächenstreuer für Arbeitsbreiten von 18 bis 54 m besitzt ein Präzisionsstreuwerk mit integrierter Grenzstreueinrichtung. Diese ermögliche es dem Anwender, sehr zuverlässig steil abfallende Grenzstreubilder zu erzeugen und damit bis nah an die Feldgrenze optimale Wachstumsbedingungen zu schaffen.
„Mit dem „Section Control Dynamic“ von Bogballe können Streubilder in beide Richtungen dynamisch in acht Sektionen geschwenkt werden, um eine optimale Anpassung der Streukurven an die wechselnden Fahrgassenabstände in Keilen zu realisieren“, so Werksvertreter Hasso Sodemann. Die Funktion werde durch elektrische Stellmotoren mit integrierten Leitblechen realisiert. Der Dünger werde so in der Flugbahn und der Düngermenge dynamisch an die realen Abstände der Fahrgassen angepasst.
Carsten Hühne stellte den Exacta TL von Kverneland vor. Dieser ist serienmäßig ISOBUS konform. Der Exacta TL-Behälter wird von vier auf dem Hauptrahmen angebrachten Wiegezellen getragen. Diese ermöglichen eine permanente Kontrolle des vorhandenen Gewichts im Behälter. Die Exacta Streuer können mit drei verschiedenen Typen von Grenzstreueinrichtungen arbeiten: Grenzstreuplatten, manuell befestigt, für das Streuen unmittelbar am Feldrand. Schrägstellzylinder (EL und CL) oder Exact Line (CL, HL, TL) für das Grenzstreuen aus der Fahrgasse heraus.
Bernhard Schmidt stellte den Anbau-Düngerstreuer Adler DSX 50 von Rabe vor, der eine GPS-gesteuerte Teilbreitenschaltung ermöglicht. Die größere Streubreite liegt bei bis zu 50 m. Mit der Teilbreitenschaltung Econov können Teilbreiten nacheinander per GPS geschaltet werden. Der Streuer verfügen außerdem über das „Ready to Spread“-System: Damit entfällt die manuelle Einstellung an der Maschine.
Beim Axis-H EMC+W von Rauch kann man sämtliche Einstellparameter aus der Streutabelle einfach entnehmen und komfortabel in die logisch aufgebaute Eingabemaske im ISOBUS-Bedienterminal eingeben. Durch die geschwindigkeitsabhängige Durchflussmessung und -regelung für Feststoffe (EMC) entfällt die Abdrehprobe, da das Regelsystem auch bei unbekannten Düngereigenschaften bereits nach wenigen Sekunden den korrekten Fließfaktor sowohl für die rechte als auch die linke Schieberöffnung berechnet und die Dosierschieber getrennt darauf einstellt. Der Streuer ist für die GPS-gesteuerte, automatische Vorgewende- und Teilbreitenschaltung „Section-Control“ für ISOBUS-Bedienterminals vorbereitet.
Neben dem schon erwähnten Greenseeker wurden die Sensoren von Claas und Agricon vorgeführt, die ähnliche Möglichkeiten bieten. Der Claas Cropsensor ist als basic-Version im Frontanbau – auch am Frontgewicht – und als „Isaria“ mit Fritzmeier-Isobus-Ausstattung erhältlich.
Katharina Nies betonte bei der Vorstellung des Yara-N-Sensors von Agicon: „Ein Sensor sieht mehr als Sie.“
KB – LW 46/2014