Die wirtschaftliche Bedeutung des Saat- und Pflanzgutmarktes macht es erforderlich, dass bestimmte Regeln festgesetzt werden. Mit dem Saatgutverkehrsgesetz und den dazu gehörigen Verordnungen wird diese Forderung erfüllt. Staatliche Stellen haben den Auftrag, darüber zu wachen, dass die festgesetzten Anforderungen eingehalten werden, damit der Landwirtschaft Qualitätssaat- und Pflanzgut zur Verfügung gestellt wird.
Beim Saatgutkauf gelten die „Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen für Saatgut“ (AVLB). Darin ist die vereinbarte Beschaffenheit des Saatgutes (früher war dies die zugesicherte Eigenschaft) genau definiert. Als vereinbarte Beschaffenheit gelten demnach ausschließlich die Arten- und Sortenechtheit und die Erfüllung der Anforderungen aus der Anerkennung. Diese sind Reinheit, Besatz mit anderen Arten und Keimfähigkeit.
Die gesetzlichen Normen beschreiben die Mindestanforderungen, denen das Saatgut unterliegt. Im Rahmen der Saatgutanerkennung werden während der Feldbesichtigung der Besatz mit anderen Arten und besonders die Sortenechtheit überprüft. Bei der Beschaffenheitsuntersuchung im Labor werden dann die Merkmale Reinheit, Besatz mit anderen Arten, Keimfähigkeit und Tausendkornmasse ermittelt.
Das von den Vermehrern erzeugte Saat- und Pflanzgut erfüllt in der Regel die Anforderungen an die gesetzlichen Normen oder übertrifft diese sogar. Dennoch kommt es vor, dass die ausgelieferte Saatgutqualität zu beanstanden ist.
Bei der Saatgutproduktion wird in der Saatgutanerkennung ein gewisses Maß an Fremdgetreide und an Besatz mit abweichenden Typen toleriert. Demnach ist selbst bei professionel-
ler Saatgutaufbereitung nicht zu verhindern, dass ein gewisser Anteil an Fremdgetreide und Besatz mit ab-
weichenden Typen im Z-Saatgut zu akzeptieren ist. Der Gesetzgeber hat einen entsprechenden Spielraum in der Saatgutanerkennung eingeräumt, der aber nur selten erreicht wird. Hessisches Saatgut hat beispielsweise mit 3,2 Prozent eine deutlich niedrigere Beanstandungsrate als im Bundesdurchschnitt.
Wir unterscheiden zwischen offensichtlichen und nicht offensichtlichen Mängeln.
Worauf muss der Käufer nach dem Kauf achten?
Der Käufer des Saatgutes ist verpflichtet, nach Erhalt der Ware folgendes zu überprüfen: Lieferschein, Kontrolle der Verpackung und Kennzeichnung, Sichtkontrolle der Ware auf Besatz. Offensichtliche Mängel sind unverzüglich beim Verkäufer zu reklamieren. Offensichtliche Mängel sind: Besatz mit anderen Arten, Mutterkornbesatz, hoher Anteil an Bruchkorn, Spreu- und Strohanteile sowie Unkrautsamen.
Da der Käufer zur Schadensminimierung verpflichtet ist, sollte die Ware nicht ausgesät werden und dem Verkäufer die Möglichkeit eingeräumt werden, die Ware auszutauschen. Liegt der Zeitraum zwischen Lieferung und Aussaattermin so eng bei einander, dass ein Austausch nicht mehr möglich ist, sollte eine einvernehmliche Lösung herbeigeführt werden.
Offensichtliche Mängel sofort reklamieren
Erfolgt keine gütige Einigung, hat der Käufer die Möglichkeit, einen verpflichteten Probenehmer zu beauftragen (kostenpflichtig nach Zeitaufwand), eine amtliche Probe für eine Beschaffenheitsuntersuchung zu ziehen. Proben können nur aus verschlossenen Behältnissen (Sack, BigBag) gezogen werden. Geöffnete Ware ist von der Probenahme ausgeschlossen.
Befindet sich die Ware beim Landwirt, sind alle Maßnahmen im Rahmen des Privatrechts zu sehen und durchzuführen. Die Saatgutverkehrskontrolle kann hier nicht eingreifen, da dem Landwirt keine Informationen über das beprobte Saatgut zur Verfügung gestellt werden dürfen (Datenschutz).
Es wird empfohlen, drei Parallelproben zu bilden. Eine bleibt beim Käufer, eine beim Verkäufer und die dritte wird zur Beschaffenheitsuntersuchung eingereicht. Wird das Untersuchungsergebnis von einem der Beteiligten nicht akzeptiert, wird ein zweites Muster an eine andere Untersuchungsstelle gesandt. Stimmen die Ergebnisse überein, ist das Ergebnis rechtsverbindlich. Stimmt das zweite Muster nicht mit dem ersten überein, so wird die dritte Rückstellprobe an ein weiteres Untersuchungslabor gesandt. Sollte auch hier keine Übereinstimmung mit einem der vorliegenden Ergebnisse erzielt werden, so werden alle drei Ergebnisse gemittelt.
Mangel, der nicht sofort erkennbar ist
Ein nicht offensichtlicher Mangel zeigt sich erst im Laufe der Vegetation (schlechte Keimfähigkeit, Besatz) und ist auch als solches nicht immer beweisbar. Schlechte Witterungsbedingungen, Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz oder Vorvorfrüchte, können den Nachweis erschweren oder sogar in Abrede stellen.
Bei schlechten Feldaufgängen ist unverzüglich der Vorlieferant zu informieren. Ist noch verschlossenes Saatgut vorhanden, kann hieraus eine Probe entnommen werden. Ist keine Probenahme und keine Einigung mit dem Vorlieferanten möglich, muss ein vereidigter Gutachter den Schaden bewerten und ein gerichtsverwertbares Gutachten erstellen.
Es wird empfohlen, dass bei der Begutachtung des Aufwuchses durch den Sachverständigen alle Beteiligten zugegen sind. Die Kosten trägt zunächst der Auftraggeber. Da jeder Rechtsstreit einen ungewissen Ausgang mit sich bringt, werden die gesamten Kosten dem Unterlegenen auferlegt. Gerade in Fällen mit unsicherem Ausgang und schwieriger Beweislage wird eine gütliche und einvernehmliche Regelung empfohlen.
Beanstandung des Beizgrades
Die Beanstandung des Beizgrades gestaltet sich ebenfalls schwierig, zumal die Bewertung des Farbspektrums subjektiv ist. Es befinden sich Beizen am Markt, die eine sehr intensives Färbung aufweisen, andere dagegen sind farblos und es wird rote Farbe zugemischt, damit das Getreide als behandelt gekennzeichnet ist. Die Intensität des Farbspektrums und das Beizbild werden maßgeblich durch die Beizanlagen beeinflusst.
Der Beizgrad kann durch zwei Untersuchungsmethoden nachgewiesen werden: das kolorimetrische und das analytische Verfahren. Gerichtlich verwertbar ist aber nur der analytische Nachweis (Kosten ab 160 Euro je Probe und Wirkstoff). Die Beizgradüberwachung ist nicht Aufgabe der Saatgutverkehrskontrolle. Hier greift das Privatrecht.
Bei Fragen rund um Saat- und Pflanzgut steht der Autor unter 05617299-298 oder -287 sowie E-mail uwe.sander@llh.hessen.de zur Verfügung.