Am 24. September findet die Bundestagswahl statt. Die Flüchtlingspolitik, Innere Sicherheit und die Zukunft der EU, die Währungspolitik und die Zukunft der Automobilindustrie sind derzeit die beherrschenden Themen. Für die Bäuerinnen und Bauern ist aber auch die Ausrichtung der Politik für Landwirtschaft und ländliche Räume wichtig. Wie sich die Parteien dazu äußern, hat die Deutsche Bauern Korrespondenz, das Organ des Deutschen Bauernverbandes, abgefragt.
Gemeinsame Agrarpolitik
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist ein Stabilitätsfaktor für die Landwirtschaft. Das Zwei-Säulen-Modell der GAP hat sich dabei bewährt. Insbesondere die unmittelbar einkommenswirksame Erste Säule hat angesichts volatiler Agrarmärkte und hoher Tier- und Umweltstandards eine herausragende Bedeutung für die Bauernfamilien. Wie werden Sie die GAP zukünftig gestalten und weiterentwickeln?
Die Direktzahlungen bleiben eine unverzichtbare Basisabsicherung für unsere Landwirte. Sie müssen jedoch zielgenauer auf landwirtschaftliche Betriebe in Familienverantwortung ausgerichtet werden und auch die flächengebundene Tierhaltung und regionale Wertschöpfung stärken. Über Anreize anstelle bürokratischer Vorschriften wollen wir die Gemeinsame Agrarpolitik noch umweltfreundlicher gestalten. Es war richtig, dass wir die Agrarpolitik auf die reale Marktnachfrage hin orientiert haben. Den eingeschlagenen Weg werden wir beibehalten und dabei wirtschaftliche Lösungen entwickeln, damit die Landwirte Markt- und Wetterrisiken besser absichern können. Für dringend notwendig erachten wir, die Gemeinsame Agrarpolitik spürbar zu vereinfachen. Deshalb setzen wir uns für weniger Detailregelungen und eine bessere Aufgabenteilung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten ein.
Landwirte wollen von ihrer Arbeit leben und im Einklang mit den gesellschaftlichen Erwartungen wirtschaften. Die im Rahmen der GAP zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel werden geringer werden. Haushaltskommissar Oettinger und Finanzminister Schäuble haben bereits ihren Willen zu Kürzungen erkennen lassen. Wir müssen also mit weniger mehr erreichen. Gleichzeitig muss sich die GAP zukünftig stärker auf weitere Anforderungen (zum Beispiel Tierwohl und Biodiversität) einstellen, wenn sie ihre gesellschaftliche Akzeptanz behalten will. Wir wollen bis Ende 2026 schrittweise aus dem bisherigen System der Direktzahlungen aussteigen. Die neue Agrarförderung soll sich an der Stärkung der ländlichen Räume, der Sicherung der Bewirtschaftung in benachteiligten Gebieten, der Nachhaltigkeit der Produktionsmethoden, der Förderung von Innovationen in der Ernährungs- und Landwirtschaft und der Absicherung der beruflichen Perspektive für die in diesen Sektoren arbeitenden Menschen orientieren. Diese Forderungen haben wir auch in den Konsultationsprozess von Kommissar Hogan zur Ausrichtung der künftigen Agrarpolitik eingebracht.
Die GAP im momentanen Zustand befördert ein System, in dem über die Erste Säule vor allem der Besitz von Fläche belohnt wird. Das nutzt weder den Interessen der Allgemeinheit noch den Bauern. Wir brauchen stattdessen öffentliche Gelder, die uns bei einem Aufbruch in eine zukunftsfähige Landwirtschaft in Europa helfen: Investieren in eine Landwirtschaft, die das Klima schützt, Natur und Umwelt erhält und Tiere würdig behandelt. Eine Landwirtschaft, in der die Bauern von einer umweltgerechten Produktion leben können. Die nächste GAP-Reform muss genau das möglich machen. Dafür muss sie weg vom Denken in Säulen-Kategorien. Richtschnur muss stattdessen sein: Gesellschaftliches Geld nur noch für gesellschaftliche Leistung. Bis zu einer weiteren GAP-Reform plädieren wir dafür, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die das momentane System vorhält.
Wir Freie Demokraten setzen uns im Rahmen der GAP für die Beibehaltung des bewährten Fördersystems aus Erster und Zweiter Säule ein. Wir halten an den Direktzahlungen fest und lehnen die Umschichtung weiterer Mittel von der Ersten in die Zweite Säule ab. Die in der zweiten Säule vorhandenen Mittel müssen stärker für die Förderung von Investitionen in umweltschonende Technik und tierwohlgerechte Ställe verwendet werden. Das Greening als Kopplung der Direktzahlungen an öffentliche Leistungen werden wir vor allem mit Blick auf Praktikabilität und Bürokratie kritisch begleiten. Insbesondere lehnen wir Vorschläge ab, die Produktivität der Greeningflächen durch Verbote (zum Beispiel für Pflanzenschutzmittel) weiter zu senken. Insbesondere das GAP-Antragsverfahren muss entbürokratisiert werden, zum Beispiel bezüglich der Toleranzgrenzen für die Flächenerfassung.
Substanzfördernde Steuern
Die mittelständisch geprägten land- und forstwirtschaftlichen Betriebe benötigen vernünftige und verlässliche steuerliche Rahmenbedingungen, um generationenübergreifend wirtschaften zu können. Welche Maßnahmen planen Sie im Bereich der Ertrags-, Umsatz-, Erbschaft- und Grundsteuern, um für die bäuerlichen Betriebe in den kommenden Jahren Stabilität zu gewährleisten, deren Investitionsbereitschaft zu stärken und die Vermögenssubstanz der Unternehmen zu erhalten?
Wie schon bisher werden CDU und CSU gute steuerliche Bedingungen gewährleisten. Wir wollen die Einkommensteuer reduzieren und den Solidaritätszuschlag schrittweise abschaffen. Wir wollen keine Verschärfungen der Erbschaftsteuer und lehnen eine Vermögensteuer ab. Die Reform der Grundsteuer soll aufkommensneutral umgesetzt und die Grunderwerbsteuer für landwirtschaftliche Flächen aufgehoben werden. Die Begünstigung von Agrardiesel und die bestehenden Pauschalierungsmöglichkeiten werden wir beibehalten. Außerdem soll die von uns neu eingeführte steuerliche Tarifglättung in eine Risikoausgleichrücklage weiterentwickelt werden.
Der Landwirtschaftssektor wird bisher schon steuerlich sehr entlastet und privilegiert behandelt. Nach Auskunft des Bundesfinanzministers verzichtete der Bund 2016 aufgrund von Steuerermäßigungen und -vergünstigungen für die Landwirtschaft auf Einnahmen von 876 Mio. Euro. Damit ist der landwirtschaftliche Sektor im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen bereits heute privilegiert.
Wir wollen die Grundsteuer als wichtige kommunale Einnahmequelle erhalten und sie verfassungsfest umgestalten. Wir unterstützen den Vorschlag des Bundesrates, die besonderen Belange der Land-und Forstwirtschaft angemessen zu berücksichtigen. Es muss dabei sichergestellt werden, dass es für land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu keiner grundsteuerlichen Mehrbelastung durch die Reform kommt. Darüber hinaus wollen wir die Forschung und Entwicklung bei kleinen und mittleren Unternehmen steuerlich fördern und Bürokratie abbauen. Bei allen steuerlichen Maßnahmen legen wir besonderen Wert auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Innovationskraft von Unternehmen.
Für uns Freie Demokraten steht fest, dass die Weitergabe von erarbeitetem Eigentum und Vermögen und die Fortführung von Familienunternehmen nicht durch steuerliche Regelungen behindert werden darf. Für Unternehmen ist eine Besteuerung der Unternehmenssubstanz schädlich. Deshalb lehnen wir eine Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine weitere Verschärfung der Erbschaftsteuer ab. Bei der Grundsteuer streben wir eine möglichst einfache, zielgenaue Besteuerung an. Das Gesamtaufkommen soll dadurch nicht erhöht werden. Die Länder sollen dabei verschiedene Grundbesitzarten festlegen können, etwa eine Kategorie für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke.
Ländlicher Raum
Das Förderspektrum der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz ist zugunsten ländlicher Räume deutlich erweitert worden. Inwieweit ist dies aus Ihrer Sicht ausreichend? Wie sollen GAK-Erweiterungen finanziert werden? Welchen Stellenwert hat für Ihre Partei die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet, welche Geschwindigkeiten brauchen die ländlichen Räume und bis wann wollen Sie dies realisieren?
Unser Ziel ist eine zukunftsfähige Entwicklung der ländlichen Regionen mit einer starken Landwirtschaft, einer starken Wirtschaft und lebendigen Dörfern. Die GAK ist dafür das zentrale Förderinstrument. Wir wollen sie weiter ausbauen zu einer „Gemeinschaftsaufgabe Ländliche Entwicklung“. Dafür werden wir die Mittel aufstocken. Neue Aufgaben dürfen nicht zu Lasten der Landwirtschaft gehen. Der Breitbandausbau hat für uns höchste Priorität. Wir wollen den flächendeckenden Ausbau der Glasfasernetze und der nächsten Generation des Mobilfunks (5G). Bis 2018 soll es überall eine Versorgung mit 50 Megabit/Sekunde geben und bis 2025 soll ein Gigabit erreicht sein. Dafür stehen allein schon bis 2020 vier Mrd. Euro an Fördermitteln bereit.
Zur besseren Wirksamkeit der Fördermaßnahmen für den ländlichen Raum bedarf es einer besseren Koordination zwischen den verschiedenen Förderinstrumenten und Förderebenen. Deshalb schlagen wir einen Beauftragten der Bundesregierung für den ländlichen Raum vor. Bestehende Maßnahmen müssen fortlaufend auf ihre Effizienz überprüft werden. Die SPD hatte im Koalitionsvertrag das ehrgeizige Ziel einer flächendeckenden Breitbandversorgung mit Geschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s bis 2018 verankert. Hier sind wir auf einem guten Weg. Wir haben über 4 Mrd. Euro Fördermittel von Bund und Ländern aktiviert, die nun nach und nach verbaut werden. Auch beim mobilen Breitband werden hohe Versorgungsauflagen in der Fläche greifen. Dies alles sind wichtige Zwischenschritte. Bis 2025 strebt die SPD darüber hinaus eine möglichst flächendeckende Gigabitversorgung an.
Die Erweiterung der GAK war ein Minimalkonsens der regierenden Parteien. Sie springt deutlich zu kurz, da sie dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums noch immer nicht entspricht. Es müssten aus unserer Sicht deutlich mehr Bundesmittel dafür bereitgestellt werden. Schnelles Internet ist für die ländlichen Räume essenziell: Die Digitalisierung kann die Fahrt oder gar den Umzug in die nächste Stadt ersparen; Beispiel Online-Fachhandel, Verwaltungsdienstleistungen, Home-Office. Bis 2021 wollen wir drei von vier Haushalten mit Glasfaseranschlüssen ausstatten und alle Haushalte mit 50 Mbit/s ins Netz führen.
Wir Freie Demokraten bewerten die Förderung lebenswerter ländlicher Räume über die GAK grundsätzlich positiv. Sie muss insbesondere auf den Erhalt und die Steigerung der Wertschöpfung und damit die Sicherung von Arbeitsplätzen in den ländlichen Regionen abzielen. Erweiterungen der GAK zu Lasten der Förderung landwirtschaftlicher Betriebe lehnen wir jedoch ab. Die zügige Schaffung flächendeckender Gigabit-Infrastrukturen ist für uns Freie Demokraten eine der aktuell wichtigsten Aufgaben von Staat und Gesellschaft. Auch für die Landwirtschaft bieten sich durch Digitalisierung ganz neue Chancen in der Produktion und Vermarktung. Der Glasfaserausbau im ländlichen Raum ist hierfür essenziell. Hierzu wollen wir zum Beispiel Privatisierungserlöse aus dem Verkauf der Bundesbeteiligungen an der Deutschen Post AG und der Telekom AG nutzen.
Umweltpolitik und Klimaschutz
Die Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes sind zunehmend ordnungsrechtlich geprägt und tragen dazu bei, den Strukturwandel zu beschleunigen. Welche Schwerpunkte werden Sie zukünftig für die Landwirtschaft im Themenfeld Umwelt- und Naturschutz setzen und wie werden Sie die Kooperation zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz voranbringen? Welche Strategie verfolgen Sie bei der Erfüllung der Klimaschutzziele der EU und nach Paris hinsichtlich der Landwirtschaft?
Umwelt- und Klimaschutz wollen wir mit Anreizen statt mit Verboten erreichen. Wir setzen auf den schonenden Umgang mit Boden, Wasser, Luft und Natur bei der landwirtschaftlichen Erzeugung, aber nicht auf den Abbau von Landwirtschaft und Tierhaltung. Wenn rechtliche Vorgaben unumgänglich sind, werden wir sie so gestalten, dass die Betriebe sich anpassen können und es nicht zu einem beschleunigten Strukturwandel kommt. Die freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen wollen wir noch attraktiver gestalten. Beim Klimaschutz erwarten wir eine deutliche Emissionsminderung von der neuen Düngeverordnung. Zudem setzen wir auf die Entwicklung klimaverträglicher Verfahren im Ackerbau und besonders in der Tierhaltung. Auch unterstützen wir den Ökolandbau und die heimische Bioenergie.
Die tritt SPD für ein Auslaufen der Direktzahlungen und eine Umnutzung der freiwerdenden Mittel ein, um damit unter anderem Belange des Tierwohls, des Klimaschutzes, der Sicherung der Bewirtschaftung in benachteiligten Gebieten, des Erhalts und Wiederaufbaus von Biodiversität und weiterer gesellschaftlich gewünschter Leistungen zu bezahlen. Dieses Geld soll den Landwirten als Entgelt für die von ihnen erbrachten Leistungen zu Gute kommen. So brauchen wir weiterhin eine Förderung des Grünlands, um Kohlendioxid zu binden. Wir wollen einen eigenen Fördergrundsatz in der GAK, um Maßnahmen zur Verringerung des Klimagasausstoßes aus organischen Böden gezielt angehen zu können.
Der Treiber des Höfesterbens der letzten Jahre war nicht das Umweltrecht, sondern die verfehlte Ausrichtung der Agrarpolitik durch die unionsgeführten Bundesregierungen auf immer mehr Produktion für den Weltmarkt – zu Niedrigsterlösen. Wir wollen dagegen in einem klaren gesetzlichen Rahmen eine zukunftsfähige, bäuerlich-ökologische Landwirtschaft fördern, in der die Bauern von ihrer Produktion leben können und die breit gesellschaftlich anerkannt ist. Das wollen wir auch in der Klimapolitik. Wir wollen eine Tierhaltung, die im Rahmen der natürlichen Grenzen arbeitet. Unter anderem sollte daher aus unserer Sicht in der Regel eine Begrenzung der Tierzahl auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar Voraussetzung für Agrarförderung sein.
Wir Freie Demokraten bekennen uns gemäß dem Prinzip „Schützen durch Nützen“ zu den Leistungen der Naturnutzer für Natur und Gesellschaft. Ziele des Naturschutzes lassen sich am besten gemeinsam mit den Landwirten sowie Naturnutzern (zum Beispiel Jäger, Angler und Imker) definieren und durch individuell an die Gegebenheiten vor Ort angepasste Maßnahmen im Rahmen des eigentumsfreundlichen Vertragsnaturschutzes erreichen. Dies ist effizienter als die Bewirtschafter pauschal mit ordnungsrechtlichen Verboten zu überziehen, die oftmals wenig Nutzen für die Umwelt bringen. Beim Schutz des Klimas und der Umwelt spielt die technische Entwicklung (zum Beispiel Präzisionsdüngung) eine große Rolle. Dafür muss man Betrieben jedoch die Chance lassen, mit neuer Technik auch Geld verdienen zu können.
Netzausbau
Die Akzeptanz der unmittelbar betroffenen Grundeigentümer sowie Land- und Forstwirte für den Netzausbau ist eine Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Wie stehen Sie zur dafür erforderlichen Neujustierung der Entschädigungsgrundsätze über die zusätzliche Einführung wiederkehrender Zahlungen zu den lediglich einmaligen Dienstbarkeitsentschädigungen?
Für Flächen, die für den Netzausbau genutzt werden, muss es eine faire Entschädigung geben. Eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums ergab, dass in 95 Prozent der Fälle eine vertragliche Regelung erreicht werden kann, die bei 20 bis 30 Prozent des Verkehrswertes liegt –vielfach mit weiteren Zuschlägen. Da der Ausbau der großen Trassen noch bevorsteht, werden wir eine Neujustierung der Entschädigungsgrundsätze unter Einführung wiederkehrender Zahlungen prüfen, etwa wenn Eigentümer ihre Grundstücke zügig im Einigungswege zur Verfügung stellen.
Es ist vorrangig Aufgabe der Netzbetreiber und der Verbände der Grundstückseigentümer und -nutzer, vernünftige und faire Rahmenvereinbarungen miteinander abzuschließen. Die Studie „Entschädigung von Grundstückseigentümern und -nutzern beim Stromnetzausbau“ zeigt, dass die Netzbetreiber in über 95 Prozent der Fälle mit den jeweiligen Eigentümern Verträge über die Nutzungsrechte an den jeweiligen Grundstücken schließen, so dass es nicht zu einer Enteignung kommt. In der Praxis werden als Entschädigung für eine Freileitung 20 Prozent, für ein Erdkabel 25 bis 30 Prozent des Verkehrswerts des Grundstücks gezahlt. Hinzu kommt noch zum Beispiel der Beschleunigungszuschlag. Wenn es zu einer nachgewiesenen dauerhaften Ertragsminderung kommt, ist der Ausfall dauerhaft zu entschädigen.
Beim Stromnetzausbau setzen wir uns für eine Beschränkung auf das für die Energiewende Notwendige ein. Die bisherige Netzausbauplanung basiert immer noch auf der Annahme, dass fossile Kraftwerke künftig das Hauptgerüst der Stromversorgung stellen. Dies stellen wir in Frage. Zudem wollen wir, wo dies ökologisch oder aus Gründen der Akzeptanz sinnvoll ist, die Verlegung von Erdkabeln ermöglichen. Damit können die ökologischen Wirkungen des Netzausbaus sowie Nutzungskonkurrenzen verringert werden. Schäden müssen angemessen entschädigt werden.
Es ist in der öffentlichen Wahrnehmung der Energiewende kaum vermittelbar, wenn Grundeigentümer von Windenergieanlagen jährliche Pachtzahlungen erhalten, während vom Netzausbau betroffene Grundeigentümer durch Einmalzahlungen entschädigt werden. Wir Freie Demokraten wollen uns daher für eine gerechtere Entschädigung der betroffenen Landeigentümer stark machen, sodass die für die Betroffenen entstehenden Nachteile des Netzausbaus zusätzlich zu den einmaligen Dienstbarkeitsentschädigungen ausgeglichen werden.
Lebensmittelkette und Wertschätzung
Wie werden Sie die Stellung der Landwirte in den Verhandlungen mit den nachfolgenden Stufen der Lebensmittelkette stärken, um eine ungleichmäßige Verteilung der Wertschöpfungsanteile und Preisrisiken zu Lasten der Landwirte zu verhindern?
Die Stellung der Landwirte in der Vermarktungskette muss gestärkt werden. National haben wir das Kartellgesetz verschärft (Anzapfverbot und Verkaufsverbot unter Einstandspreis) und das Agrarmarktstrukturgesetz novelliert. Wir unterstützen Erleichterungen bei der Bildung von Erzeugergemeinschaften, mehr Markttransparenz sowie Maßnahmen gegen unlautere Handelspraktiken. Geschaffene Möglichkeiten müssen auch genutzt werden. Das gilt insbesondere für die Milchwirtschaft, der wir Absprachen zwischen Landwirten und Molkereien rechtlich erleichtert haben. Sie muss ihre Lieferbeziehungen neu ordnen und einen Branchenverband gründen.
Alle zur Verfügung stehenden Mittel des Wettbewerbsrechtes müssen dafür genutzt werden, die Stellung des Landwirts zu stärken. Insbesondere für unsere Milcherzeuger ist es erforderlich, bei regionalen Abnahmemonopolen ihre Verhandlungsposition zu stärken. Jeder Landwirt, ob nun Mitglied einer Genossenschaft oder Lieferant einer privaten Molkerei, soll zukünftig Verträge schließen können, in denen Menge, Preis, Vertragslaufzeit und Kündigungsfrist geregelt werden. Im Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung muss die Ausnahmeregelung von der Vertragspflicht für genossenschaftliche Molkereien abgeschafft werden. Zudem muss der § 28 im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zu Gunsten der Landwirte präzisiert werden.
Wir wollen Erzeuger durch sinnvolle Instrumente zur Marktregulierung gegenüber marktbeherrschenden Quasi-Monopolen wie bei den Molkereien schützen und stärken. Zudem wollen wir lokale und erzeugernahe Verarbeitung und Qualitätsproduktion besser fördern.
Damit alle Akteure der Agrarwirtschaft in Zukunft von der positiven Gesamtentwicklung der Branche profitieren können, ist eine funktionierende marktwirtschaftliche Preisbildung in der gesamten Wertschöpfungskette des Lebensmittelhandels – vom Hof bis zum Warenregal – entscheidend. Wir Freie Demokraten wollen die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht und Fusionskontrolle stärken, durch eine Reform des Genossenschaftsrechts die starren Lieferbeziehungen zwischen Genossenschaften und Erzeugern modernisieren und die innergenossenschaftliche Demokratie stärken.
Flächenverbrauch
Das 30-Hektar-Ziel der täglichen Flächeninanspruchnahme durch Siedlungen und Verkehr ist nach wie vor in weiter Ferne. Welche Schritte werden Sie unternehmen, um den Flächenverbrauch durch Versiegelung substanziell zu reduzieren? Welche Maßnahmen werden Sie voranbringen, um auch beim Naturschutzausgleich die Schonung landwirtschaftlicher Flächen durchzusetzen und produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen sowie die Entsiegelung bereits versiegelter Flächen voranzubringen?
Der Flächenverbrauch ist von 130 Hektar pro Tag auf 60 Hektar gesunken. Das ist ein großer Erfolg. Unser Ziel sind höchstens 30 Hektar. Wir setzen uns für die konsequente Anwendung des Vorrangs der Innenentwicklung der Dörfer und Städte ein und die Berücksichtigung agrarstruktureller Belange bei der Planung. Im Naturschutz wollen wir mehr Qualität und produktionsintegrierte Maßnahmen; anstatt immer mehr Flächen aus der Bewirtschaftung zu nehmen. Dafür streben wir eine Bundeskompensations-Verordnung an. Vorrang soll die Entsiegelung nicht mehr benötigter Gewerbeflächen und Verkehrsanlagen sowie die ökologische Aufwertung und Pflege bereits vorhandener Ausgleichs- und Naturschutzflächen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes haben.
Bereits 2002 hat die damalige Bundesregierung in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie als Ziel formuliert, die Flächeninanspruchnahme auf maximal 30 Hektar pro Tag im Jahr 2020 zu begrenzen. Wurden 2002 noch täglich rund 130 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsfläche ausgewiesen, sind es heute durch flächensparendes Bauen und durch Entsiegelungsmaßnahmen nur noch rund 66 Hektar. Unser Ziel ist es, Freiflächen möglichst für die Land-und Forstwirtschaft sowie für den Naturschutz und die Erholung der Bevölkerung zu erhalten beziehungsweise durch Entsiegelung wieder zu gewinnen.
Wir teilen das Ziel, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 ha am Tag zu reduzieren und streben perspektivisch das Null-Hektar-Ziel an. Eine Siedlungsentwicklung nach den Prinzipien „Stadt der kurzen Wege“ und „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ sind dazu unabdingbar. Denn Zersiedelung geht zu Lasten wertvoller Flächen und schwächt Ortszentren. Das von Schwarz-Rot eingeführte neue erleichterte Bauen außerhalb der Städte und Gemeinden öffnet Tür und Tor für Flächenfraß im ländlichen Raum. Das lehnen wir ab. Der naturschutzrechtliche Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft ist ökologisch unabdingbar. Flächen für Umwelt- und Naturschutz sind kein Flächenverbrauch; sondern eine Investition in Biodiversität und die Zukunft nachfolgender Generationen.
Wir Freie Demokraten wollen die räumlichen Bewirtschaftungs- und Entwicklungsmöglichkeiten der Landwirtschaft für die Zukunft sichern. Deshalb wollen wir den Verlust landwirtschaftlicher Flächen auf ein notwendiges Maß verringern. Dazu wollen wir insbesondere im Bundesnaturschutzgesetz die Möglichkeit des finanziellen Ausgleichs der Realkompensation gleichstellen. Dabei wird zum Ausgleich eines Eingriffes zweckgebunden Geld gezahlt, das in bedeutende Maßnahmen des Naturschutzes im gleichen Naturraum investiert wird und den Fokus auf Qualität statt Quantität legt. Es muss auch ermöglicht werden, Ersatzgelder für die Revitalisierung von Industriebrachen und nicht mehr benötigten Verkehrsflächen zu nutzen. Damit wird mehr für den Schutz der Natur erreicht als durch Stilllegung land- oder forstwirtschaftlich genutzter Flächen.
Nationale Nutztierhaltungsstrategie
Die Nutztierhaltung wird kontinuierlich auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterentwickelt. Dennoch sind die Tierhalter mit steigenden Anforderungen seitens der Gesellschaft und des Lebensmitteleinzelhandels sowie mit ordnungspolitischen Auflagen konfrontiert. Für die Nutztierhalter gilt: Alle Veränderungen müssen praktikabel sein, eine wirtschaftliche Perspektive und Planungssicherheit bieten. Mit welcher Strategie sichern Sie die Zukunft der Nutztierhaltung in Deutschland?
Wir wollen die Tierhaltung kontinuierlich weiterentwickeln. Ziel sind Lösungen, die das Wohl der Tiere in der gesamten Breite weiter verbessern. Dafür ist eine nationale Nutztierstrategie notwendig, die Planungssicherheit über Abschreibungszeiträume schafft und verbindlich klärt, wie die höheren Anforderungen finanziert werden. Gleichzeitig sind Änderungen im Bau- und Umweltrecht notwendig, um Zielkonflikte aufzulösen. Bauern sollen ihre Ställe ohne große Hürden tierfreundlich umbauen können. Stallneu- und -umbauten mit hohen Tierschutzstandards werden wir verstärkt unterstützen und die Privilegierung im Außenbereich erhalten. Wir intensivieren Forschung und Entwicklung. Besonders wichtig sind praxistaugliche Alternativen zu den nicht-kurativen Eingriffen. Wir werden die Sachkunde zum Tierwohl in Aus- und Weiterbildung stärken. Bei der EU-Agrarpolitik werden wir für eine faire Teilhabe der Tierhalter an den Mitteln der Ersten Säule sorgen. Auch sollen unsere hohen Standards in ganz Europa Gültigkeit erlangen, damit Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.
Wir brauchen eine nationale Nutztierstrategie inklusive Zeitplan und finanziellem Rahmen. Die Strategie muss die gesamte Wertschöpfungskette von der Landwirtschaft, über die Schlachthöfe und die Fleischverarbeitung, bis hin zum Handel umfassen. Tiere sind keine Ware, die ausschließlich an Effizienz und Wirtschaftlichkeit gemessen werden darf. Das haben viele Landwirte längst erkannt und wollen ihre Tierhaltung entsprechend ausrichten. Dafür brauchen sie unsere Unterstützung. Zum einen durch eine bessere Förderung beim Umbau oder Neubau von Stalleinrichtungen, zum anderen über eine klare eindeutige Kennzeichnung ihrer Produkte. Dazu nehmen wir uns das Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes als Vorbild. So akzeptieren die Verbraucher auch einen höheren Preis. Wir können auf der Vorarbeit von Forschung und Wissenschaft, des WBA, der DLG, der Länder und des Deutschen Tierschutzbund aufbauen.
Wir wollen einen Umbau hin zu einer Tierhaltung in Deutschland einleiten, die Tieren ein würdiges Leben und Bauern ein gutes Auskommen ermöglicht. Den stellen wir auf drei Beine:
In erster Linie bedient die landwirtschaftliche Tierhaltung die Nachfrage der Verbraucher am Markt. Starre ordnungsrechtliche Vorgaben sowie deutsche Sonderwege überfordern vor allem kleine Betriebe und beschleunigen den Strukturwandel. Wünschenswerte Verbesserungen bei der Nutztierhaltung wollen wir deshalb durch eine gezielte Agrarinvestitionsförderung erreichen. Dabei dürfen Tier- und Umweltschutz nicht gegeneinander ausgespielt werden, etwa bei der Errichtung tierwohlfördernder Außenklimaställe. In der Produktion und Vermarktung bietet zudem die Digitalisierung ganz neue Chancen, um Verbraucherwünsche zu bedienen. So sind beispielsweise 86 Prozent der Landwirte überzeugt, dass Verbraucher zukünftig Produkte auf digitalem Weg zurückverfolgen können. Solche Entwicklungen können das ohnehin große Vertrauen in die landwirtschaftliche Produktion weiter steigern.
Pflanzenschutz
Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln erfolgt in einem aufwendigen und teuren Verfahren. Zugleich steht chemischer Pflanzenschutz immer häufiger in der Kritik. Dies führt dazu, dass immer weniger neue Wirkstoffe beziehungsweise Wirkstoffgruppen entwickelt werden. Zugleich sichert eine breite Wirkstoffpalette und ein gezielter Pflanzenschutz unsere Lebensmittelversorgung. Wie werden Sie die künftige Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gestalten?
Damit neue umweltfreundliche Pflanzenschutzmittel zügiger zugelassen werden, wollen wir die Verfahren europäisch wie national effizienter gestalten. Die Aufteilung auf verschiedene Behörden hat sich nicht bewährt. Wir wollen die Strukturen deshalb stärker bündeln. Zudem müssen im Zuge der europäischen Harmonisierung, Verfahrensgrundsätze und Definitionen weiter vereinheitlicht werden.
Die Zahl der in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel steigt seit Jahren. Ebenfalls steigen die ausgebrachten Mengen je Flächeneinheit. Es ist daher an der Zeit, ein Umdenken einzuleiten. Die Landwirtschaft muss wieder lernen, verstärkt mechanische und agrarökologische Maßnahmen nutzen; dies ist schon allein deshalb erforderlich, um wieder mehr Akzeptanz von Seiten der Gesellschaft zu erhalten. Die DLG gibt dazu ermutigende Impulse. Das Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln muss beschleunigt werden; dazu werden wir die personellen Ressourcen ausbauen.
Angesichts realer Bedrohungen durch resistente Superunkräuter (wie dem Fuchsschwanz) müssen und wollen wir den Pflanzenschutz jenseits chemisch-synthetischer Pestizide stärken. Wie dies gelingen kann, haben wir in unserem grünen Pestizidaktionsplan festgehalten. Studien zeigen, dass in der Landwirtschaft bis zu 60 Prozent weniger Pestizide eingesetzt werden könnten – ohne dass die Ernte dadurch in Ertrag oder Qualität geringer ausfällt. Und der ökologische Landbau beweist seit Jahren, dass Anbau auch ganz ohne chemisch-synthetische Pestizide gelingen kann.
Wir Freie Demokraten wollen die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vorantreiben. Denn eine ausreichende Verfügbarkeit von verschiedenen Mitteln für den Pflanzen- und Vorratsschutz ist für eine verlässliche Versorgung mit Nahrungsmitteln unverzichtbar. Bei Diskussionen über bestimmte Wirkstoffe zählen für uns nicht Stimmungen, sondern fachliche Beurteilungen auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse, wie durch das Bundesinstitut für Risikobewertung.