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Immer weniger Fläche zur Bewirtschaftung

Winzer und Landwirte vor neuen Herausforderungen

Bei der Jahreshauptversammlung des Kreises Bad Dürkheim im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd in Ruppertsberg wurde Walter Wolf, der Kreisvorsitzende, vom Pfälzischen Weinbaupräsidenten Klaus Schneider mit seinem Vortrag „Weinbaupolitik im Anbaugebiet Pfalz – Ausgleich zwischen Land, Bund und EU“ unterstützt.

Walter Wolf, der BWV-Kreisvorsitzende von Bad Dürkheim, fordert die Jugend auf, sich zu engagieren. Foto: zep
Der pfälzische Weinbaupräsident Klaus Schneider sieht in den Schutzgemeinschaften eine Chance für die Anbaugebiete. Foto: zep

Wolf blickte zunächst zurück auf das vergangene Jahr 2016, ein ganz normales Jahr, denn die vielen Ausnahmen und Ereignisse werden zunehmend zum Normalfall, so seine Einschätzung. Neben volatilen Märkten, extremen Wetterereignissen, kommen nun noch politische Unsicherheiten dazu. „Umso wichtiger ist es für mich, dass wir einen geschlossenen Berufsstand haben. Ich danke allen, die sich hier engagieren und wünsche mir, dass sich zukünftig auch die junge Generation engagieren wird“, startete Wolf seine Rede.

2016 – hoher Pilzdruck für Winzer und Landwirte

2016 begann ohne Frostgare, die Regenmenge, die im Vorjahr fiel, war bereits im ersten Halbjahr erreicht, was in allen Kulturen zu hohem Pilzdruck führte. Die Winzer und Landwirte hätten bewiesen, dass sie gut ausgebildet sind und dass die Zusammenarbeit mit den DLR gut funktioniere. Wirtschaftlich sei das Jahr 2016 für den Berufsstand durch die hohen Mehrkosten im Pflanzenschutz ein weiteres Jahr mit unterdurchschnittlichem Einkommen.

Im zweiten Halbjahr dann die Kehrtwende: trockene und warme Monate, die einen guten Weinjahrgang ermöglichten mit etwas reduzierter Menge, wobei jedoch einige Ökobetriebe an den Rand der Existenz gelangten. Dank gehe an Weinbauminister Dr. Volker Wissing, der den Landwirten und Winzern vertraut und sie unterstütze. Sei es bei Investitionsmaßnahmen für den verbesserten Pflanzenschutz oder in der Weinvermarktung mit dem Einführen einer Arbeitsgruppe.

Dass der Kreis Bad Dürkheim in einem begehrten Landstrich liegt, das wurde nicht nur in der Rede von Wolf deutlich. Auch Dirk Gerling, der Bezirksgeschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd für die Vorderpfalz, stellte fest, dass nicht nur der Naturschutz mit Natura 2000- Flächen, vor allem Vogelschutzgebiete, im Kreis stark vertreten sei, auch werden neue Wasserschutzgebiete von großer Fläche ausgewiesen sowie Hochwasserrückhaltebecken angelegt. Zudem solle die B 271, die Umgehungsstraße nördlich von Bad Dürkheim, fortgeführt werden. Für Letzteres sprach sich Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld aus, der sich davon auch eine Entspannung für den Tourismus und damit eine Maßnahme zum Erhalt der Weinbaubetriebe erhoffe. Auch der Breitbandausbau auf 30 MB-Leitungen benötige Flächen, wobei der Kreis allein 4 Mio. Euro für Liegenschaften in periphären Lagen zur Verfügung stelle, sagte Ihlenfeld, was wiederum der Landwirtschaft zugutekomme, damit die eAnträge tatsächlich von jedem Landwirt ab kommendem Jahr durchgeführt werden können und die Digitalisierung der Landwirtschaft fortschreiten könne. Wolf und Gerling lobten die gute Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung in Bad Dürkheim, die vor einem Jahr auch die Winzer erfasste und somit einen deutlich höheren Aufwand hatte. Die Mitarbeiter seien sehr engagiert und zeigen Verständnis für die Belange der Landwirte und Winzer.

Bewirtschaftungspläne mit Landwirten erarbeiten

Streitpunkt sind derzeit die Bewirtschaftungspläne für Natura 2000-Flächen. „Es darf der Mensch, der diese Kulturlandschaft seit Jahrhunderten pflegt, bei den naturschützerischen Vorhaben nicht vergessen werden“, konstatierte Wolf. Und Ihlenfeld sagte: „Es kann nicht sein, dass die Kreisverwaltung als untere Naturschutzbehörde von der SGD Süd den Auftrag bekommt, hier Bewirtschaftungspläne umzusetzen, die zuvor nie veröffentlicht wurden. Da fehlt es an Transparenz und an Bürgernähe.“

Klaus Schneider, der pfälzische Weinbaupräsident, sprach zur Weinbaupolitik im Spannungsfeld zwischen Land, Bund und EU. Dabei begann er mit der Reform der europäischen Weinmarktordnung vor zehn Jahren, der Umsetzung des Bezeichnungsrechts. Er bemerkte, dass heute viele Betriebe die damals erkämpften Sonderrechte nicht nutzen. Heute stehe bei 70 Prozent der Weine die geschützte Ursprungsbezeichnung Pfalz auf den Etiketten, dazu der Betrieb und die Rebsorte.

Die Bewirtschaftung der Weinberge selbst regeln

Momentanes Thema Nr. 1 in der Weinbaubranche sei die Einführung von Schutzgemeinschaften in Einklang mit europäischem Recht. Sie werden benötigt, um die in den Lastenheften in Brüssel festgeschriebene Bewirtschaftungsregeln in den einzelnen Weinanbauregionen zu ändern. Die Erfahrungen aus 2014 wolle man nicht noch einmal erleben. Damals stellte der Weinbauverband einen Lastenheftänderungsantrag, um die Herabsetzung des Mindestmostgewichts bei Dornfelder zu erreichen, man wollte diesen frühzeitig ernten, um befürchtete Schäden durch die Kirschessigfliege zu verhindern. Damals dauerte das Verfahren sehr lange und es gab andere Positionen in der Weinwirtschaft.

Da Brüssel festlegte, dass wieder mehr Verantwortung in die Regionen gehen solle, müsse eine Institution geschaffen werden, die es in vielen anderen europäischen Weinbauregionen gebe: Die Schutzgemeinschaft, erklärte Schneider. Hier wolle man regional wichtige Fragen zur Bewirtschaftung klären. Derzeit wird intensiv über die Zusammensetzung des Gremiums diskutiert, auch müsse ein Satzungsentwurf vorgelegt werden. Das Gesetzgebungsverfahren laufe bereits. Im Rahmen der Sitzung wurde der Hauptausschuss des Weinbauverbandes Pfalz im Bereich Mittelhaardt mit neun Vertretern und neun Stellvertretern von den Anwesenden gewählt, wobei Schneider betonte: „Auch die Stellvertreter sind stimmberechtigt.“

Dr. Thomas Weihl, Leiter des Weinbauamtes in Neustadt, stellte Ergebnisse zum Strukturwandel in den pfälzischen Weinbaubetrieben vor, wobei er Daten von 1997 bis 2016 auswertete. Die Anzahl der meldepflichtigen Betriebe sank in dieser Zeit von 8 748 aus 3 270. Im Durchschnitt dieser Jahre sei ein Verlust der Weinbaubetriebe von fünf Prozent pro Jahr zu verzeichnen.

zep – LW 10/2017