Am vergangenen Donnerstagabend lud das Haus der Nachhaltigkeit Interessierte zu einem Infoabend mit dem Titel „Aktuelles vom Wolf in Rheinland-Pfalz und im Pfälzerwald“. Rund 150 Teilnehmer hörten Julian Sandrini vom Koordinationszentrum Luchs und Wolf (KLUWO) in Trippstadt an der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft zu.
Der Wildbiologe Sandrini erläuterte die Entwicklung der Wolfspopulation in Rheinland-Pfalz anhand von Monitoringdaten, die seit 2011 erfasst werden. Demnach sind seit dem Jahr 2017 wechselnde Vorkommen im Westerwald zu verzeichnen. Das aktuell einzig in Rheinland-Pfalz ansässige Leuscheider Rudel, das sich an der Grenze zu NRW aufhält, wurde durch einen Nutztierriss auf zwei Schafe im Jahr 2020 auffällig. Im Jahr zuvor in dem die Rudel-Fähe (GW1415f) mutmaßlich noch ohne den ersten Leuscheider-Rüden (GW1159m) in der Leuscheid lebte, wurden ein Nutztierriss an einem Schaf aus dem Grenzgebiet NRW-RLP nachgewiesen.
Erste Jungtiere in RLP im Jahr 2019
Die erste Reproduktion in Rheinland-Pfalz fand im Landkreis Neuwied im Jahr 2019 statt. Hier wurde eine Wölfin mit fünf Jungen durch eine Fotofalle beobachtet. Dass sich die Wölfe in Deutschland ausbreiten, das stand schon im demographischen Großkarnivoren-Bericht aus dem Jahr 2019. Dass die Wölfe sehr mobil sind, manche 70 km in einer Nacht zurücklegen, das bestätigen telemetrische Daten und Funde, wie der Totfund an der A 60 bei Mainz-Finthen. Jener Wolf stammte aus der Alpenpopulation. Ein weiteres großes Vorkommen ist das mitteldeutsche Vorkommen, das sich von Niedersachsen im Norden bis in die Lausitz im Osten zieht.
Aufgrund der zunehmenden Wolfspopulationen wurde im Jahr 2021 das Koordinationszentrum Luchs und Wolf (KLUWO) als zentrale Anlaufstelle für Fragen zu Luchs und Wolf in Rheinland-Pfalz geschaffen. Es koordiniert im Wesentlichen die Maßnahmen mit Bezug auf die beiden Großkarnivoren in. Dies umfasst die Teilbereiche Monitoring, Management, Prävention und Öffentlichkeitsarbeit. Das KLUWO wird regional unterstützt von den ehrenamtlichen Personen des Netzwerks von Großkarnivorenbeauftragten. Durch die Bündelung der Aufgaben innerhalb des KLUWO mit Dienstsitz in Trippstadt als zentraler Stelle, werden Synergien geschaffen und ein einheitliches Vorgehen sichergestellt. Im Monitoring erfasst und analysiert das KLUWO alle Hinweise und Meldungen zu den Großkarnivoren. Darüber hinaus ist es sowohl der Ansprechpartner für die Beratung und Förderung von Präventionsmaßnahmen als auch für die Abwicklung von Ausgleichzahlungen im Fall von wolfs- oder luchsbedingten Nutztierübergriffen.
Im Jahr 2020 wurde erstmals auch im Leuscheider Rudel Nachwuchs registriert. Die Nutztierrisse im Jahr 2021 belaufen sich in Rheinland-Pfalz auf 44. Davon waren 37 Risse Schafe, acht Risse Damwild und ein Vorfall mit einer im Weidezaun feststeckenden Kuh, an der nachweislich gefressen wurde, deren Todesursache jedoch nicht geklärt werden konnte. Im Rudelgebiet Leuscheid mehren sich nun die Nutztierrisse. Im Jahr 2021 bis 9. Februar 2022 wurden dort 39 Nutztierrisse unter Beteiligung des Wolfsrüden GW1896m nachgewiesen.
Ein Wolfsrüde hat Gefallen an Nutztieren gefunden
Auch in NRW waren es in diesem Zeitraum 11 Nutztiere, die von diesem Wolf gerissen wurden. Warum dieser nicht entnommen werde, wurde im Chat gefragt und Sandrini betonte den hohen Schutzstatus der Wölfe und die aktuell nicht gegebenen nötigen Voraussetzungen für eine Entnahme. Er warb für die Förderung der Tierhalter.
Gefördert werden kann das Erstellen von Elektronetzzäunen, Fünf-Lizenzäune (mobil und fest), Weidezaungeräte und Zubehör, das Nachrüsten von Festzäunen mit elektrifiziertem Untergrabschutz oder Überkletterschutz sowie Herdenschutzhunde mit anerkannter Linie, Zertifizierung und Sachkundenachweis. Diese Maßnahmen sind möglich zum Schutz der Schafe, Ziegen, Damhirsche, Lamas, Alpakas, Rinder, Pferde und Esel sowie Jungtiere bis einem Jahr. Die Finanzierung erfolgt aus der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes, GAK. Das Anschaffen von Herdenschutzhunden, das sieht Sandrini kritisch: „Das ist nicht für jeden geeignet, das sollte Profis überlassen bleiben.“
Sandrini antwortete auf Ängste beim Wandern und Hund ausführen, dass der Wolf kein Interesse am Menschen hat. Dieses Tier sei das am besten beobachtete Tier in Deutschland. Junge Einzeltiere verlassen das Rudel, um neue Reviere zu finden. Gefällt es ihnen irgendwo, dann bleiben sie und warten bis ein geeigneter Partner vorbeikommt. „Im Pfälzerwald hatten wir bisher nur wandernde Einzeltiere – per Fotofalle entdeckt am 15. März 2021 auf der Gemarkung Neustadt und zwei Tage später auf der Gemarkung Bad Dürkheim“, bemerkte Sandrini.
Für die Tierhalter steht das KLUWO jederzeit über die Hotline 06306 / 911-199 zur Verfügung, auch an Wochenenden. „Der Managementplan ist nicht starr, wir arbeiten da stetig daran und werden diesen Plan anpassen mit den beteiligten Verbänden. Mit Hilfe des Monitorings können wir die Landesregierung gut mit Daten versorgen“, schloss Sandrini seinen Vortrag. Interessante Internetseiten zum Wolfsmonitoring sind fawf.wald.rlp.de/kluwo und die bundesweite Seite www.dbb-wolf.de/.
zep – LW 10/2022