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Nicht von Zinsvorteilen blenden lassen

Wie Hersteller-Kredite zum Frühkauf zu bewerten sind

Trotz der niedrigen Zinsen gibt es sie immer noch: Die „günstigen“ Finanzierungsangebote der Hersteller für Landmaschinen und Ernte­technik. Wer jetzt schon die Technik für die nächste Ernte ordert, kann zusätzlich sparen, lautet oft die Reklame der Hersteller. Ob diese Angebote tatsächlich Vorteile für den Landwirt bringen, hat Dr. Mathias Schindler, Landwirtschaftskammer Hannover, analysiert.

Oft sind bei Neumaschinen-Finanzierungen diejenigen Angebote mit den längsten Laufzeiten auch die mit den höchsten Vorteilen. Foto: Moe

Da sind sie wieder. Und es ist wie jedes Jahr: Erst die günstigen Finanzierungsangebote für „Lagermaschinen“, dann die Angebote für „Neumaschinen“ und jetzt die günstigen Konditionen für die Finanzierung von Erntetechnik. Trotz des niedrigen Zinsniveaus legen die Landmaschinen-Hersteller weiter ihre Finanzierungsprogramme mit attraktiven Zinssätzen auf.

Abgewickelt werden die Programme meist über Banken, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben, wie zum Beispiel AFS, AKF-Bank, GEFA und AFL, um nur einige der größeren Anbieter zu nennen. In der Übersicht 1 sind die Finanzierungskonditionen eines führenden Landtechnikherstellers (Händlerfinanzierung) zusammengefasst und den Werten gegenüber gestellt, die bei alleiniger Besicherung durch das fi­nanzierte Objekt auf dem Kapitalmarkt derzeit üblich sind (Bankenfinanzierung). Warum gelten die Finanzierungsangebote alle nur für einen Finanzierungsanteil von 65 Prozent des Bruttobetrages (das sind 77,35 Prozent des Nettobetrages)? Dies ist schnell erklärt: Die Umsatzsteuer ist für Händler und Hersteller ein durchlaufender Posten, also finanzieren deren Banken diese nicht. Weil in der Regel außer der Maschine keine weiteren Sicherheiten zur Verfügung gestellt werden, finanzieren sie nur 75 bis 80 Prozent des ver­bleibenden (Net­to)-Maschi­nenwertes. Die Laufzeit der Finanzierung ist zudem kürzer als die wirtschaftliche Nutzungsdauer, damit die Maschine im Fall, dass die Finanzierung platzt, trotz ausgefallener Raten noch einen Restwert hat, der über der Restschuld einschließlich des ausgefallenen Betrages liegt. So stellt die Kürzung des Finanzierungsbetrages einen Risikopuffer für den Kreditgeber dar.

Bei „Neumaschinen“ reichen die Finanzierungsangebote von 12 bis 84 Monaten Laufzeit. Für Laufzeiten bis vier Jahre sind die Zinsen deutlicher unter Marktni­veau. Jedoch ist der Kapitaldienst dann sehr hoch und aus der Maschinennutzung allein nicht zu finanzieren.

Je nach Programmtyp gibt es abweichende Angebote

Das Angebot 0,0 Pro­zent Zins gibt es nur bei einjähriger Kreditlaufzeit und monatlicher Zahlung, bei halbjährlichen Raten sind gleich 0,89 Prozent Zinsen fällig. Das sind Aufschläge, die der „normale“ Kapitalmarkt nicht fordert. Hier wird Politik gemacht: Das Geld soll regelmäßig in kleineren Raten fließen. Vermutlich passt das besser in die Liquiditätsplanung des Herstellers und der Kunde soll die jährliche Gesamtratenhöhe nicht so deutlich sehen und spüren. Mit steigender Laufzeit steigt auch der Zinssatz, zunächst schnell, dann langsamer. Auch das ist kein Abbild des normalen Marktes sondern der „Subventionierung“ geschuldet. Dies lässt sich beim Vergleich von Herstellerfinanzierung für „Neumaschinen“ mit einer Bankenfinanzierung herausarbeiten (Übersicht 2).

Neumaschinenfinanzierung und Kapitaldienst

Werden beispielhaft die Konditionen der Neumaschinenfinan­zierung für verschiedene Laufzeiten bei vierteljährlicher Ka­pitaldienstzahlung verglichen, so ist zunächst auffällig, dass die Zinsen der Herstellerkredite bei zunehmender Laufzeit schneller steigen als die Zinsen im Bankkredit. Erklärung:

1. Bei der Bank setzt sich der Zinssatz aus den Einstandskosten (Zinssatz für Anlagen, derzeit für Laufzeiten bis vier Jahre fast gleich), dem Risikozuschlag und den Bearbeitungskosten zusammen. Letztere können bei längeren Laufzeiten besser verteilt werden und dämpfen so den Zinsanstieg, weshalb für ein bis drei Jahre fast der gleiche Zinssatz resultiert. Der Anstieg danach ist inzwischen viel ge­ringer als früher, weil die Bank auch für langfristige Anlagen kaum mehr Zinsen bezahlen muss

2. Zinsen unter Marktniveau sind immer subventioniert. Dieser Betrag ist bei längerer Laufzeit nicht beliebig steigerbar, son­dern eigentlich fest, so dass er auf mehr Jahre verteilt werden muss. Üblicherweise stellt die Marketingabteilung des Herstellers einen fixen Betrag je nach Maschinentyp als Verkaufsförderung zur Verfügung. Der Abstand zwischen Herstellerzins und Bankzins beträgt deshalb bei einjähriger Laufzeit 3,11 Prozent, bei 7 Jahren Laufzeit aber nur noch 1,31 Prozent (Spalte 3 in Übersicht 2). In den Spalten 4 und 5 werden die zu zahlenden Ratenhöhen dargestellt.

Hier wird deutlich, dass selbst bei drei Jahren Laufzeit die einzelne Rate immer noch etwa 16 000 Euro beträgt. Weil in beiden Krediten der gleiche Betrag getilgt werden muss, resultieren die Unterschiede nur aus den Zinsen. Hier führt die Saldierung der Zinsen aus dem Bankkredit (Spalte 7) mit den Zinsen aus der Herstellerfinanzierung (Spalte 6) bei einjähriger Laufzeit (1. Zeile) zu einer Differenz von 3 619 Euro. Wer den Bar­wert des Gesamtvorteils (also dessen heutigen Wert) ermitteln will, muss finanzmathematisch gesprochen, die Werte der Einzeljahre „diskontieren“, also auf den Tag des Finanzierungsbeginns abzinsen (hier mit 3 Prozent), weil die Zinsen in Etappen gezahlt werden. Dann ergeben sich 3 587 Euro als Vorteil aus dem niedrigen Herstellerzins im einjährigen Kredit. Das entspricht 1,26 Prozent des Kaufpreises. Wird jetzt die siebenjährige Laufzeit analysiert, so liegt der Zinsunterschied zwar nur noch bei 1,31 Prozent, aber das eben sieben Jahre lang. Selbst nach der Diskontierung entspricht das einem geldwerten Vorteil von 8 709 Euro sowie 3,06 Prozent des Kaufpreises. Erfolgt die Kalkulation auf der Basis monatlicher Raten, so fallen Zins- und Subventionsunterschied beim einjährigen Vertrag circa 15 Prozent höher, beim siebenjährigen Vertrag aber nur etwa gleich aus. Das bedeutet: Auch wenn die Zinsdifferenz geringer erscheint, bei den längeren Laufzeiten ist meist mehr rauszuholen. Allerdings ist Vorsicht geboten, wenn der Kredit an einen Servicevertrag gebunden ist; eventuell versucht der Händler, der einen Teil der Subventionierung schultern muss, so seinen Anteil zumindest teilweise wieder reinzuholen. Die monatliche Zahlungsweise ist oft stärker subventioniert und kann zudem – je nach betrieblicher Liquiditätssituation – allein schon wegen der geringeren Ratenhöhen sinnvoller sein.

„Ladenhüter“ sind nur geringfügig günstiger

Die Zinsunterschiede zwischen den „Lagermaschinen“ und den „Neumaschinen“ sind scheinbar groß (Übersicht 1). Für die „Maschine aus dem Bestand“ wird auch bei zwei Jahren Laufzeit der 0,0 Prozent-Zins angeboten. Die Zinsdifferenz von 1 Prozent bei 2 Jahren Laufzeit und vierteljährlicher Zahlung in Kombination mit einem Finanzierungsanteil von 65 Prozent des Kaufpreises ergibt, weil im Durchschnitt der zweijährigen Annuitätenfinanzierung etwa 70 Prozent Kapitalbindung bestehen, einen Vorteil von circa 0,9 Prozent des (Brutto)-Kaufpreises (1 Prozent x zwei Jahre x 65 Prozent Finanzierungsanteil x 70 Prozent mittlere Kapitalbindung). Gefühlt ist dies – isoliert betrachtet – vermutlich nicht ge­nug Anreiz, auf die allerneueste Technik zu verzichten, also wäre hier das Verhandeln über einen zusätzlichen Nachlass, damit das „alte“ Modell vom Hof geht, angebracht. Beträgt die Laufzeit der Finanzierung fünf Jahre, liegt der Zinsunterschied zwischen „Lager“- und „neuem“ Modell nur noch bei 0,2 Prozent. Man kann die Rechenformel übernehmen, welche nur noch etwa 0,4 Prozent Vorteil (0,2 Prozent x fünf Jahre x 65 Prozent Finanzierungsanteil x 61 Prozent mittlere Kapitalbindung) ergibt. Hier gilt: Bei längerer Kreditlaufzeit wird der Vorteil durch die sinkende Zinsdifferenz immer geringer. Welche Vorteile gibt es in den anderen Jahren:

3 Jahre: circa 0,65 Prozent Vorteil (0,5 Prozent x 3 Jahre x 65 Prozent x 67 Prozent Kapitalbindung),

4 Jahre: circa 0,65 Prozent Vorteil (0,4 Prozent x 4 Jahre x 65 Prozent x 63 Prozent Kapitalbindung),

6 Jahre: circa 0,47 Prozent Vorteil (0,2 Prozent x 6 Jahre x 65 Prozent x 60 Prozent Kaptialbindung),

7 Jahre: circa 0,27 Prozent Vorteil (0,1 Prozent x 7 Jahre x 65 Prozent x 59 Prozent Kapitalbindung).

Erntemaschinen sind Saisonware

Mit den „Frühkauf“-Finanzierungsangeboten für Erntemaschinen (Übersicht 1) wollen die Hersteller den kontinuierlichen Absatz der Maschinen (inklusive Auslieferung) fördern und zudem ihre Kapazitätsplanung stabilisieren. So „stapeln“ sich die neuen Maschinen wenigstens nicht mehr bis zum Saisonbeginn im Lager und verursachen hier noch Kosten und Risiken.

Neben den üblichen Angeboten, die jedoch gegenüber den „Neumaschinenfinanzierungen“ noch einen weiteren Vorteil als Anreiz für den vorgezogenen Kauf enthalten sollten, gibt es zusätzlich Finanzierungsangebote, bei denen die ersten Tilgungs­zahlungen erst während der neuen Erntekampagne zu leisten sind. Der üblichen Finanzierung wird noch ein Zeitraum von etwa acht Monaten vorgeschaltet. So entstehen die in der Übersicht 1 für „Frühkauf“ zusätzlich dargestellten abweichenden Laufzeiten (20 bis 92 Monate). Für den Vergleich muss der Herstellerfinanzierung immer eine um die acht Monate kürzer laufende Bankenfinanzierung gegenüber gestellt werden.

Wer das Herstellerangebot nicht annimmt, wird die Maschine erst zu einem Termin kurz vor der Ernte ordern (beim Mähdrescher also Juni), wenn es keine weiteren Vorteile gibt. Die Zinsen dieser acht Monate Vorlauf können bei der Finanzierung über die Bank eingespart werden. Der Herstellerfinanzierung mit zwölf Monaten Laufzeit steht also eine Bankfinanzierung mit vier Monaten gegenüber.

Für 12/4 Monate Laufzeit mit monatlichen Raten liegt der Zinsvorteil bei 3,55 Prozent, aber leider nur vier Monate lang, so dass hier nach dem für Übersicht 2 beschriebenen Rechengang ein diskontierter Zinsvorteil von rund 1 336 Euro entsteht. Klingt nicht viel, sollte man trotzdem aber mitnehmen, wenn in anderen Konstellationen nicht „mehr drin“ ist. Weil bei viertel- sowie halbjährlichen Raten die gleichen Zinsaufschläge wie bei den „Neumaschinen“-Finanzierungen gelten, werden diese Angebote keinesfalls lukrativer. Das Angebot „0,0 Prozent Zins bei 36 Monaten Laufzeit“ klingt interessanter. Wird das mit einer Bankenfinanzierung über 28 Monate verglichen, resultiert ein diskontierter Vorteil von 7 723 Euro sowie 2,71 Prozent (Übersicht 3, Spalten 9 und 10). Das klingt schon deutlich besser. Die Laufzeit 48 Monate wird für 0,99 Prozent Zinsen angeboten.

Den ganzen Beitrag können Sie sich hier im PDF-Format herunterladen.Dr. Mathias Schindler – LW 49/2015