Die jährliche Vertreterversammlung des Landseniorenverbandes Hessen fand vergangenen Dienstag in Alsfeld-Eudorf im Landgasthof „Schäferhof“ statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen ein Vortrag über die ärztliche Versorgung auf dem Land und die Neuwahl des Präsidiums.
Im voll besetzten Saal begrüßte Landseniorenpräsidentin Gertrud Köhler die Vertreter des Landseniorenverbandes Hessen und griff sogleich das Vortragsthema des Tages auf. „Aufgrund unseres Alters, sind wir Landsenioren oftmals persönlich davon betroffen, wenn wir lange Wege auf uns nehmen müssen, um einen Arzt zu konsultieren. Die ärztliche Versorung im ländlichen Raum wird immer schwieriger. Was wird dagegen getan?“, fragte Köhler den Referenten Matthias Nöll von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) aus Kassel.
Ärztliche Unterversorgung nur in einigen Landkreisen
Nöll bestätigte in seinem Vortrag, dass die Hausarztversorgung auf dem Land in Hessen zurückgehe, „jedoch noch nicht überall“. Anhand von Grafiken zeigte er, dass in den meisten hessischen Regionen noch von einer ausreichenden Hausärzteversorgung auszugehen sei. „Wir haben allerdings in den Kreisen Werra-Meißner, Lahn-Dill, Odenwald, Schwalm-Eder und Vogelsberg eine Unterversorgung mit Hausärzten.“ Mit Sicherstellungszuschlägen werde hier beispielsweise versucht, Ärzte zu einer Niederlassung zu bewegen beziehungsweise sie zu halten.
Notfälle und planbare Leistungen
„Wir haben in Hessen derzeit noch eine gute flächendeckende Versorgung mit Krankenhäusern“, informierte Nöll. „Bei den Behandlungen ist es notwendig, in Notfallversorgung und in planbare Leistungen zu differenzieren. Letztere sollten in medizinischen Zentren mit Terminvereinbarung durchgeführt werden.“ Grundsätzlich werde es künftig „keine ärztliche Rundumversorgung vor Ort geben. Die SVLFG spricht sich für ein dichtes Grundversorgungsnetz aus, aber Wegstrecken müssen in Kauf genommen werden“, sagte der 36-Jährige.
Früh Anreize für Medizinstudenten schaffen
In diesem Jahr hätten die wesentlichen Akteure im Gesundheitswesen das Programm „Hessischer Gesundheitspakt 2.0“ gestartet, erklärte Nöll. In circa drei Jahren würden Ergebnisse aus den folgenden Maßnahmen erwartet: Initiativen zur Sicherung der ärztlichen und pharmazeutischen Versorgung; Förderung der Famulatur (Medizinstudenten absolvieren ein vierwöchiges Praktikum in einer Hausarztpraxis. Sie erhalten einen finanziellen Anreiz (monatlich bis zu 600 Euro), wenn sie die Famulatur in einer ländlichen Arztpraxis durchführen); Förderung ausgewählter Wahlfächer im Praktischen Jahr von Medizinstudenten sowie Förderung von zwei Kompetenzzentren. „Sie sehen, dass viel getan wird, um den Medizinstudenten früh Anreize zu geben, sich später als Arzt auf dem Land niederzulassen“, sagte Nöll. Für weitere Anreize könne die Bevölkerung selbst sorgen. „Hat ein Ort keine Anziehungskraft, wird sich kein Arzt dort niederlassen wollen. Es ist also auch eine gesellschaftliche Aufgabe, das Leben auf dem Land attraktiv zu gestalten“, lautete Nölls abschließender Rat.
Neues Programm „Trittsicher durchs Leben“
Viel Anklang bei den Landseniorenvertretern fand das im Anschluss vorgestellte Projekt „Trittsicher durchs Leben“. Matthias Nöll informierte, dass dieses neue Übungsprogramm der Landwirtschaftlichen Krankenkasse in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Landfrauenverband, dem Deutschen Turnerbund und einem Stuttgarter Krankenhaus entwickelt worden sei und „insbesondere ältere Menschen aus ländlichen Regionen unterstützt, ihre Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu erhalten“. Das Trittsicher-Programm bestehe aus einem Bewegungskurs (6 x 90 Minuten), der Untersuchung der Knochengesundheit sowie der Beratung vor Ort durch einen Präventionsmitarbeiter der SVLFG in puncto Sicherheit rund um Haus und Hof. – Website: www.trittsicher.org. „Bislang ist das Programm in den Kreisen Kassel, Lahn-Dill, Wetterau, Rheingau-Taunus und Groß-Gerau gestartet. Erste Anfragen gibt es auch schon andernorts“, so Nöll. Der Wunsch, den Landseniorenverband mit in das Trittsicher-Programm zu integrieren, sei begrüßenswert, reagierte Nöll auf das große Interesse seitens der Delegierten.
Gute Zusammenarbeit der Verbände
In ihrem Grußwort machte Gudrun Stumpf, 1. stellvertretende Vorsitzende des Landfrauenverbandes Hessen darauf aufmerksam, dass es viele gute Berührungspunkte zwischen der Landsenioren- und Landfrauenarbeit gebe. „Vielen Dank für Ihren ehrenamtlichen Einsatz. Mit Ihrem Wissen und Ihren Erfahrungen sind Sie eine große Stütze unserer Gesellschaft“, so Stumpf.
Heinrich Heidel, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV) betonte die gute Zusammenarbeit zwischen dem Landseniorenverband und dem HBV. „Sie haben sich immer für die gemeinsamen berufsständischen Belange eingebracht. Dafür spreche ich Ihnen, auch im Namen von Präsident Schneider, Dank aus. Der gute Austausch und die gegenseitige Unterstützung mögen auch in der Zukunft so fortgeführt werden. Wie wichtig eine funktionierende Landwirtschaft für den ländlichen Raum ist, müssen wir noch stärker nach außen tragen“, forderte Heidel auf. Ein Thema der Zukunft sei der demografische Wandel. Eine Lösung dazu habe zwar noch keiner gefunden, „aber miteinander können wir viel erreichen. Den jungen Leuten müssen wir vorleben, wie dieses Miteinander funktioniert!“
Gedenken an Karl Stumpf
Auf der jährlichen Vertreterversammlung wird der Verstorbenen im zurückliegenden Jahr gedacht. Stellvertretend erinnerte Gertrud Köhler an den Ende Oktober verstorbenen Ehrenpräsidenten Karl Stumpf. „Er hat viel für die Landsenioren getan, bei uns in Hessen und auch bundesweit. Wir werden ihm und den anderen Mitgliedern, die leider nicht mehr unter uns sind, ein ehrendes Andenken bewahren“, so Köhler.
Wahl des Präsidiums
Nach dreijähriger Amtszeit stand die Wahl des Präsidiums des Landesverbandes der Landsenioren an. Die Wahlleitung übernahm HBV-Vizepräsident Heinrich Heidel. Wiedergewählt in das Präsidium wurden: Präsidentin Gertrud Köhler, die Vizepräsidenten Wilhelm Christmann und Giselherr Dietrich sowie die Beisitzer Ursula Eckert, Willi Gerlach, Karl-Heinz Kampe und Norbert Hanson sowie Geschäftsführer Gisbert Müller.
Aus privaten Gründen trat Vizepräsidentin Ilsabe Heymell nicht mehr zur Wahl an. „Der Landseniorenarbeit vor Ort bleibe ich aber erhalten“, versprach Heymell. Präsidentin Köhler und Geschäftsführer Müller sprachen ihr Dank und Anerkennung für ihre souveräne Arbeit aus und überreichten ihr einen Blumenstrauß.
Zur Wahl auf die Position von Ilsabe Heymell als Vizepräsidentin schlug Wahlleiter Heinrich Heidel die stellvertretende Vorsitzende der Landseniorenvereinigung Frankenberg, Eva Golde, vor. Golde wurde einstimmig in das Präsidium gewählt. „Ich mache gerne etwas für und mit Menschen und freue mich auf das neue Ehrenamt“, sagte die 68-Jährige.
Regularien und Programm für 2016
Im Anschluss fanden die Regularien statt, darunter der Tätigkeitsbericht von Präsidentin Gertrud Köhler und der Kassenbericht von Geschäftsführer Gisbert Müller. Präsidium und Geschäftsführer wurden einstimmig von der Vertreterversammlung entlastet.
Nachmittags standen ein Erfahrungsaustausch über die Altenarbeit und Altersfürsorge im Rahmen allgemeiner und sozialer Aktivitäten der Landseniorenvereinigungen sowie das Arbeitsprogramm 2016 auf der Tagesordnung. Für die regionalen Arbeitstagungen, die im März 2016 in Bebra, Frankenberg, Heppenheim und Grünberg stattfinden, wurde das Thema „Suchtgefahren im Alltag“ vorgeschlagen.
SL – LW 46/2015