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Aktionsbündnis fordert Stärkung des ländlichen Raums

Pressegespräch anlässlich der Europawahl

Für die Stärkung ländlicher Räume plädieren hessische Verbände der Agrar- und Forstwirtschaft anlässlich der kommenden Europawahl. „Die Wahlen zum Europäischen Parlament sind von großer Bedeutung, um die ländlichen Räume wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft zu rücken“, erklärte der Präsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV), Karsten Schmal, vergangenen Freitag im nordhessischen Wabern.

Erläuterten ihre Forderungen an die Politik im Vorfeld der Europawahl (v.r.): Carl Anton Prinz zu Waldeck und Pyrmont, Hessischer Waldbesitzerverband, Karsten Schmal, Hessischer Bauernverband, und Philipp Victor Russell, Familienbetriebe Land und Forst Hessen, sowie HBV-Pressesprecherin Marie-Claire von Spee. Foto: Mohr

Er erläuterte zusammen mit dem Präsidenten des Hessischen Waldbesitzerverbandes, Carl Anton Prinz zu Waldeck und Pyrmont, und dem Vorsitzenden der Familienbetriebe Land und Forst Hessen, Philipp Victor Russell, die Erwartungen der Verbände an die Politik.

Flächendeckende Landbewirtschaftung

Bei der Entwicklungsförderung von „vitalen ländlichen Räumen“ müsse künftig wieder ein Fokus auf einer „flächendeckenden Landbewirtschaftung“ liegen, mahnte Schmal. Dies müsse sich auch in der nächsten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) widerspiegeln. Schmal forderte zudem gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Landwirtschaft in Europa insbesondere mit Blick auf den Mindestlohn und dem Agrardiesel.

Bei der Waldpolitik sei eine „Rückkehr zu sachlich fundierten Argumenten“ notwendig, betonte der Präsident des Hessischen Waldbesitzerverbandes, Carl Anton Prinz zu Waldeck und Pyrmont. Eine zentrale Forderung ist angesichts von gegenteiligen Bestrebungen der EU die Stärkung der Subsidiarität. Die Politik der Waldbewirtschaftung solle in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bleiben. „Wir fordern einen Dialog auf Augenhöhe. Wir sind keine Befehlsempfänger“, so Prinz Waldeck.

Im Vorfeld die Machbarkeit von Gesetzen prüfen

Die ländliche Wirtschaft müsse attraktiver werden, beispielsweise durch Bürokratieabbau. Zudem brauche es einen „Gesellschaftsvertrag Ländliche Räume“, um den Zusammenhalt der EU zu sichern, so Philipp Victor Russell. Den Verbänden zufolge leben europaweit rund 270 Mio. Menschen und damit etwa drei Fünftel der Gesamtbevölkerung in überwiegend ländlichen Räumen. Die Land- und Ernährungswirtschaft sei für die Wirtschaft in diesen Regionen von zentraler Bedeutung. Allerdings werde das Landleben zunehmend „zur Leinwand für Emotionen“, heißt es im Vorwort des Papiers des Aktionsbündnisses ländlicher Raum Hessen, für das die drei Verbände stellvertretende sprachen. „Viele der Wünsche und Vorstellungen aus städtischen Gebieten stoßen auf Kernkonflikte mit der Realität des Landlebens.“

Damit der ländliche Raum in diesem „weltanschaulichen Spannungsfeld“ zwischen Stadt und Land nicht den Kürzeren zieht, fordern die Verbände eine „territoriale Folgenabschätzung“ für Gesetzgebungen. Alle neuen Vorschläge müssten einer „Machbarkeits- und Haushaltsbewertung“ unterzogen werden, forderte Russel. Bei umweltrelevanten EU-Strategien wie der Farm-to-Fork- oder Biodiversitätsstrategie 2030 gelte es, die maßgeblich involvierten Akteure mit einzubeziehen.

Richtlinie entwaldungsfreie Lieferketten in der Kritik

Ein sehr konkreter Kritikpunkt mit Blick auf europäische Bürokratie ist die Richtlinie für die entwaldungsfreie Lieferketten. Sie regelt, dass bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann in den Unionsmarkt ein-oder ausgeführt oder darauf bereitgestellt werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Sie soll Ende 2024 in Kraft treten.

In der EU sind unter anderem die Rinderhaltung und der Forst betroffen. Rinderhalter müssten nachweisen, dass ihre Tiere auf Flächen grasen, die nicht aus Rodungen der letzen Jahre entstanden sind. Waldbesitzer müssten in einem Portal genau angeben, auf welcher Fläche das Holz geschlagen wurde, um welche Baumart und wieviel Festmeter es sich handelt und so weiter. „Das ist ein brutaler Aufwand“, so Prinz Waldeck. Die Vertreter des Berufstandes fordern, dass Deutschland wo nachweislich mehr Waldfläche entsteht, von dieser Dokumentationspflicht befreit wird.

CM – LW 22/2024