Auf der Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen in Baunatal gab es zwei interessante Vorträge für Pferdehalter zu hören. Organisiert wurde die Tagung vom Pferdesportverband Hessen.
Die Rechtsanwältin und Sachverständige Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier referierte über „Haftung und Versicherung rund ums Pferd“ und brachte das Zitat von Voltaire mit: „Alle Menschen sind klug. Die einen vorher, die anderen nachher". Vor allem die Tierhalterhaftung und Tierhüterhaftung nach BGB, also die Haftung für Schäden, die das Pferd verursacht, standen im Mittelpunkt.
Voraussetzung für die Tierhalterhaftung ist die „Verwirklichung der Tiergefahr“, also unvorhersehbare Aktionen oder Reaktionen des Pferdes. Dabei unterscheidet die Rechtsprechung zwischen der Gefährdungshaftung für ein „Luxustier“ einerseits und der „Haftung für vermutetes Verschulden“ bei einem „Nutztier“, wo auch eine Entlastung des Pferdehalters möglich ist. Letzteres gilt auch bei der Tierhüterhaftung, der eine vertragliche Übernahme der Aufsicht über das Pferd zugrunde liegt.
Wie unterschiedlich aber die Schuldfrage bei den mit Pferden befassten Personen ausgelegt werden kann, zeigte die Referentin an Fallbeispielen auf (Unfall im Zusammenhang mit Reitunterricht und weiteren in der Halle befindlichen Pferden).
Für Verletzungsgefahren im Pferdestall steht der Stallbetreiber gerade und kann dies auch nicht durch (unwirksame) Klauseln im Einstellungsvertrag ausschließen. Die Rechtsanwältin zeigte aber auch für diesen Grundsatz Abwandlungen auf, nämlich dass der Stallbetreiber nur für offensichtliche Mängel haftet und seinen Sorgfaltspflichten Genüge getan hat, wenn er ein renommiertes Unternehmen mit der Stalleinrichtung beauftragt hatte und auf deren ordnungsgemäßen Einbau vertrauen durfte.
Um Gefahrenvermeidung und sachgerechte Pferdehaltung ging es auch im Vortrag „Einzäunung von Paddocks und Pferdekoppeln“ des Tierarztes und Beraters Dr. Karsten Zech von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Sowohl hütesicher als auch tierschutzgerecht (verletzungssicher) muss ein Zaun sein, so dass an das verwendete Zaunmaterial und die Konstruktionstechnik hohe Anforderungen zu stellen sind. Darüber hinaus soll der Zaun stabil und langlebig, natur- und umweltschutzgerecht sowie kostengünstig sein.
Ein gut konstruierter und regelmäßig gewarteter Holzzaun bietet neben einer guten Optik auch gute Hüte- und Tierschutzeigenschaften, erfordert aber hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand für die Errichtung und Instandhaltung. Kunststoffzäune erfordern ebenfalls einen hohen finanziellen Aufwand bei der Errichtung, können aber je nach UV- und Witterungsbeständigkeit wartungsärmer im Unterhalt sein. Kunststoffzäune in hoher Verarbeitungsqualität sind relativ unempfindlich gegen Alterung.
Stacheldraht und Schafknotengitter sind für Pferdeweiden gänzlich ungeeignet und daher aus Tierschutzgründen verboten. Elektrozäune bieten bei sachgerechter Materialauswahl und Installation eine hohe Hütesicherheit bei relativ geringem Materialeinsatz im Vergleich zu Holz- und Metallzäunen (bis zu 50 Prozent niedrigere Material- und Arbeitskosten). Ein guter Elektrozaun ist vor allem eine psychologische Barriere.
Die Hütesicherheit beruht fast ausschließlich auf der Konditionierung durch ausreichende Stromführung in Kombination mit einer ausreichenden Sichtbarkeit.
Häufigster Kritikpunkt ist bei den nicht fachmännisch installierten Elektrozaunsystemen die Erdung des Gerätes, auf deren Ausführung hohe Sorgfalt zu legen ist.
Auf vom Hof entfernt gelegenen Flächen erfordern Akku- oder Batteriegeräte die tägliche Kontrolle der Batterie- beziehungsweise Akku-Leistung. Die Zaunspannung ist eine entscheidende Größe für die Hütesicherheit. Damit ein Zaun hütesicher ist, muss die Spannung an jeder Stelle des Zauns mindestens 2 000 Volt betragen, empfohlen werden sogar 3 000 bis 4 000 Volt. Die Spannung nimmt über die Zaunlänge hinweg ab, dennoch muss auch an den vom Weidezaungerät weit entfernten Stellen eine ausreichende Spannung messbar sein.
Breites Band besser sichtbar, aber nicht zu breit
Als Elektrozaunmaterialien im Pferdebereich sind Breitband, Elektroseile (ø 5 bis 6 mm), Litze (ø 2 bis 3 mm) und mit leitfähigem Kunststoff ummantelte Stahldrähte (ø 7,5 mm) auf dem Markt erhältlich. Litze ist aufgrund geringer Sichtbarkeit nur in Kombination mit anderen Materialien oder als Inneneinzäunung bedingt geeignet. Breitband ist lieferbar in den Breiten 12,5 mm, 20 mm und 40 mm. Je breiter das Band, desto größer die Sichtbarkeit, aber desto größer auch die Windanfälligkeit. Zur Verbindung von Elektrozaunmaterialien sollten die Zaunbänder nicht um Isolatoren herumgewickelt oder verknotet werden, sondern professionelle Zaunverbinder eingesetzt werden. Und: Straff gespanntes Zaunmaterial mindert deutlich die Verletzungsgefahr!
In allen Pensionspferdebetrieben empfiehlt Dr. Zech die Konstruktion einer Weideschleuse, um einzelne Pferde gefahrlos aus der Weidegruppe holen zu können.
Florian Solle – LW 5/2015