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Apfelwickler in der Pfalz auf dem Vormarsch

Phänologie 2014 und Bekämpfungsstrategie 2015

In 2014 sind in Pfälzer Apfelbetrieben erstmals wieder seit Jahren Fruchtschäden durch den Apfelwickler von bis zu 3 bis 4 Prozent aufgetreten. Es handelte sich hierbei um Betriebe, die aufgrund des geringen Befallsniveaus in den vergangenen Jahren gänzlich auf Coragen oder auf die zweite Behandlung mit Coragen verzichtet hatten. Dies verdeutlicht, dass sich der Apfelwickler wieder in der Progradationsphase befindet. Wie unter den Obstbauern bekannt, treten im Pfälzer Anbaugebiet zwei vollständige Apfelwicklergenerationen auf. Seit 2004 werden am DLR Rheinpfalz in Neustadt umfangreiche Erhebungen zur Phänologie des Apfelwicklers durchgeführt. Auch hier zeigt sich: Der Apfelwickler kommt.

Eine L 5-Larve des Apfelwicklers. Foto: Harzer
Die Populationsentwicklung des Apfelwicklers zeigt für die nächsten Jahre nach oben, dieses Bild werden die Obstbauern daher vermehrt sehen, wenn sie nichts unternehmen. Foto: Harzer
Eine Apfelwicklerpuppe im Reagenzglas auf dem Diapausenbrett. Es wird die Temperatur im Reagenzglas gemessen, summiert und dann kann vorherbestimmt werden, wann die Apfelwickler den Flug starten. Foto: Harzer

In den letzten drei bis vier Jahren ist es in der Praxis um den Apfelwickler ruhig geworden. Dies lag zum einen an der effektiven Bekämpfung mit Coragen (Rynaxypyr) zum anderen daran, dass sich die Population gerade in den Jahren 2010 bis 2012 auf einem sehr niedrigen Niveau bewegte. Wie alle Insekten unterliegt auch der Apfelwickler Populationsschwankungen. Diese kann man nur durch langjährige Beobachtungen in gänzlich unbehandelten Parzellen erfassen. In Neustadt steht hierfür seit 2004 eine unbehandelte Rubinette-Parzelle zur Verfügung. Um die Populationsentwicklung zu beobachten, macht man sich ein sogenanntes Diapausebrett nach dem Modell des Versuchszentrums Laimburg in Südtirol zunutze, auf dem die diapausierenden Larven in Reagenzgläsern aufbewahrt werden, um Verpuppung und Falterschlupf zu bestimmen.

Die Apfelwicklersaison startete in 2014 aufgrund des milden Winters deutlich früher als in normalen Jahren. Die erste Puppe wurde auf dem Diapausebrett am DLR Rheinpfalz in Neustadt bereits am 10. März registriert. Im Jahr zuvor war dies erst am 16. April der Fall. Der erste Falter konnte in 2014 am 10. April am Standort in der Pheromonfalle und am 12. April auf dem Diapausebrett registriert werden.

Die Dauer der Puppenruhe der diapausierenden Individuen betrug in 2014 durchschnittlich 169,9 Taggrade effektiv. Dies bestätigt die aus den Vorjahren ermittelte Temperatursumme für die Verpuppung im Frühjahr. Aufgrund hoher Wintermortalität hatten sich von den insgesamt 100 diapausierenden Larven auf dem Überwinterungsbrett nur 38 Individuen vollständig durchentwickelt.

Infolge einer längeren kühleren Periode in der zweiten Aprildekade wurde die erste Eiablage erst am 24./25. April registriert. Der Eischlupf wurde durch die insgesamt kühle Witterung ebenfalls stark verzögert. Im Baumkäfig wurde das erste geschlüpfte Ei am 19. Mai, im Freiland am 25. Mai gefunden. Für die Eientwicklungsdauer vom 25. April bis 18. Mai wurde eine Temperatursumme von 116,5 Gradtage effektiv ermittelt.

Die erste Ausbohrung von L5-Larven der ersten Generation konnte am 15. Juni (in Apfelkiste mit Wellpappe) beobachtet werden, die erste Puppe der zweiten Generation wurde auf dem Diapausebrett am 17. Juni registriert. Der erste Falter der zweiten Apfelwicklergeneration war auf dem Diapausebrett am 6. Juli geschlüpft, rund 14 Tage früher als in normalen Jahren.

Für die gesamte Entwicklungsdauer der ersten Apfelwicklergeneration in 2014 konnte eine Temperatursumme von 661,4 Gradtagen effektiv berechnet werden.

In Abbildung 1 sind die wöchentlichen Pheromonfallenfänge und frischen Einbohrungen 2014 aus dem unbehandelten Rubinette-Quartier am DLR Rheinpfalz in Neustadt graphisch dargestellt. Die Einbohrungen begannen im Juni zunächst sehr verhalten, stiegen dann aber an und erreichten zwischen Mitte Juli und Mitte August ihren Höhepunkt. Die letzten frischen Einbohrungen durch die Larven der zweiten Generation wurden am 15. September registriert.

Die Fallenfänge und frischen Einbohrungen werden wöchentlich erhoben, wobei die Kelcheinbohrungen separat erfasst werden. Im Juli und August ist der Anteil an Einbohrungen über den Kelch bekanntermaßen am größten. Da die Rubinette-Parzelle seit 2004 nicht mehr gegen den Apfelwickler behandelt wird, spiegeln die jährlichen Auszählungen der frischen Einbohrungen die Populationsdynamik sehr gut wieder (Abb. 2). Sieht man vom Jahr 2008 ab (permanent ungünstige Witterungsbedingungen für den Apfelwickler) so befand sich der Apfelwickler von 2005 bis 2009 in der Progradationsphase, von 2010 bis 2012 in der Degradation. Seit 2013 nimmt der Befallsdruck wieder deutlich zu.

Da die Falteraktivität (Pheromonfallenfänge) nicht mit den Einbohrungen im Bestand korrelliert sind, sind Einbohrungskontrollen zur Einschätzung des Bekämpfungserfolges unumgänglich.

Kontrollen auf Einbohrungen sind unumgänglich

In Regionen mit zwei ausgeprägten Apfelwicklergenerationen muss es das Ziel sein, den Befall durch die erste Generation bis Anfang/Mitte Juli auf einem sehr niedrigen Niveau zu halten (< 0,3 Prozent). Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich die Zahl der Einbohrungen vom Ende der ersten Generation bis zur Ernte (Ende der zweiten Generation) um mindestens das fünf- bis zehnfache erhöhen kann, wenn keine konsequente Bekämpfung im Juli/August durchgeführt wird. Von daher sind Einbohrungskontrollen Mitte Juli in Regionen mit zwei Generationen zwingend erforderlich.

Einbohrungskontrollen zur Ernte geben Aufschluss über den für das kommende Jahr zu erwartenden Befallsdruck. Von diesem hängt die Intensität der Bekämpfungsstrategie im Folgejahr ab.

Wahl der jeweiligen Strategie

Die Bekämpfungsstrategie muss an die jeweilige Befallssituation angepasst werden. Der Bekämpfungserfolg hängt unter anderem von nachfolgenden Faktoren ab:

Für die Wahl der Bekämpfungsstrategie für die laufende Saison ist der Vorjahresbefall entscheidend. Lag der Befall bei der Ernte unter 0,5 Prozent können chemische oder biotechnische Verfahren jeweils alleine zum Einsatz kommen. Lag der Befall über 0,5 Prozent im Vorjahr ist eine Kombination aus chemischen Maßnahmen + Verwirrung (RAK 3) sinnvoll, um den Befallsdruck nachhaltig zu senken.

In extremen Apfelwickler-Befallslagen – im Vorjahr mehr als 5 Prozent Vermadung bei der Ernte – ist neben dem Pheromoneinsatz zur Verwirrung der männlichen Falter eine konsequente chemische Bekämpfung zu wählen, um den Befallsdruck nachhaltig zu senken (Abb. 3).

Den ganzen Beitrag können Sie sich hier im PDF-Format herunterladen.Uwe Harzer – LW 19/2015