Akzeptanz, Toleranz und einfach mal Abweichen von der Norm. Das ist das Ziel der diesjährigen Fachschulkasse. Insgesamt 17 angehende Wirtschafter und Wirtschafterinnen für Weinbau und Oenologie entwickelten am DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Oppenheim eine gemeinsame Weinlinie. Es wurden in gemeinschaftlicher Arbeit drei Weine und ein Secco hergestellt. Die Fachschülerinnen Eva Schlöder und Julia Räder stellen das Projekt Aromatic Diversity vor.
Die Idee hinter dem Projekt im einjährigen Fortbildungsgang zum Staatlich geprüften Wirtschafter für Weinbau und Oenologie ist, das selbstständige Arbeiten und die praktischen Erfahrungen in der Weinbereitung und -vermarktung zu fördern. Die Schüler lernen, sich selbstständig um die Organisation einzelner Arbeitsschritte sowohl im Weinbau, in der Kellerwirtschaft und Vermarktung zu kümmern. Stetige Unterstützung leisten die Lehrkräfte des DLR. An oberster Stelle steht das Sammeln von Erfahrungen für das weitere Berufsleben sowie das Treffen von überlegten Entscheidungen.
Welche Rebsorten und welche Geschmacksprofile?
Die Trauben der Projektweine wurden in Eigenregie gelesen, im elterlichen Betrieb oder auch am DLR, von den Schülern eigenständig verarbeitet und während des Gär- und Reifeprozesses täglich überwacht.
Im Voraus wurde präzise besprochen, welche Rebsorten verwendet werden und welche Geschmacksprofile die späteren Produkte vorweisen sollen.
Entscheidungen für die weitere Verarbeitung, eventuelle Verschnitte und die passende Flaschenausstattung sowie Etikettierung müssen getroffen werden.
Ein immer größeres und immer mehr in den Mittelpunkt rückendes Thema ist die Vermarktung der Weine. Mit Unterstützung von Ina-Johanna Becker, Rheinhessenwein e.V., lernen die angehenden Wirtschafter den strategischen Umgang mit Social Media kennen und vertreten das Projekt über eine Website, Instagram und Facebook im World Wide Web.
Entstehung der Marke Aromatic Diversity
Alle Prozesse und Entscheidungen liegen in der Hand der Schüler und ermöglichen das eigenständige Lernen in der Praxis. Und wenn im Alltag Fehler passieren, werden diese gemeinsam behoben und verbessert.
Die Zeit zwischen Beginn des Schuljahres und Leseferien betrug in diesem Jahr gerade einmal sechs Schultage. Somit war schnelles Handeln gefragt. Nach kurzer Kennenlernphase musste ein Thema für das gemeinsame Projekt gefunden werden, womit sich alle Schüler identifizieren können. Im Laufe dieser Phase stellte sich heraus, dass die Weinlinie genauso vielfältig sein muss wie die Gruppe. Nach einigen Stunden war klar: Das Thema fokussiert sich auf Aromarebsorten. Man machte sich Gedanken über die Wertevorstellungen der Gruppe, die das Projekt nach außen verkörpern soll.
Verkosten an den AgrarWinterTagen!Alle Weine des Fachschulprojekts werden mittwochs bis freitags am Stand der Fachschüler auf den AgrarWinterTagen ausgeschenkt:
Treffpunkt ist der Stand Nummer 18 in der Halle C.
Die Entwicklung einer eigenen Weinlinie
Außerdem ging es darum, Rebsorten zu präsentieren, welche eine eher geringere Strahlkraft auf dem Weinmarkt erreichen. Die Weinlinie soll zeigen, dass auch aus diesen Sorten ausdrucksstarke Weine entstehen können. Entschieden wurde, dass die Weine nicht klassisch ausgebaut werden, wie man es von den einzelnen Rebsorten erwartet und das komplette Potenzial der einzelnen Rebsorten entfaltet werden soll. Kurz vor der Lese wurde ein Fahrplan für die Erzeugung der gewünschten Geschmacksprofile der Weine als Leitfaden für das Vorgehen während der Weinbereitung erstellt. Dabei wurden die Erfahrungen und Ideen jedes Einzelnen berücksichtigt. Wichtig war außerdem, dass die Weinlinie breit gefächert ist, um möglichst viele Menschen anzusprechen. Nach der Lese wurden die Jungweine probiert und Probe-Cuvées zusammengestellt, um die bestmöglichen Aromen zu bündeln. Die Ergebnisse der einzelnen Weine haben die gesamte Klasse positiv überrascht.
Das diesjährige Produktsortiment besteht aus drei Weinen und einem Secco: Neun Rebsorten gebündelt zu vier Weinen, mit dem Fokus, die verschiedenen Aromen der Weine einzeln herauszuarbeiten und sie im Endprodukt harmonisch miteinander zu kombinieren.
Sauvignon Blanc trifft Cabernet Blanc
Beim trockenen Weißwein-Cuvée aus Sauvignon Blanc und Cabernet Blanc war es den Schülern wichtig, sowohl grüne, würzige Aromen des Cabernet Blanc als auch die frischen, gelbfruchtigen Aromen des Sauvignon Blanc zu kombinieren.
Ein Blanc de Noir-Wein aus Cabernet Sauvignon
Ein weiterer Bestandteil des Sortiments ist ein Blanc de Noir aus der Rebsorte Cabernet Sauvignon. Hier lag der Fokus darauf, etwas Neues auszuprobieren. Mit einem Cabernet Sauvignon verbindet man oft einen kräftigen Rotwein. Somit war den Schülern klar, dass sie den Versuch starten, einen leichten Weißwein daraus zu kreieren.
Cuvée aus dreierlei Muskatellern – liebliche Variante
Als lieblichster Vertreter der Linie wurde eine Cuvée aus Gelber Muskateller, Gold- und Blütenmuskateller kreiert. Dieser Wein beruht auf der Idee, die einzelnen, ausdrucksstarken und aromatischen Sorten miteinander zu verbinden und zu beweisen, dass diese auch zusammen harmonieren.
Secco aus Faber, Morio-Muskat und Scheu
Abgerundet wird die Reihe durch einen Deutschen Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure. Dieser besteht aus den Rebsorten Faberrebe, Morio-Muskat und Scheurebe. Die einzelnen Weine könnten von den Aromen und Ausbauarten unterschiedlicher nicht sein, da diese in den elterlichen Betrieben ausgebaut wurden. Der Leitgedanke war, die Individualität jedes Einzelnen zu verbinden und einen harmonischen und einzigartigen Secco zu erzeugen.
Was spiegelt die Vielfalt am besten wider?
Individualität und Kreativität waren hier gefragt. Das Etikettendesign wurde in diesem Jahr mit Hilfe der Agentur für Design und digitale Kommunikation - alma aus Mainz entwickelt. Nach einem Kennenlernen und Briefing der Idee wurden drei aussagekräftige Entwürfe für die Weinlinie Aromatic Diversity vorgestellt. Das Endergebnis ist bunt, laut und spiegelt die Vielfalt wider. Das bunte Farbschema bezieht sich auf die vielfältigen Aromen der Weine und lässt Weinliebhaber so schon erste Rückschlüsse ziehen. Eine Farbexplosion schmückt das Etikett. Zusammen in einer Reihe aufgestellt, ergeben alle Weine ein ineinander übergreifendes Bild. Als Eyecatcher befindet sich auf jeder Banderole ein von Hand etikettierter Sticker, welcher sowohl das Logo der Marke Aromatic Diversity als auch die Rebsorte zeigt.
Die AgrarWinterTage als persönliche Plattform
Glücklicherweise finden die AgrarWinterTage 2023 wieder in Mainz-Hechtsheim statt. Auch die Weinfachschule darf wieder Teil der Veranstaltung mit eigenem Stand sein, um die entwickelte Weinlinie zu präsentieren. Ziel ist, die neu gewonnenen Erfahrungen an die Besucher weiterzugeben und einen regen Austausch zu ermöglichen. Ebenfalls ist es den Fachschülern ein großes Anliegen, ein Teil der JUNG.WEIN.NACHT zu sein und dort mit der jungen Winzergeneration Erfahrungen und Ideen auszutauschen.
Trotz des straffen Zeitplans konnte wieder ein lehrreiches Projekt auf die Beine gestellt werden. Die gesamte Klasse bedankt sich deshalb bei allen Lehrern, die bei der Erreichung der Ziele und der Umsetzung aller Ideen unterstützt haben. Ebenso bei allen Sponsoren für die Dienstleistungen und Sachspenden. Ohne die Unterstützung wäre das Projekt nicht machbar gewesen. Weitere Infos zum Projekt befinden sich auf der Webseite weinfachschule.de, die über den QR-Code aufgerufen werden kann.
Eva Schlöder und Julia Räder, Fachschülerinnen DLR RNH – LW 4/2023