Die aktuelle Auswinterungssituation bei Wintergetreide und mögliche Auswirkungen auf die Saatgutversorgung im Jahr 2012 standen im Mittelpunkt der diesjährigen Mitgliederversammlung des Saatbauverbandes Hessen in der vergangenen Woche in Alsfeld-Eudorf.
Vorsitzende Annette Seifert-Ruwe ging in ihrem Jahresbericht auf die vielfältigen Aktivitäten des Verbands zur Information und Beratung der Saatgutvermehrer in Hessen ein. Mit dem Bundesverband Deutscher Saatguterzeuger (BDS) habe man viele Verbesserungen für die Mitgliedsbetriebe erreicht, so zum Beispiel einen nachträglichen Zuschuss für die Auditierung im Qualitätssicherungssystem Saatgut (QSS. Zudem haben sich die Vermehrer-Organisationen an dem Projekt „Zertifizierte Beizstelle“ mit dem Ziel beteiligt, eine qualitativ hochwertige Beizung in Hofbeizanlagen auch zukünftig zu ermöglichen.
Beizqualität einheitlich prüfen
Unter den Gästen freute sich Seifert-Ruwe auch den Vorsitzenden des BDS, Dr. Gerhard Schilling, zu begrüßen. Dr. Schilling ging auf das Thema Qualitätssicherung ein. Er forderte einheitliche Maßstäbe an die Beizqualität anzulegen, unabhängig davon, ob das Saatgut aus zertifizierter Erzeugung oder aus Nachbau stamme.
Weiterhin mahnte Dr. Schilling längst überfällige Veränderungen zu einer gerechteren Umsetzung der Nachbauregelung an. Diese dürften jedoch nicht mit der Brechstange durchgesetzt werden, sondern müssten im Dialog zwischen Züchtern, Saatgutverbrauchern und Vermehrern erarbeitet werden. Dem erheblichen Strukturwandel bei der Saatgutvermehrung in landwirtschaftlichen Betrieben müsse mittelfristig durch Kooperation und Zusammenschlüsse regionaler Saatbauverbände Rechnung getragen werden.
Sehr gute Saatgutqualitäten
Dr. Elke Nitschke, Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL), Kassel, berichtete von guten Saatgutqualitäten der hessischen Vermehrungspartien aus der Ernte 2011. Insgesamt wurden rund 700 Proben auf Keimfähigkeit und Reinheit untersucht. Bei Winterweizen lagen 99 Prozent der Proben über 92 Prozent Keimfähigkeit.
Uwe Sander, Leiter der Anerkennungsstelle beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, lobte die Arbeit der Feldanerkenner, die 2011 wegen der ungleichmäßigen Bestände eine schwierige Aufgabe zu bewältigen hatten. Sander betonte, dass die guten hessischen Saatgutqualitäten auch in der amtlichen Saatgutverkehrskontrolle bestätigt würden. Die hessische Saatgutvermehrungsfläche von rund 4 300 ha ist traditionell auf die Versorgung des regionalen Saatgutmarktes ausgerichtet. 2011 wurde wegen Qualitätsproblemen in Norddeutschland auch hessisches Saatgut übergebietlich vermarktet.
Bernd Schröder, RWZ-Kurhessen-Thüringen, berichtete für die VO-Firmen über die Marktsituation bei Saatgut aus der Ernte 2011. Aufgrund der schwierigen Erntebedingungen beim Konsumgetreide konnten hohe Absatzquoten bei Saatgut erzielt werden, dies galt bereits für die Ernte 2010. Schröder sprach von zwei relativ guten Saatgutjahren für seine VO-Firma.
Er erwartet, dass es auf einigen Standorten zu Umbrüchen insbesondere bei Winterweizen kommt, die Neuansaat mit Sommergetreide sei eine Alternative. Sommergetreide-Saatgut sei bei Handel und Genossenschaften noch verfügbar, jedoch können nicht alle Sortenwünsche erfüllt werden. Vor dem beabsichtigten Umbruch von Vermehrungsbeständen empfiehlt Schröder den Vermehrern, mit dem Züchter beziehungsweise der VO-Firma Kontakt aufzunehmen.
Frühsaaten besonders betroffen
Landwirte und Berater berichteten von teilweise erheblichen Auswinterungsschäden, insbesondere bei früh gesätem Winterweizen in windoffenen Lagen. Sowohl in der Praxis als auch in den Pflanzenbauversuchen des LLH zeigen sich zudem deutliche Sortenunterschiede. Gabriele Käufler vom LLH-Beratungszentrum Eichhof bestätigte, dass die Sortenversuche erstmals seit vielen Jahren wieder Bonituren zur Winterhärte und Auswinterungsneigung von Sorten ermöglichen.
Gemeinsame Vortragsveranstaltung
Bei den Verbandsregularien wurden Vorstand und Geschäftsführung von der Mitgliederversammlung einstimmig für das Geschäftsjahr 2011 entlastet. Der Haushaltsvoranschlag für 2012 ist ausgeglichen, er wurde von der Versammlung einstimmig angenommen. Zu Kassenprüfern für die nächsten beiden Haushaltsjahre wurden Frank Breidenbach und Konrad Kaiser gewählt.
Anschließend wurde gemeinsam mit dem Land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverband für Hessen, dem Hessischen Pächterverband und dem Hessischen Grundbesitzerverband eine Vortragsveranstaltung über das Thema „Herausforderung Welternährung – Chance für unsere Landwirtschaft?“ mit einem hochinteressanten Vortrag von Dr. Manfred Kern, Bayer Cropscience AG, durchgeführt. Durch Zusammenlegung der Mitgliederversammlungen der vier Verbände an einem Tag wurde der Versuch gestartet, die knappe Zeit für alle Mitglieder effektiv zu nutzen. Das erste Fazit der Organisatoren war überwiegend positiv.
me – LW /2012