Im Vorfeld des Landeserntedankfestes lud der Hessische Bauernverband vorige Woche zu einem Pressegespräch nach Niddatal in der Wetterau ein. Die Themen waren die diesjährige Ernte, Betriebsergebnisse und das Landeserntedankfest, das der Verband in diesem Jahr zum 30. Mal veranstaltet hat.
Nach einer ersten Auswertung sind in Hessen 1,99 Mio. t Getreide geerntet worden und damit circa 5 Prozent weniger als im Durchschnitt der letzten Jahre, so Peter Voss-Fels, Generalsekretär des Hessischen Bauernverbandes. Grund für die leicht unterdurchschnittliche Ernte in Hessen ist der außergewöhnliche Witterungsverlauf gewesen. Die Ernte 2011 sei durch eine große Bandbreite in den Erträgen gekennzeichnet, wie Voss-Fels erläuterte.
Zur Entwicklung auf den Märkten
Die Anbaudbedingungen waren schwierig, besonders beim Raps. Zur Aussaat im August war es zu nass, der Winter habe Frostschäden in den Kulturen hinterlassen und das Frühjahr sei zu trocken und zu heiß gewesen, weshalb beim Raps mit im Mittel etwa 32 dt/ha rund 20 Prozent weniger geerntet wurde. Mit minus zwei Prozent waren die Verluste beim Winterweizen geringer.
Die Getreideernte 2011 wurde immer wieder durch Niederschläge unterbrochen, so dass die Ernteperiode insgesamt länger dauerte als im Durchschnitt der vorherigen Jahre. Besonders betroffen seien Nordhessens Regionen und die Mittelgebirgslagen gewesen, wo sich die Ernte bis Anfang September hingezogen habe. „Die Bauern mussten das Getreide von den Feldern stehlen.
Es war eines der schwierigsten Anbaujahre in der Geschichte – aber dennoch nicht unerfolgreich“, konstatierte Generalsekretär Voss-Fels. Die Getreidepreise seien derzeit in etwa auf dem Niveau des Vorjahres, der Preis für Raps liege mit circa 41 bis 42 Euro/dt über dem im Vorjahreszeitraum von rund 36 Euro/dt. Für Braugerste werde zur Zeit etwa 21,5 Euro/dt bezahlt, gegenüber 19 Euro/dt im Vorjahr. Allerdings fange der Preisanstieg bei Weitem nicht den deutlich niedrigeren Ertrag der Braugerste gegenüber den Vorjahren auf.
Mit etwa 170 000 ha ist Weizen mit Abstand die bedeutendste Ackerfrucht in Hessen, gefolgt von Gerste und Raps, wie Voss-Fels mitteilte. Die gesamte Getreideanbaufläche Hessens verringerte sich von knapp 301 000 ha (2007) auf 298 900 ha (2011). Auf den Zeitraum bezogen sind das 0,6 Prozent weniger. Der Durchschnittsertrag aller Getreidearten liegt laut der Bilanz des HBV mit circa 66 dt/ha um 5 Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahres.
Ebenso informierte der HBV über die laufende Ernte bei Zuckerrüben, Mais und Kartoffeln. Es werde bei Silo- und Körnermais von sehr guten Erträgen ausgegangen. Bei Zuckerrüben rechnet man mit einer Rekordernte, so beispielsweise in der Wetterau mit etwa 76 t/ha bei einem Zuckergehalt von 18 Prozent. Auch der Ertrag bei Kartoffeln sei gut, jedoch die Sortierung häufig nicht zufriedenstellend. Aufgrund der Frühjahrstrockenheit haben die Pflanzen weniger Knollen angesetzt und der Regen im Sommer hat dann Übergrößen gebracht. Ferner wurde über die Ernte von Spargel und Erdbeeren sowie die großen Verluste der Gemüsebauern in Hessen durch die EHEC-Krise im Mai/Juni informiert, in einer Jahreszeit, in der normalerweise der Umsatz der Feldgemüseanbauer im Jahreshoch sei.
Außerdem bezog der Generalsekretär Stellung zur Bauernverbandskampagne gegen den starken Landverlust. Rund 700 000 ha beträgt die landwirtschaftliche Fläche Hessens derzeit. Statistisch betrachtet verliert Hessen täglich fünf ha Land und damit in nur vierzehn Tagen die Existenzgrundlage eines Haupterwerbsbetriebs, so Voss-Fels. Bevor neue Baugebiete ausgewiesen würden, solle versucht werden, Ortskerne zu nutzen. Auch müsse der naturschutzrechtliche Ausgleich auf ein notwendiges Maß reduziert werden. Zur Energiewende könne die Landwirtschaft nur beitragen, wenn sie über genügend Flächen verfüge.
Keinen großen Einfluss auf die Brot- und Brötchenpreise hätten steigende Agrarpreise, auch wenn dies oft in der Öffentlichkeit so dargestellt werde. Von einem Euro Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel erhalte der Landwirt heute durchschnittlich nur noch 21 Cent, Tendenz fallend, so Voss-Fels. Am niedrigsten sei der Erlösanteil bei Brotgetreide und Brotgetreideerzeugnissen mit circa 4 Prozent.
Sauenhalter stehen unter Druck
Voss-Fels sprach detailliert zur Entwicklung der Betriebsergebnisse. „Nach einer ersten Auswertung des Wirtschaftsjahres 2010/11 beläuft sich der durchschnittliche Gewinn je Familien-Arbeitskraft auf rund 3 000 Euro im Monat.“ Dieser Betrag sei jedoch nicht mit dem Lohn eines Arbeitnehmers gleichzusetzen. Davon müssten noch die Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und Nettoinvestitionen bezahlt werden.
Große Unterschiede wurden zwischen den Betriebsformen deutlich: Im Schnitt der 550 analysierten Betriebe aus Hessen konnten zwar seit langem endlich wieder Nettoinvestitionen realisiert werden. Jedoch bereiten dem Generalsekretär die Veredlungsbetriebe Sorgen, hier besonders die schwierige Lage der Ferkelerzeuger. „Seit über einem Jahr passiert bei den Ferkelpreisen nichts“, so Voss-Fels. In der Ferkelproduktion ergebe sich allein durch gestiegene Futterkosten eine Mehrbelastung von circa 12 Euro je Ferkel.
Wertschöpfung in der Region
Der Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Wetterau-Frankfurt, Herwig Marloff, berichtete über Struktur und Besonderheiten der Betriebe in seinem Verbandsgebiet. Die Rübenanbaufläche sei in der Wetterau von 8 000 ha in den 80er Jahren auf nun 4 000 ha gesunken.
Mit dem Verlust der Zuckerfabriken Friedberg und Groß-Gerau hätten die Landwirte keine ortsnahen Werke mehr, obwohl sich der fruchtbare Landkreis bestens für Rübenbau eigne. Aber drei Mühlen seien in der Region (Frankfurt, Kilianstädten, Schöneck) in Betrieb. Ihre Existenz sei wichtig für mehr Wertschöpfung der landwirtschaftlichen Betriebe in der Region. Denn: „Alles, was an Rädern hängt, kostet uns Landwirten Geld“, so Marloff.
Moe – LW /2011