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Bauern hatten schweres Jahr zu meistern

HBV: Ernteergebnisse 2011 betrieblich sehr unterschiedlich

Der Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Wetterau-Frankfurt, Herwig Marloff, der Generalsekretär des Hessischen Bauernverbandes, Peter Voss-Fels und der Pressesprecher des HBV, Bernd Weber (v.l.) warben bei der Pressekonferenz zum Landeserntedankfest 2011 für einen landsparenden Flächenausgleich, wie hier bei der Renaturierung der Nidda, um die Problematik zu entschärfen. Foto: Moe

Im Vorfeld des Landeserntedankfestes lud der Hessische Bauernverband vorige Woche zu einem Pressegespräch nach Niddatal in der Wetterau ein. Die The­men waren die diesjährige Ernte, Betriebsergebnisse und das Landes­ern­tedankfest, das der Verband in diesem Jahr zum 30. Mal veranstaltet hat.

Nach einer ersten Auswertung sind in Hessen 1,99 Mio. t Ge­trei­­de geerntet worden und damit circa 5 Prozent weniger als im Durchschnitt der letzten Jahre, so Peter Voss-Fels, Generalsekretär des Hessischen Bauernverbandes. Grund für die leicht un­terdurch­schnittliche Ernte in Hessen ist der außer­gewöhnli­che Witterungsverlauf gewesen. Die Ernte 2011 sei durch eine große Bandbreite in den Erträgen gekennzeichnet, wie Voss-Fels erläuterte.

Zur Entwicklung auf den Märkten

Die Anbaudbedingungen waren schwierig, besonders beim Raps. Zur Aussaat im August war es zu nass, der Winter habe Frost­schä­den in den Kulturen hinterlassen und das Frühjahr sei zu trocken und zu heiß gewesen, weshalb beim Raps mit im Mittel etwa 32 dt/ha rund 20 Prozent weniger geerntet wurde. Mit minus zwei Prozent waren die Verluste beim Winterweizen geringer.

Die Getreideernte 2011 wurde immer wieder durch Niederschläge unterbrochen, so dass die Ernteperiode insgesamt länger dauerte als im Durchschnitt der vorherigen Jahre. Besonders betroffen seien Nord­hessens Regionen und die Mittelgebirgslagen gewesen, wo sich die Ernte bis Anfang September hingezogen habe. „Die Bauern mussten das Getreide von den Feldern stehlen.

Es war eines der schwierig­s­ten Anbaujahre in der Geschich­te – aber dennoch nicht un­er­­folg­reich“, konstatierte Generalsekretär Voss-Fels. Die Getreidepreise seien derzeit in etwa auf dem Niveau des Vorjahres, der Preis für Raps liege mit circa 41 bis 42 Euro/dt über dem im Vorjahreszeitraum von rund 36 Euro/dt. Für Braugerste werde zur Zeit etwa 21,5 Euro/dt bezahlt, gegenüber 19 Euro/dt im Vorjahr. Allerdings fange der Preisanstieg bei Weitem nicht den deutlich niedri­geren Ertrag der Braugerste gegenüber den Vorjahren auf.

Mit etwa 170 000 ha ist Weizen mit Abstand die bedeutendste Ackerfrucht in Hessen, gefolgt von Gerste und Raps, wie Voss-Fels mitteilte. Die gesamte Getreideanbaufläche Hessens verringerte sich von knapp 301 000 ha (2007) auf 298 900 ha (2011). Auf den Zeitraum bezogen sind das 0,6 Prozent weniger. Der Durchschnittsertrag aller Getreidearten liegt laut der Bilanz des HBV mit circa 66 dt/ha um 5 Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahres.

Ebenso informierte der HBV über die laufende Ernte bei Zuckerrüben, Mais und Kartoffeln. Es werde bei Si­lo- und Körnermais von sehr guten Erträgen ausgegangen. Bei Zucker­rüben rech­net man mit einer Rekord­ern­te, so beispielsweise in der Wet­­terau mit etwa 76 t/ha bei einem Zuckergehalt von 18 Prozent. Auch der Ertrag bei Kartoffeln sei gut, jedoch die Sortierung häufig nicht zufriedenstellend. Aufgrund der Frühjahrstrockenheit haben die Pflanzen weniger Knollen angesetzt und der Regen im Sommer hat dann Übergrößen gebracht. Ferner wurde über die Ernte von Spar­gel und Erdbeeren sowie die großen Verluste der Gemüsebauern in Hessen durch die EHEC-Krise im Mai/Juni informiert, in einer Jahreszeit, in der normalerweise der Umsatz der Feld­gemüseanbauer im Jahreshoch sei.

Außerdem bezog der Generalsekretär Stellung zur Bauernverbandskampagne gegen den starken Land­­­­verlust. Rund 700 000 ha beträgt die landwirtschaftliche Fläche Hessens derzeit. Statis­tisch betrachtet verliert Hessen täglich fünf ha Land und damit in nur vierzehn Tagen die Exis­tenz­grund­lage eines Haupt­er­­­werbs­be­triebs, so Voss-Fels. Bevor neue Baugebiete ausgewiesen würden, solle versucht werden, Ortskerne zu nut­zen. Auch müsse der naturschutzrechtliche Ausgleich auf ein not­­­wen­di­ges Maß reduziert werden. Zur Ener­gie­­wen­de könne die Landwirtschaft nur beitragen, wenn sie über genügend Flächen verfüge.

Keinen großen Einfluss auf die Brot- und Brötchenpreise hätten steigende Agrarprei­se, auch wenn dies oft in der Öffentlichkeit so dargestellt werde. Von einem Euro Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel erhalte der Land­wirt heute durchschnittlich nur noch 21 Cent, Tendenz fallend, so Voss-Fels. Am niedrigsten sei der Erlös­anteil bei Brotgetreide und Brotgetreideerzeugnissen mit circa 4 Prozent.

Sauenhalter stehen unter Druck

Voss-Fels sprach detailliert zur Entwicklung der Betriebs­­er­geb­nis­se. „Nach einer ersten Auswertung des Wirt­­­schafts­jahres 2010/11 beläuft sich der durchschnittliche Gewinn je Famili­en-Arbeitskraft auf rund 3 000 Euro im Monat.“ Dieser Betrag sei jedoch nicht mit dem Lohn eines Arbeit­neh­mers gleichzusetzen. Davon müss­ten noch die So­zial­ver­si­che­­rungs­bei­träge, Steu­ern und Nettoin­ves­ti­ti­o­nen bezahlt werden.

Große Unterschiede wur­­­­den zwi­schen den Be­triebsfor­men deut­lich: Im Schnitt der 550 ana­lysierten Betriebe aus Hessen konnten zwar seit langem endlich wieder Netto­in­ves­­titio­nen realisiert werden. Jedoch bereiten dem Generalsekretär die Vered­lungs­­­be­­­­­trie­be Sorgen, hier besonders die schwierige Lage der Ferkelerzeuger. „Seit über einem Jahr passiert bei den Ferkelpreisen nichts“, so Voss-Fels. In der Ferkelproduktion ergebe sich allein durch gestiegene Futterkos­ten eine Mehr­belas­tung von circa 12 Euro je Ferkel.

Wertschöpfung in der Region

Der Vorsitzen­de des Regio­nalbauernver­bandes Wetterau-Frank­furt, Herwig Marloff, berich­tete über Struktur und Be­­son­der­hei­ten der Betriebe in seinem Verbandsgebiet. Die Rübenanbaufläche sei in der Wetterau von 8 000 ha in den 80er Jahren auf nun 4 000 ha gesunken.

Mit dem Verlust der Zucker­fabri­ken Friedberg und Groß-Gerau hätten die Landwirte keine orts­nahen Werke mehr, obwohl sich der fruchtbare Landkreis bestens für Rüben­­bau eigne. Aber drei Mühlen seien in der Region (Frankfurt, Kilianstäd­ten, Schöneck) in Betrieb. Ihre Existenz sei wichtig für mehr Wert­schöpfung der landwirt­schaft­­­lichen Betriebe in der Region. Denn: „Alles, was an Rä­­dern hängt, kostet uns Landwirten Geld“, so Marloff.

Moe – LW /2011