Das NIKIZ-Forscherteam an der Justus-Liebig-Universität Gießen vermeldet erste Erfolge: Es konnten zum einen Nymphen der Schilf-Glasflügelzikade unter Labor- und Gewächshausbedingungen bis zum ausgewachsenen Stadium gehalten und zum anderen Pilze und Bakterien als mögliche Gegenspieler der Zikaden isoliert und bestimmt werden.
Mit dem Partner e-nema in Kiel konnten auch kleine Fadenwürmer als natürliche Feinde der invasiven Zikaden gefunden werden. Damit sind die NIKIZ-Projektpartner dem Ziel, eine biologische Bekämpfungsstrategie zu entwickeln, einen Schritt nähergekommen. Zum ersten Mal in Deutschland wird somit die biologische Bekämpfung von Zikaden und anderen Schädlingen in Zuckerrüben im engen Schulterschluss von Praxis, Beratung und Forschung erforscht und in der Praxis erprobt.
Nützlinge bereits im Feldversuch
Der Klimawandel fördert die Einwanderung neuer Schädlinge wie die Schilf-Glasflügelzikade. Sie kommt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und wanderte, mit einem pflanzenschädigenden Bakterium infiziert, nach Südwestdeutschland ein. Die Zikade hat sich vom Schilf ausgehend an Zuckerrüben und Weizen angepasst und wurde einer der gefährlichsten Schädlinge für den Zuckerrübenanbau weltweit.
In den Laboratorien in Kiel und Gießen werden jetzt natürliche Gegenspieler der Zikaden – zum einen kleine Fadenwürmer, sogenannte Nematoden, zum anderen aus kranken Zikaden selbst isolierte Bakterien und Pilze – auf ihre Wirksamkeit gegen die gefährlichen Schädlinge getestet. „Wir erfinden keine neuen Organismen, wir nutzen die Natur und wollen dafür sorgen, dass die Zikaden nicht explosionsartig die Felder erobern, wie es in den letzten Jahren in großen Teilen Baden-Württembergs passiert ist“, erläutert NIKIZ-Projektleiter Dr. Christian Lang. Die nützlichen Nematoden kommen bereits in diesem Jahr in Feldversuchen zum Einsatz, und die verwendete Nematodenart stürzt sich erfreulicherweise mit besonderem Eifer auf die Nymphen der Zikaden.
Intensive Suche nach natürlichen Gegenspielern
Neben der Schilf-Glasflügelzikade hat das NIKIZ-Projekt auch andere Insekten, die die Rübe schädigen können, im Fokus. „Die Natur hat für alle Insekten auch Gegenspieler parat. Wir müssen diese natürlichen Gegenspieler finden, isolieren, vermehren und dann einsetzen“, erläutert Projekt-Partner Dr. Kwang-Zin Lee vom Fraunhofer-Institut in Gießen. Genau diese Gegenspieler erforschen die Wissenschaftler gerade. Das NIKIZ-Projekt bietet mit der direkten Verbindung in die Praxis hervorragende Möglichkeiten, fortlaufend Insekten aus den Zuckerrübenflächen für Versuche entnehmen zu können. Es gebe auch gute Ansätze in der Biotechnologie, die noch erforscht werden müssten.
Die neuen Projekt-Ergebnisse stimmen die Zuckerrübenerzeuger hoffnungsvoll. „Auch wenn es erst der Anfang ist – der eingeschlagene Weg erscheint aktuell sehr erfolgversprechend. Wir brauchen jetzt aber auch politisch noch mehr Unterstützung für innovative Forschung. Biologische oder biotechnologische Bekämpfung kann nur mit staatlicher Hilfe schneller die Chemie ersetzen. Die Politik ist hier gefordert, endlich deutlich mehr zu tun“, erklärt Walter Manz, Vorsitzender des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer mit Blick auf die immer größeren Probleme mit Schädlingen in der Praxis.
LW – LW 24/2020