Im Kreis Kusel sind die Landwirte dabei, wenn Eberhard Hartelt, der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, in Grünen Westen nach Berlin ziehen wird. Auch beim Aktionstag des DBV und BWV im Juni in Kaiserslautern hatten viele Landwirte gesehen, wie wichtig, die Gespräche mit den Städtern sind. „Wir stießen auf viel Verständnis. Denn jeder Mensch will mehr über Landwirtschaft und somit über die Herkunft seiner Lebensmittel wissen“, sagte Marcel Müller, der BWV-Kreisvorsitzende für Kusel.
Ob in Zeitungen oder in den sozialen Netzwerken im Internet, die negativen Meldungen über die Landwirtschaft sind vielfältig und nur selten sachlich. „Wir müssen den Dialog suchen und zuhören“, so Müller. Er sprach von einer wachsenden Doppelmoral in der Gesellschaft: Klimabesorgte Bürger sprechen sich gegen Coffee-to-go-Becher aus, reisen jedoch mehrmals im Jahr per Billigflieger ins Ausland; Biogas ja, doch Maisanbau nein; Saisonal ja, aber auch israelische Erdbeeren sind schön; Windkraft ja, aber nicht vor meiner Haustüre; günstiges Fleisch ja, aber nur mit Tierschutz und am besten ohne Schlachtung.
„Wir sind im Würgegriff von gesellschaftlichen Erwartungen, Wetterextremen und der geringen Bereitschaft faire Preise für unsere Produkte zu zahlen“, sagte Hartelt. Denn auch hier im Kreis Kusel sei die Trockenheit nicht spurlos an den Betrieben vorbeigegangen. Viele Betriebe warten auf ein Jahr, in dem die Natur, die Erträge und endlich auch die Preise auskömmlich seien. Nur so könne die Jugend Pläne schmieden, um diese den Banken vorzulegen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe müsse gesteigert werden mit verlässlichen Rahmenbedingungen und besseren Preisen.
Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe steigern
Doch derzeit verliere gerade Deutschland, das die europäische Fahne hochhalte, stark an Wettbewerbsfähigkeit. Hartelt lobte in diesem Zusammenhang die Haltung des rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministers Dr. Volker Wissing, der sich klar für Pflanzenschutzmittel ausspricht solange es keine Alternativen gebe. In der Humanmedizin wäre dies undenkbar, einfach mal Medikamente vom Markt zu nehmen, verglich Hartelt.
Er ärgerte sich sehr über ein Zitat von der rheinland-pfälzischen Umweltministerin und Ökolandwirtschaftsministerin Ulrike Höfken im Rahmen der Grünen Woche in Berlin, die einem Journalisten antwortete, was ihr zum Thema Landwirtschaft einfalle: „Dabei denke ich an Stickstoff, Pestizide und industrielle Produktionsstrukturen, die die Umwelt belasten.“ „Und dies aus dem Munde einer Ministerin aus unserem Land, die genau weiß, dass wir solche Strukturen gar nicht haben. Was sollen wir da von Menschen erwarten, die nichts von Landwirtschaft wissen?“ Berlin, das sei ein besonderes Parkett. Nichts sei unmöglich.
Zum Tierwohllabel, das am Tag der Versammlung von Klöckner vorgestellt wurde, sagte Hartelt, es werde schon torpediert. Der Deutsche Bauernverband wollte eine Kennzeichnung von 0 bis 4, wobei 0 keinerlei Standard kennzeichnen sollte. Bei 4 wollte man eine Kennzeichnung wie beim „Grünen Strom“ ohne jedes Lendchen oder jede Haxe zuordnen zu müssen. „Wir machen alles“, sagte Hartelt, „doch es muss klar sein, wer dies bezahlt.“ So auch bei der Ferkelkastration. Nun habe man zwei Jahre Zeit, Lösungen zu finden. Das werde nicht einfach, denn in den ausgedünnten Regionen wie hier in Kusel, ist es nicht selbstverständlich, dass es genügend Tierärzte gebe. Daher setzte der BWV auf den „vierten Weg“, die örtliche Betäubung. „Scheitert dies, dann ist es das Ende für die heimischen Ferkelerzeuger und Mastbetriebe“, sagte Hartelt.
Der Landkreis Kusel liegt laut § 13 der Düngeverordnung in grünen Gebieten, sodass hier keine verschärfenden Maßnahmen getätigt werden müssen, dennoch verlange die EU eine Verschärfung des Düngerechts in Deutschland – eine Forderung sei das Verbot der Herbstdüngung für alle Gebiete, egal ob rot oder grün.
Frankreich baut Zaun gegen ASP zu Belgien
Zur ASP sagte Dr. Jürgen Feind vom Veterinäramt in Kusel, dass die Belgier diese trotz groß angelegter Keulung der Hausschweine nicht in den Griff bekommen, dass die Tschechen es geschafft haben und dass die Franzosen große Angst haben, dass die Seuche von Belgien eingeschleppt werde. Daher habe sich Frankreich für den Bau eines Zaunes zu Belgien entschieden und wolle eine wildschweinfreie Zone hinter dem Zaum schaffen. Jäger und das Militär seien dafür zuständig, erklärte Feind. Er sei davon überzeugt, dass bei einem Ausbruch in Deutschland man eine Chance habe die ASP zu verhindern, wenn der erste Kontakt relativ schnell gefunden werde. Es wurden alle Schweinehalter, die Forstwirtschaft und die Jäger angeschrieben, auch Merkblätter in vier Sprachen stehen zur Verfügung. „Auf natürliche Weise würde es noch lange dauern bis die ASP in den Landkreis komme, denn man rechne mit 15 bis 30 km Wegstrecke pro Jahr“, so Feind. Müller ergänzte, dass jedoch der Mensch die größte Gefahr sei.
Bald Impfstoff mit zwei Typen der Blauzungenkrankheit
Was die Blauzungenkrankheit betreffe, seien aktuell fünf Fälle in Rheinland-Pfalz bekannt. Der Landkreis Kusel sei eingekreist und es werde nicht mehr lange dauern bis der erste Fall hier auftrete, prognostizierte Feind. Er gehe davon aus, dass irgendwann ganz Deutschland betroffen sein werde. Wer impft, sollte den Typ 8 wählen und wer ganz sichergehen wolle, auch den Typ 4, der bereits in Frankreich auftritt. Ab März werde Boehringer Ingelheim ein Kombiimpfstoff auf den Markt bringen, der die beiden Typen 4 und 8 abdecke, sagte Amtstierarzt Udo Wissinger.
Zum Schluss berichtete Steuerberater Rudi Werner noch von der Grundsteuerreform. Ziel sei, dass die Grundsteuer nicht erhöht werde, sondern neutral ausgehandelt werde. 14 Mrd. Euro verdiene der Bundesfinanzminister über die Grundsteuer. Knapp 400 Mio. Euro stammen aus der Landwirtschaft. Doch die neue Berechnung der landwirtschaftlichen Grundsteuer, die von Kreisverwaltungen und Ämtern neu berechnet werden müsste, koste knapp 300 Mio. Euro, also Dreiviertel der Steuern. „Über den Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz muss laut diskutiert werden, ob dies in Zeiten von Entbürokratisierung und Kostensparen sinnvoll ist“, fasste Werner zusammen.
zep – LW 7/2019