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Braucht Deutschland noch Zwiebelimporte?

Stetig steigende Anbauflächen bei Zwiebeln

Bei der Mitgliederveranstaltung des Fachverbandes Deutsche Speisezwiebeln Mitte Mai in der Zitadelle in Mainz blickten die Teilnehmer nach der Delegiertenversammlung des Verbandes nach vorne. Denn an die schlechten Preise aus dem Jahr 2017 möchte sich keiner erinnern. Sonja Illert von der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft gab einen detaillierten Marktüberblick. Neue Sortenversuchsergebnisse von Dr. Gerald Lattauschke aus Dresden, ein Vortrag von Sabine Stauf aus Veitshöchheim über neue Lenksysteme zur Unkrautregulierung sowie eine Präsentation von Alois Ostermeyer zum neuen Pflanzenschutzmittel Benevia rundeten das Programm ab.

Die wichtigste Eigenschaft einer Zwiebel für ihren Anbauer ist ihre Druckfestigkeit und damit die möglichst lange Lagerfähigkeit. Je fester, desto länger lässt sich die Zwiebel lagern. Foto: Landpixel

In eigener Sache gab der Präsident des Fachverbandes Deutsche Speisezwiebel, Klemens Freiherr von Eerde aus Nordrhein-Westfalen, bekannt, dass er im kommenden Jahr nicht mehr für eine Wiederwahl zur Verfügung stehe und nun jüngere an das Ruder des Verbandes gehören. Geschäftsführerin Andrea Schneider vom Fachverband Deutsche Speisezwiebel forderte die Teilnehmer auf, sich umgehend um eine Nachfolge zu bemühen. Denn die Herausforderungen für den Verband erlauben keine Vakanz.

Anbaufläche europaweit hoch

Der Rückblick auf das Jahr 2017 von Illert zeigte, dass die Anbaufläche in Deutschland nochmals ausgedehnt wurde auf knapp 11 800 ha, wobei vor allem der Anbau von roten Zwiebeln und Biozwiebeln zunahm. Die deutsche Ernte betrug 541 000 t. Insgesamt bleibt die Zwiebelanbaufläche in Europa auf einem hohen Niveau von 100 800 ha. Dabei haben besonders die Niederländer mehr und mehr Zwiebeln angebaut, obwohl die Preise seit 2016 einen Abwärtstrend zeigen. Auch derzeit stellen die Niederländer ein Unsicherheitsfaktor am Markt dar, denn es sei nicht klar, wie viel Zwiebeln dort noch im Lager liegen. Der Export der Niederländer in afrikanische Länder und nach Brasilien wurde deutlich gesteigert und die Qualität der lagernden Ware sei ebenso fraglich, denn es war sehr nass zur Ernte.

In den AMI-Grafiken konnte gesehen werden, dass besonders im Jahr 2017 große Preisdifferenzen zwischen groß- und kleinfallenden Partien vom LEH bestanden und dass die deutsche Ware im Herbst 2016 recht zügig aus den Lagern abgeflossen sei. Zum 15. Februar 2017 waren noch 83 000 t deutsche Speisezwiebeln vorhanden. „Das ist dieses Jahr nicht viel anders. Zum 15. Februar 2018 hatten wir nur noch 72 000 t deutsche Ware in den Lagern“, bemerkte Illert. Es stelle sich die Frage, ob Deutschland überhaupt noch Importe benötige, konstatierte die Expertin. Die Produktion sei auf Rekordhöhe, steige stetig, die CA-Lagerung sowie die Behandlung mit Maleinsäure fördern die Langzeitlagerung, der Handel fragt nach deutscher Ware und die Importe von der Südhalbkugel sind zurückgegangen.

Preise zum Saisonende animieren nicht, in Lagerung zu investieren

Die nach Deutschland importierte Ware stamme überwiegend aus Spanien im Jahr 2016 mit 95 000 t, den Niederlanden mit 68 000 t und Neuseeland mit 30 000 t. Der Import wurde 2017 insgesamt leicht gesenkt. Im Jahr 2016 wurden 248 000 t Zwiebeln importiert. Werden die Biozwiebeln, rote Zwiebeln und Gemüsezwiebeln abgezogen, dann bleiben 125 000 t Gelbe Speisezwiebeln, die mit heimischer Ware konkurrieren. 87 000 t werden wiederum exportiert, sodass ein Handelsdefizit von 38 000 t im Herbst 2016 zum Preisrutsch führte.

Für dieses Jahr zeige sich, dass die Importeure sehr vorsichtig sind und nur geringe Mengen neuseeländische Ware pro Woche bestellen, konnte Illert zeigen. Gegen sinkende Importe spricht, dass die Qualitätserhaltung deutscher Ware bis Juni sehr schwierig ist. Jedes Jahr bringe andere Qualitäten, so Illert. Und bisher haben sich die Lagerformen in Deutschland kaum verändert, denn die Preise zum Ende der Lagersaison ermutigen nicht, in eine lange Lagerung zu investieren.

Dr. Gerald Lattauschke vom sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie stellte mehrjährige Versuchsergebnisse in Speisezwiebeln bezüglich Lagereigenschaften vor. Die langjährigen Versuche werden im Rahmen eines umfangreichen Projektes „Anpassung des Sortenspektrums und der Anbaustrategien wichtiger Industrie- und Frischmarktgemüsearten an den Klimawandel im Freistaat Sachsen“ durchgeführt. Hier werden neben Zwiebeln auch Markerbsen, Buschbohnen, Spinat und Möhren in den Versuchen berücksichtigt. Lattauschke beschränkte sich auf die Zwiebelversuche, die seit 2008 durchgeführt werden. Das Versuchsfeld liegt in Dresden-Pillnitz auf 120 m üNN. Mit 10,2° C mittlere Jahrestemperatur und durchschnittlich 578 mm Niederschlag im Jahr. „Wir steuern zunehmend in ein arides Klima mit sehr trockenen Sommern. Die vergangenen Jahre hatten wir nur noch rund 500 mm Niederschlag, sodass Versuche mit Falschem Mehltau nicht mehr gelingen, da es diesen bei uns nicht gibt“, bemerkte Lattauschke. Ihre Fruchtfolge laute Getreide, Erbsen, Bohnen, Spinat und Zwiebeln. Für den Lagerversuch wurden die Kühllager auf 5° C und 70 bis 75 Prozent relative Luftfeuchtigkeit eingestellt. Die Ernte erfolgte bei zwei Drittel abgestorbenem Laub, drei bis fünf Tage Trocknung auf dem Feld, dann unter Dach bis diese rascheltrocken waren Anfang Oktober. Die Einlagerung erfolgte in 13 kg-Kisten bis April. Dann werden die Zwiebeln bei vier bis fünf Wochen unter Verkaufsbedingungen gehalten und wöchentlich Bonituren durchgeführt, bei denen die Festigkeit gemessen sowie nackte Zwiebeln, Spross- und Wurzelaustrieb aussortiert wurde.

Frühe und mittelfrühe Sorten sind stark witterungsabhängig

Ende April findet ein Zwiebeltag in Pillnitz statt, dann kommen viele Anbauer und auch sie können an einer Blindbewertung teilnehmen und die gelagerten Zwiebeln beurteilen. Diese Bewertung fließe in die Gesamtbewertung mit ein, erläuterte Lattauschke. Seine vorgestellten Versuchsergebnisse beschränkten sich auf die vergangenen vier Jahre: Dabei sei zu beachten, dass 2014 zur Ernte sehr hohe Niederschläge fielen, 2015 hohe Ertragsausfälle zu bemängeln waren wegen einer extremen Hitzephase, sodass die Schloten im August abstarben. Im Jahr 2016 konnte gut eingelagert werden und 2017 waren bei kleinen Kalibern optimale Einlagerungsbedingungen.

Bei den frühen Sorten zeigte sich folgende Erntestaffelung von 2014 bis 2017: Japaner ab 10. August, Amerikaner ab 17. August und frühe Rijnsburger ab 22. August. Takstar und Takmark waren die frühesten Sorten. Die Festigkeit war bei den Japanern und Amerikanern gering, bei den frühen Rijnsburgern gut. Frühe Rijnsburger konnten bis April gelagert werden. Die Erträge waren stark witterungsabhängig: die großfallenden Japanersorten Bonus und Medusa zeigten Höchsterträge, bei den Amerikanern lagen die Sorten Cartier, Ceresco und Manesco vorn. Die Sorte Barito überzeugte bei den frühen Rijnsburgern.

Bei den mittelfrühen Sorten gab es in den vergangenen fünf Jahren ein sehr konstantes Sortiment. Der Erntezeitpunkt liegt zwischen 26. August und 1. September in den vergangenen vier Jahren. Hytune und Novista konnten bereits am 19. August geerntet werden. Bezüglich der Festigkeit schnitten die Sorten Centro, Chico, Packito und Paradiso am besten ab. Hybound und Hytune waren relativ weich. Auch in diesem Segment zeigten sich die Erträge witterungsabhängig, über alle Sorten sehr einheitlich mit einem Durchschnittswert von 5,5 kg/m2. Die Lagerverluste waren gering bei 4,7 bis 6,8 Prozent. Zunehmend wichtiger ist der Faktor shelf life, die Lagerung unter Verkaufsbedingungen. Dieser überzeugte bei den Sorten Centro, Chico, Packito, SV 3557, T813, Vision und Wellington sehr gut, Defizite zeigten Hysky und Hytune. In der Gesamtbewertung am besten zeigten sich SV 3557, T813, Vision und Wellington.

Auch bei den mittelspäten Sorten gibt es in den vergangenen fünf Jahren ein recht konstantes Sortiment. Der Erntezeitraum liegt hier vom 1. bis 7. September. Die Sorten Motion und Medaillon bereits am 25. August. Die Festigkeit der Sorten war überwiegend sehr gut und ausgeglichen. Am besten schnitten Bossito, Motion, Hyway und Sakia ab. Der Ertrag zeigte sich weniger witterungsabhängig und lag im Durchschnitt aller Sorten bei 6 kg/m2, es gab keine klaren Favoriten, da alle gut abschnitten. Die Lagerverluste waren insgesamt gering bei Werten zwischen 4,6 bis 7,2 Prozent. Das shelf life war sehr gut bei den Sorten Dormo, Firmo, Hoza, Hystore und Rockito. Defizite zeigte Hyway. Damit schnitten in der Gesamtbewertung die Sorten Dormo, Firmo, Hyfive, Medaillon, Motion und Rockito am besten ab, fasste Lattauschke zusammen.

Digitale Unkrautbekämpfung verringert Handarbeiten

Sabine Staub von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau stellte automatische Lenksysteme zur Unkrautregulierung vor. Grund für den vermehrten Einsatz der digitalen Technik sei vor allem die Einführung des Mindestlohns. Dieser steigerte den Lohnaufwand von 38 Prozent im Jahr 2013 auf 50 Prozent im Jahr 2016, bemerkte Staub in ihrer Einführung. Zweiter Faktor sei die ungenügende Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln und die hohen Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels. Staub prüfe nun im Rahmen eines Forschungsprojektes, welche Einsatzmöglichkeiten bestehen und wo die Grenzen der Technik sind. Derzeit wird die Technik in den für Bayern wichtigen Kulturen Rote Bete, Karotten und Zuckerrüben getestet.

Die automatischen Lenksysteme arbeiten mit Kamerasteuerung, GPS-RTK oder Ultraschall. Bei den selektiven Hacksystemen kann die Kulturpflanze durch die Kameras erkannt werden, die Werkzeuge arbeiten in der Reihe. Es gibt drei Hersteller auf dem europäischen Markt:

Claas-Kamerasystem: die optische Kamera erkennt die Farbe Grün, sie macht bis zu 30 Bilder/min, bearbeitet bis zu drei Kulturreihen und ermöglicht in Rote Bete ab BBCH 14 einen sicheren Einsatz.

Schmotzer Kamerasystem: die optische Kamera erkennt auch die Farbe Grün sowie die Umrisse der Kulturpflanze, diese werden mit kulturspezifischen Daten verglichen. Es kann nur eine Kulturreihe aufgenommen werden.

Kult Vision Control Kamerasteuerung: Mindestens drei Kameras sehen die Farbe Grün und den Infrarotbereich in der Kultur. So können Reihen schon früher erkannt werden.

Grundsätzlich besteht die GPS-Technik aus 24 Satelliten. Um eine Genauigkeit von 2,5 cm zu erreichen, muss eine Referenzstation vorhanden sein. Beim Reichhardt GPS-RTK-System wird die Saatspur aufgenommen, anhand der später die Hacktechnik entlangläuft. Die Lenkung zwischen Traktor und Anbaugerät erfolgt über Verschieberahmen. Staub kam bisher zu folgenden Ergebnissen:

Die Investitionskosten für ein Steuerungssystem liegen bei rund 20 000 Euro, es kann das unbearbeitete Hackband deutlich verkleinert werden und somit Arbeitsstunden der Saisonarbeitskräfte eingespart werden. In Zwiebeln sehe Staub das GPS-System als Mittel der Wahl, da die Jugendphase lange andauere.

Alois Ostermeyer von der Firma FMC stellte das Pflanzenschutzmittel Benevia gegen Thripse vor. Derzeit ist es zwar in Bundzwiebeln, doch noch nicht in Speisezwiebeln zugelassen. Mit dem Wirkstoff Cyantraniliprole wird ein breites Spektrum an beißenden und saugenden Insekten erfasst, wie Weiße Fliege, Blattläuse, Thripse, Käfer, Blattminierer, Zikaden oder Fruchtfliegen.

zep – LW 24/2018