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Drohnenflug über Bad Zwestener Heuwiesen – ein Experiment

Rebhuhnrettung per Wärmebildkamera ausprobiert

Derzeit ist ideales Heuwetter für die Landwirte. In vielen Wiesen befindet sich allerdings auch die Kinderstube von Reh, Feldhase und Rebhuhn.Wer am Samstagabend vergangener Woche einen Spaziergang um Bad Zwesten unternommen hatte, konnte beobachten, wie mit modernster Technik eine Wiese nach sich darin versteckenden Tieren abgesucht wurde. Andrea Imhäuser vom LLH berichtet.

Der Drohnenpilot muss bei einem Einsatz immer gut konzentriert sein und die Drohne stets im Blick behalten. Foto: Imhäuser

Einige Jungtiere von Feldhase und Reh sind Mitte Juni bereits so groß, dass sie sich bei nahender Gefahr nicht mehr nur drücken, sondern sie ergreifen auch schon die Flucht. In diesem Jahr ist zu beobachten, dass die Jungtiere sehr verschieden alt sind, das heißt, es gibt einerseits schon recht große Kitze, andererseits können aber auch noch hochtragende Ricken beobachtet werden.

Laut Verein Die Kitzretter e.V. werden allein in Deutschland jedes Jahr rund 100 000 Rehkitze ausgemäht – und dass, obwohl von Seiten der Landwirte und der Jäger eine Vielzahl von Methoden, um dies zu verhindern, angewendet werden.

Späte Brut der Rebhühner

Den wenigsten Menschen ist allerdings bekannt, dass die am Boden brütenden Rebhühner jetzt erst mit der Brut begonnen haben. Sie legen ihre gut getarnten, unauffälligen Nester auch gerne in nicht zu dichten Grasflächen oder an den Randbereichen von intensiveren Wiesen an. Bei der zurzeit bevorstehenden Heumahd sind sie also in großer Gefahr, ausgemäht zu werden, denn eine brütende Henne wird ihr Nest nicht oder erst zu spät verlassen. So kommt es also bei der Mahd häufig unbemerkt vor, dass Rebhuhn-Gelege zerstört und die Henne getötet wird. Die Dunkelziffer ausgemähter Gelege ist dementsprechend sehr hoch. Anders als Rehkitze kann man Rebhuhn-Gelege nicht durch Aufstellen von Flatterbändern oder -säcken oder akustischen Methoden zum Verlassen der zu mähenden Wiese überreden. Auch eine Suche auf Sicht, wie sie für Rehkitze mit einem ausreichend großen Sucher-Team durchgeführt werden kann, ist ohne Aussicht auf Erfolg bei Rebhuhn-Gelegen.

Moderne Technik kann Wildtiere retten

In den vergangenen Jahren hört man immer häufiger von Rehkitzrettung mittels ferngesteuerter Drohnen. An einer Drohne wird anstelle einer „normalen“ Fotokamera eine Wärmebild-Kamera befestigt, diese zeichnet alle Temperatur-Unterschiede des systematisch abgesuchten Gebietes auf. So kann am Bildschirm genau geortet werden, wo sich eine Wärmequelle befindet. Ein Helfer wird dann gezielt zur Wärmequelle dirigiert, um nachzusehen, was der Urheber der Wärme ist. Rehkitze und Junghasen können vorsichtig herausgetragen und in Sicherheit gebracht werden, der Landwirt kann seine Wiese gefahrlos mähen. So bleiben Jungtiere am Leben und das Futter frei von giftigen Verunreinigungen.

Wurde diese Wärmebild-Methode bisher ausschließlich zur Suche von Rehkitzen angewendet, so wurde am Samstag vergangener Woche nahe Bad Zwesten erstmalig versucht, Rebhuhn-Gelege mit darauf brütender Henne unmittelbar vor der Mahd zu orten, um dann den Neststandort großflächig auszusparen.

Im Feldflur-Projekt zur Förderung des örtlichen Rebhuhn-Restbestandes um Bad Zwesten wurden im Verlauf der vergangenen zwei Jahre gezielt circa 20 ha Blühflächen besonderer Artenzusammensetzung und Pflege angelegt. Die daran angrenzenden Heuwiesen und Graswege stellen ebenfalls gute Bruthabitate für Rebhühner dar, weshalb sich das Experiment auf diesen beiden Wiesen angeboten hat.

Üblicherweise werden solche Suchflüge mit Wärmebildkamera in den frühen Morgenstunden durchgeführt, wenn der Temperaturunterschied zwischen zu suchendem Tierkörper und Umgebung möglichst hoch ist. Aufgrund der wechselhaften Wetterlage wurde jedoch kurzfristig entschieden, die Suchflüge am späten Abend durchzuführen.

Zum Einsatz kam das Team von Drohnenpilot Stefan Vones aus Ottrau, welches sehr flexibel auf die kurzfristige Terminvorverlegung reagiert hat. Nachdem die umfangreiche Technik aufeinander eingestimmt war, konnte die Suche beginnen. Ein Team besteht aus mindestens zwei Personen: dem Drohnenpiloten und einer weiteren Person, welche die Flugdaten auf einem Bildschirm beziehungsweise einer speziellen Brille verfolgt. Sehr hilfreich ist eine dritte Person, die zur gefundenen Wärmequelle dirigiert werden kann.

Vier Wärmequellen gefunden

Am Abend der ersten Rebhuhn-Suche konnten insgesamt vier Wärmequellen identifiziert werden: Die erste Wärmequelle stellte sich als alter Eichen-Zaunpfahl heraus, welcher sich in der Abendsonne aufgewärmt hatte. Die zweite Wärmequelle war eine im hohen Gras mausende Katze. Beim dritten warmen Fleck auf der Karte der Wärmebildkamera handelte es sich um einen größeren Wiesenameisen-Haufen.

Im äußersten Zipfel der zweiten Wiese konnte kurz vor Ende des Fluges ein Junghase ausfindig gemacht werden; auch er ergriff beim herannahenden Helfer die Flucht.

 – LW 26/2019