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Eindrücke und Informationen im Kaliwerk Neuhof-Ellers

Arbeitskreis Industrie-Landwirtschaft Hessen zu Besuch bei K+S

Von der 200 m hohen Halde bot sich der Besuchergruppe ein schöner Blick in die Landschaft der Umgebung und auf das Kaliwerk Neuhof-Ellers. Foto: K+S
Die Besuchergruppe des Arbeitskreises Industrie-Landwirtschaft Hessen mit den K+S Mitarbeitern, die den Abbau der Kalisalze und die Abläufe im Bergwerk fachkun­dig erläuterten, vor dem Förderschacht Ellers. Foto: Bernd Weber
Der Vorsitzende des Arbeitskreises Industrie-Landwirtschaft Hessen, Dr. Hans-Theo Jachmann (Mitte), dankte Werkleiter Dieter Friedrich (li.) und K+S Kali GmbH-Geschäftsführer Dr. Ernst Andres für die Gastfreundschaft und informativen Ausführungen. Foto: Bernd Weber

Im Kalibergwerk Neuhof-Ellers konnten knapp 20 Mitglieder des Arbeitskreises Industrie-Landwirtschaft Hessen am Mittwoch der vergangenen Woche den Abbau von Kali- und Magnesiumsalzen in mehr als 500 m Tiefe live erleben. Darüber hinaus erfuhren sie viel Wissenswertes über die Kali-Produktion, bis hin zur internationalen Ausrichtung der K+S Gruppe und die Entwicklung auf dem Weltkalimarkt.

Empfangen und über den ganzen Tag begleitet wurden die Arbeitskreis-Mitglieder von Friedhelm Mester, Leiter Kommunikation & Handelspolitik der K+S KALI GmbH. Zu Beginn stellte der Werksleiter des Werkes Neuhof-Ellers, Dieter Friedrich, das Werk als das südlichste von fünf Kaliwerken des Unternehmens in Deutschland vor. Das Grubenfeld des Bergwerkes erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung zwischen Großenlüder und Flieden in einer Länge von zehn Kilometern, in Ost-West-Richtung sind es etwa acht Kilometer. Die Abbautiefe liegt zwischen 500 und 750 Metern. Im Werk Neuhof-Ellers, das 2006 sein 100-jähriges Jubiläum feierte, sind 733 Mitarbeiter beschäftigt. Davon 287 im Grubenbetrieb, 347 in der Fabrik, 54 in der Verwaltung und 45 Auszubildende. Im Jahr 2010 lag die Gesamtproduktion an Kalidüngemitteln bei 833 000 Tonnen, außerdem wurden 470 000 Tonnen Kieserit produziert. In der Fabrik werden die kalium-, und magnesiumhaltigen Wertstoffe im Flotationsverfahren oder durch elektrostatische Aufbereitung von den nicht brauchbaren Bestandteilen der Rohsalze getrennt. In einem mehrstufigen Aufbereitungsprozess werden daraus verschiedene Standard- und Spezialdüngemittel hergestellt, in Neuhof-Ellers insgesamt bis zu 1,4 Mio. Tonnen pro Jahr. Der nicht verwertbare Teil der Förderung, der zu mehr als 80 Prozent aus Natriumchlorid besteht, wird auf einer Halde abgelagert. Seit 1954 wurden dort rund 105 Mio. Tonnen Rückstand abgelagert, die vor allem in der abwasserfreien Rohsalzaufbereitung anfallen. Das Aufbereitungsverfahren hat K+S selbst entwickelt; das Unternehmen ist der einzige Kaliproduzent weltweit, der es großtechnisch einsetzt.

Umfassendes Entsorgungskonzept

Allerdings hat die Rückstandshalde auch Auswirkungen auf das Entsorgungskonzept des Werkes. Während im Produktionsprozess so wenig Salzwasser entsteht, dass es unproblematisch bei einem sehr niedrigen Grenzwert in ein Nebengewässer der Fulda eingeleitet werden kann, müssen jährlich bis zu 700.000 m³ salzhaltige Niederschlagswässer, die an der Halde entstehen, so umweltverträglich wie möglich entsorgt werden. Nachdem seit 2007 keine lokale Entsorgungsmöglichkeit mehr zur Verfügung steht, soll zukünftig eine Rohrleitung an die Werra für Abhilfe sorgen. Der Antrag zu ihrem Bau befindet sich derzeit im Planfeststellungsverfahren; als Zwischenlösung werden LKW- und Kesselwagentransporte eingesetzt. Als übergreifendes Entsorgungskonzept für alle Salzabwässer der hessischen und thüringischen Kaliwerke hat K+S ein Maßnahmenpaket zum Gewässerschutz aufgelegt, in das innerhalb der nächsten fünf Jahre bis zu 360 Mio. Euro investiert werden. Ziel ist es, durch eine nachhaltige Kaliproduktion die Umwelt noch weiter zu entlasten und die Voraussetzungen für eine weitere erfolgreiche Entwicklung dieses regional strukturprägenden Industriezweiges zu schaffen. Bergbauingenieur Thorsten Krön, der als Grubenbetriebsassistent seit zwei Jahren bei K+S beschäftigt ist, stellte die historische Entwicklung des Kaliwerkes Neuhof-Ellers seit 1900, als erste Untersuchungsbohrungen durchgeführt wurden, vor und erläuterte die Entstehung der Salzlagerstätte unter Neuhof vor etwa 250 Mio. Jahren. Die Kali- und Salzablagerungen sind aus Verdunstungsrückständen des sogenannten Zechsteinmeeres entstanden, das damals große Teile des heutigen Mitteleuropas bedeckte. In Neuhof-Ellers werden pro Jahr etwa vier Mio. Tonnen Rohsalze gefördert. Das entspricht etwa 13 600 Tonnen pro Tag oder 65 Tonnen je Tag und Mitarbeiter. Unter Tage werden rund 36 km Bandanlagen betrieben. Es gibt dort 200 Fahrzeuge und Maschinen. Die Kali- und Magnesiumrohsalze werden im Drei-Schicht-Betrieb abgebaut. Zum Schichtwechsel werden die in einer bestimmten Anordnung in Bohrlöchern angelegten Ladungen bei menschenleerer Grube gezündet. Die Rohsalze werden danach mit speziellen Ladern abtransportiert, zerkleinert und dann über Förderbänder und durch den Schacht Neuhof zur Fabrik geleitet. Zwei Schächte verbinden das Grubenfeld mit der Tagesoberfläche. Über diese Schächte wird das Bergwerk auch mittels eines Großventilators pro Minute mit 14.000 Kubikmetern Frischluft versorgt. Die Fahrt mit dem Förderkorb (Aufzug) und das Erleben des Kaliabbaus vor Ort waren für alle sehr beeindruckend.

Gute Wachstumsmöglichkeiten

„Wir sind ein Unternehmen, das sich im Weltmaßstab tummelt“, stellte Dr. Ernst Andres, Mitglied der dreiköpfigen K+S KALI GmbH Geschäftsführung, zu Beginn seiner Ausführungen fest. Mit einem Anteil von 10 Prozent (Jahr 2010) sei die K+S KALI GmbH weltweit der viertgrößte Produzent von Kaliumprodukten. Bei Kalisulfat- und Magnesiumprodukten stehe das Unternehmen mit seinen rund 7.900 Mitarbeitern weltweit an der Spitze. Die K+S-Gruppe, die Muttergesellschaft, habe im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 5 Mrd. Euro erzielt. Im laufenden Jahr werde man diesen Umsatz voraussichtlich noch übertreffen. In den Kerngeschäftsfeldern Kalium- und Magnesiumprodukte sowie Salze sieht Dr. Andres für sein Unternehmen auch angesichts der weltweiten Präsenz noch gute Wachstumsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund wird die Reaktivierung von zwei stillgelegten Kalibergwerken in Deutschland geprüft. Mit 47,7 Prozent war Kaliumchlorid 2010 der Hauptumsatzträger, gefolgt von Düngemittelspezialitäten mit 38 Prozent und Industrieprodukten, inklusive Produkten für Gesundheit und Ernährung, mit 14,3 Prozent. Im Jahr 2010 wurden 44,5 Prozent der Produkte in Übersee, hauptsächlich in Südostasien und Brasilien, verkauft. Lediglich 15,5 Prozent der Erzeugnisse wurden in Deutschland abgesetzt. 40 Prozent fanden ihre Abnehmer im übrigen Europa. Das wichtigste Produkt ist nach wie vor das 60er Kali. „Wir wollen unseren Kunden aber mehr bieten als nur Standarddünger. Hightech-Landwirtschaft braucht maßgeschneiderte Düngemittel“, betonte Dr. Andres. Als Beispiel nannte er Kornkali mit Natrium- und Borzusätzen, die speziell für bestimmte Marktregionen produziert werden. Die Bereiche Forschung und Entwicklung hätten bei K+S einen hohen Stellenwert. Auf den Gebieten Wasserhaushalt, Qualität und Krankheitsresistenz, Stickstoffeffizienz und Ertragssteigerungen gebe es einen zunehmenden Forschungsbedarf. Mit der Universität Göttingen habe die K+S KALI GmbH deshalb im vergangenen Jahr ein gemeinsames Forschungsinstitut gegründet. Das An-Institut für angewandte Pflanzenernährung (Institute of Applied Plant Nutrition - IAPN) solle als Schnittstelle für Wissenschaft und Wirtschaft aktuelle Fragen aus der Praxis aufgreifen, vorhandenes Wissen bündeln sowie neue Erkenntnisse an die Landwirtschaft weitergeben. K+S sei ferner Mitglied in allen namhaf­ten weltweiten Forschungsinstituten. Zur Diskussion über gestiegene Kalidüngemittelpreise merkte der K+S-Geschäftsführer an: „Am Kalipreis wird die deutsche Landwirtschaft weder reich noch arm“. Das Betriebsmittel Kali rechne sich in der Landwirtschaft. Aufgrund der steigenden Weltbevölkerung erwartet Dr. Andres langfristige Wachstumsraten auf dem Weltkalimarkt zwischen drei und fünf Prozent pro Jahr. In den Entwicklungsländern gebe es noch einen großen Nachholbedarf bei Kali. Märkte der Zukunft seien Asien und Südamerika. Eine Fahrt auf die Rückstandshalde rundete das informative und faszinierende Programm ab. Aus 200 m Höhe bot sich den Arbeitskreismitgliedern bei gutem Wetter ein schöner Ausblick auf das am Fuß der Halde befindliche Kaliwerk Neuhof-Ellers bis hin zu den Höhen der Rhön. we

 – LW /2011