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Eingewandertes Raubwild kann heimische Wildarten gefährden

Immer mehr Waschbären und Co in Deutschland

Rotfuchs und Dachs sind bekannte heimische Prädatoren. Weitere Einwanderer, die sich in Deutschland ausgebreitet haben, sind Marderhund, Mink und der Waschbär. Niederwildjäger beobachten einen Einfluss auf die heimischen Bestände. Regional können durch den gestiegenen Raubwilddruck Tierarten bedroht sein.

Das Niederwild kommt mit Dachs (Foto) und Fuchs besser zurecht, als mit Prädatoren wie Waschbären, die ursprünglich hier nicht beheimatet waren. Foto: Michael Breuer

Im Jahr 1934, ursprünglich zur „Bereicherung“ der heimischen Tierwelt ausgesetzt, stand der Waschbär die folgenden 20 Jahre unter Naturschutz. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts wurden in Deutschland kritische Stimmen laut. Hessen nahm ihn als erstes Bundesland ins Jagdrecht auf, doch erst seit 1990 steigt die Jagdstrecke merklich an. In einigen Bundesländern, wie auch in Hessen, unterliegt er vom 1. März bis 31. Juli der Schonzeit. Dies erschwert die Bejagung und die Zurückdrängung.

Als Neubürger hat der Waschbär kaum natürliche Feinde, welche seine Ausbreitung bremsen. Das Ausmaß seiner Verbreitung verdeutlichen die Zahlen des Wildtier Informationssystems der Länder Deutschlands (WILD): Im Vergleich zu 2006 meldeten im Jahr 2013 fast doppelt so viele Reviere ein Vorkommen des Kleinbären.

Deutschlandweit ist nun fast jedes zweite Revier in Waschbärhand, im Kerngebiet (Brandenburg, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) liegt die Zahl mit 71 Prozent noch deutlich höher. Regelmäßig erheben Jäger in über 25 000 Revieren Daten zum Waschbären und anderen Neozoen, die wissenschaftlich ausgewertet werden. Das entspricht etwa der Hälfte der land- und forstwirtschaftlichen Fläche Deutschlands. Damit bieten sie das umfangreichste Monitoring bundesweit.

Bodenbrüter und Höhlenbrüter werden gestört

Auf dem Speiseplan des Allesfressers stehen Früchte, aber auch Amphibien und Reptilien sowie Jungvögel und Vogeleier. Diese Vorliebe stellt nicht nur für Bodenbrüter ein Problem dar: Aufgrund seiner ausgezeichneten Kletterkünste sucht der Kleinbär auch in Baumkronen oder an steilen Felswänden nach Nahrung. Baumhöhlen und Horste von Greifvögeln kann er sogar bewohnen. Deshalb bringen Wissenschaftler ihn vor allem mit Brutverlusten bei Uhus, Graureihern und Höhlenbrütern in Verbindung.

Einige Vogelarten fühlen sich durch die ständi­ge Anwesenheit des Waschbären gestört und verlassen ihre Brutstätten vorzeitig. In Thüringen hatten die dort ansässigen Uhus im Jahr 2009 weniger Bruterfolg, denn knapp ein Viertel der Nistplätze war von Waschbären in Beschlag genommen. Auch wenn Horste oder Felsspalten nur zeitweise okkupiert werden, kann diese Störung zum Ausfall einer gesamten Brutsaison führen.

djv – LW 8/2017