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Energiewende nicht Politikern überlassen

Dass die Bundesregierung drauf und dran ist, ihre selbstgesteckten Klimaschutzziele und damit die Energiewende in den Sand zu setzen, zeichnet sich immer stärker ab. Aber sie ist nicht alleine schuld an der Misere, auch die Industrie, die ihre Zusagen nicht einhält – allen voran die deutschen Autobauer – hat ihren Anteil daran. Neuestes Beispiel: Aktuellen Presseberichten zufolge hat das Umweltbundesamt neue Diesel-PKW getestet und festgestellt, dass auch diese die EU-Grenzwerte für Stickoxide um ein Vielfaches überschreiten. Man stelle sich solche Meldungen bezüglich der Landwirtschaft vor, denn hier wird seit vielen Jahren sehr genau hingesehen und dokumentiert. Neue leistungsstarke Traktoren fahren zum Beispiel schon seit einigen Jahren mit Ad-Blue-Technik und halten damit sehr strenge internationale Abgasrichtlinien ein. Bei den PKW-Verbrauchsangaben und damit dem CO2-Ausstoß hat man sich mittlerweile schon an die völlig unrealistischen Werte der Auto-Hersteller gewöhnt, die unter absurden Messbedingungen gewonnen werden. Hier hat die Politik viel zu lange weggeschaut.

Aber es gibt auch positive Entwicklungen: Durch die neueste Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2017) stehen die Zeichen in der Solar-Branche wieder auf Wachstum. Nach jahrelangem Rückgang der Nachfrage vermeldet der Bundesverband Solarwirtschaft, dass der Photovoltaik-Geschäftsklima-Index auf dem höchsten Stand seit sieben Jahren angekommen ist. Durch die stark gesunkenen Investitionskosten ist der selbst erzeugte und verbrauchte Sonnenstrom wieder interessant geworden. Bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen ist die flexible Stromvermarktung im Rahmen von virtuellen Kraftwerken, die das Stromnetzt mit Regelenergie stabil halten, eine Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Lesen Sie mehr hierzu in unserem Schwerpunkt ab Seite 20. Es wäre wünschenswert, dass Verbraucher und Wirtschaft sich ihrer Verantwortung bewusst werden und selbst durch ihr Verhalten die Energiewende herbeiführen; bei der Elektromobilität beispielsweise ist ein relativ schneller Umschwung durchaus denkbar.

Karsten Becker – LW 17/2017