2016 | Zur Sache | LW HEUTE

Erst geprahlt, dann draufgezahlt

Aus allen Teilen des LW-Gebietes trudeln erste (inoffizielle) Ernteergebnisse ein. Insgesamt kann man wohl von einer gedrückten Stimmungslage sprechen, denn wegen des ausreichenden Wasserangebotes in diesem Frühjahr hatten viele Prak­tiker und Berater 2016 mit einer guten Ernte gerechnet – vor allem im Rückblick auf die beiden vorangegangenen Trockenjahre.

Wie aus Rheinhessen, der Pfalz und Südhessen zu vernehmen ist, sind es vor allem die besseren Standorte, die enttäuscht haben. Die Ursache hierfür ist wohl in einem Zuviel an Wasser zu suchen, was in der Folge zu Staunässe geführt hat. Schwächere beziehungsweise leichtere Standorte haben dieses Wasser abgeführt und für ihre Verhältnisse gute bis sehr gute Ernte-Ergebnisse gezeigt. Insgesamt hat aber die Sonne gefehlt, um wirklich gute Erträge und auch Qualitäten zu erzielen.

In Nordhessen hatten viele Schläge zunächst gut ausgesehen, dann aber schwach gedroschen. Die Niederschläge und fehlende Sonneneinstrahlung haben vielen Krankheiten Vorschub geleistet: Die Wintergerste ist mancherorts regelrecht eingebrochen, die Fungizidbehandlungen hatten rückblickend oft zu früh gelegen, was dann unter anderem zu Ramularia und unspezifischen Blattflecken geführt hat. Daraus folgte eine schnelle Abreife mit schwachen Hektolitergewichten. Bei der Braugerste lässt die Sortierung zu wünschen übrig. Ein weiterer Aspekt dürfte die durch das Überangebot an Wasser schwache Wurzelausbildung sein, die in den kurzen Hitzewellen zu einer schnellen Abreife der Ähren geführt hat.

Auch der Raps konnte bisher nicht halten, was er versprochen hatte. Hier werden aus allen Regionen des LW-Gebietes 30 bis 40 dt/ha gemeldet. Neben der Witterung schlägt hier noch der Sclerotiniabefall zu Buche und es könnte zu Abzügen wegen geringer Ölgehalte kommen.

Leider gibt auch die derzeitige Preissituation keinen Anlass zur Freude; weder bei Getreide noch bei Raps ist diese derzeit geeignet, die Ernteverluste abzumildern. Eine Empfehlung lautet daher, neuerntige Ware zunächst einzulagern (s. Seite M7).

Karsten Becker – LW 29/2016