Diese Krümelchen auf Alexanders Schreibtisch kamen Claudia gleich komisch vor. Tabak war es nicht, es sah eher nach getrockneten Kräutern aus. Nachdem eine Freundin ihr erzählt hatte, ihren Sohn beim Rauchen von Haschisch erwischt zu haben, stellte sie Alex zur Rede: Der 15-Jährige gab zu, Haschisch von einem Freund gekauft und selbst ausprobiert zu haben: „Na und, machen doch alle!“ Doch so lässig kann Claudia das nicht sehen – sie ist entsetzt und überlegt, wie sie am besten reagieren soll.
Gleich den Sohn zur Drogenberatungsstelle schleppen? Hausarrest erteilen? Oder die Sache ignorieren? Alles falsch: Viele Jugendliche machen mit 14 oder 15 die ersten Erfahrungen mit Sex, Alkohol und Drogen: Wenn an den Wochenenden die Partys starten oder die Jugendlichen in die Disco fahren, beginnt die Zeit, in der Eltern schlecht schlafen – oder gar nicht mehr. Klare Regeln und offene Gespräche aber können die Sorgen kleiner machen. Und manchmal muss es eben einmal richtig „krachen“.
Für die meisten Eltern ist das erst mal ein Schock. Medienberichte über Rauchen von Badesalz, getrockneten Fliegenpilzen und Hortensienblüten und die gesundheitliche Folgen dieser Dinge tragen nicht gerade zur Beruhigung bei. Ebenso wenig der alljährliche Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung: 2013 ist bei den 12- bis 17-Jährigen zwar der regelmäßige Alkoholkonsum nach der aktuellsten Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) seit 2001 von 17,9 auf 14,2 Prozent (2011) zurückgegangen. Der Tabakkonsum hat sich bei den Jugendlichen innerhalb von zehn Jahren sogar mehr als halbiert (27,5 auf 11,7 Prozent), aber noch immer konsumieren 4,6 Prozent der Jugendlichen Cannabis.
Stärkere Wirkung als früher
Es gibt Erwachsene, die meinen: Ein bisschen Kiffen sei nicht so schlimm, sie haben das schließlich früher auch gemacht. Was sie dabei übersehen, ist, dass sich die Joints aus den Siebziger Jahren nicht mehr mit den heutigen vergleichen lassen. Inzwischen wird Cannabis angebaut, das eine wesentlich höhere Rauschmittel-Konzentration aufweist – mit einer entsprechend stärkeren Wirkung. Das Risiko einer Psychose steigt. Bei chronischem Konsum lassen Reaktions- und Gedächtnisleistungen nach. Tests haben ergeben, dass Jugendliche, die drei Jahre lang täglich einen Joint rauchen, für Intelligenzaufgaben deutlich länger brauchen als solche, die nicht kiffen. Außerdem bleiben sie in ihrer sozialen Entwicklung zurück. Und man hat festgestellt, dass die Gefahr, abhängig zu werden, umso größer ist, je jünger ein Mensch ist.
Infos, Chats und Beratungwww.drugcom.de ist ein Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Das Internetportal informiert über legale und illegale Drogen. Es gibt Chats, E-Mail-Beratung und Hilfestellungen für Betroffene, Freunde und Familienangehörige. Über ein Verzeichnis, nach Bundesland und Orten gegliedert, kann die nächste Drogenberatungsstelle gefunden werden.
LWEltern haben allerdings auch immer weniger Handhabe: Freunde werden in der Pubertät immer wichtiger. Wird in der Clique gekifft oder kifft der beste Freund, probiert es der oder die andere meistens auch. Neugierde, Schüchternheit oder auch Ängstlichkeit können der Grund für erste Drogenerfahrungen sein – oder Stress in der Schule und zu Hause.
Regeln konsequent durchsetzen
Wie aber sollen Eltern reagieren, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Kind mit Drogen in Kontakt gekommen ist? Streit muss manchmal sein – und ist dann auch sehr heilsam! Eltern sollten streitbereiter sein und verabredete Regeln konsequent durchsetzen. Viele Eltern sind mit ihrem pubertierenden Nachwuchs nicht streng genug – um des lieben Friedens willen. Das ist falsch – streiten zu können, ist für die Entwicklung wichtig. Eltern dürfen ihre Kinder nicht alle Dinge tun lassen. Dann suchen sie sich andere Menschen, an denen sie ihre Grenzen austesten. Und geraten vielleicht an die falschen.
Anstrengende Konflikte auszuhalten, immer wieder Grenzen zu setzen und weiter miteinander zu reden – das ist die Kunst der Erziehung. Leicht ist das für niemanden – weder für die Eltern noch für die Jugendlichen.
Für Eltern ist es ein schwieriger Balanceakt: Sollen sie Drogen verteufeln? Diese Einstellung provoziert manche Jugendliche. Teenager fühlen sich eher verstanden, wenn Eltern zugeben, dass sie auch ab und zu mal über die Stränge geschlagen haben.
Gut informiert sein
Droh-Szenarien bringen nichts. Am besten ist es, ruhig und sachlich zu bleiben, zu fragen, was so toll am Kiffen ist. Und gleichzeitig über die Gefahren aufzuklären. Das setzt voraus, dass sich Mütter und Väter selbst umfassend informieren: Welche Drogen gibt es? Worin unterscheiden sie sich? Wie werden sie konsumiert? Nichts nervt Jugendliche mehr als Eltern, die keine Ahnung haben, wovon sie reden.
Die Polizei einzuschalten, davon raten Experten ab, denn damit kriminalisiert man sein Kind nur. Drogenberatungsstellen sind die kompetenteren Ansprechpartner. Auch sollte man gut überlegen, ob man das Zimmer des Kindes nach Spuren durchsucht. Jugendliche sehen das als Eingriff in ihre Intimsphäre und reagieren mit Trotz oder Verweigerung.
Hobbys fördern
Strafen und Kontrolle zerstören nur das Vertrauen. Experten empfehlen eher, den Jugendlichen attraktive Alternativen anzubieten: Hobbys fördern, etwa Funsport anregen. Machen Sie Vorschläge zu gemeinsamen Unternehmungen mit möglichst viel Aktivität. Zum Beispiel eine Skitour, einen Ausflug in den Hochseilgarten oder einen Freizeitpark. Damit zeigen Sie Ihrem Kind: Du bist uns wichtig, wir interessieren uns für dich, wir wollen, dass es dir gut geht.
Kinder und Jugendliche wollen sich an Vorbildern orientieren. Eltern, die sich selber um eine sinnvolle Lebensgestaltung bemühen, sind für Jugendliche glaubwürdig und eine Stütze. Eltern sollten daher selbst einmal ihr Suchtverhalten (Rauchen, Alkohol, Fernsehsucht, Spielsucht, Konsumsucht u. a.) überprüfen.
Kinder sollten ihre Eltern als Menschen mit wirklicher Autorität erfahren. Eine echte Autorität ist das Gegenteil von liebloser Härte. Sie zeigt sich im überlegten Umgang mit den Eigenarten des Kindes, im liebevollen Verständnis für seine Bedürfnisse und in der Fähigkeit, in Ruhe und Liebe seinen Unarten Grenzen zu setzen und gegenüber seinen Konsumwünschen nein zu sagen. Damit vermeiden sie es, das Kind zu verwöhnen. Die Kinder machen dann schon früh die Erfahrung, dass man nicht alles haben muss, was zu haben ist, und dass es völlig in Ordnung ist, auf gewisse Dinge zu verzichten.
Offene Gespräche führen
Hilfreich ist auch das offene und regelmäßige Gespräch – zum Beispiel bei den Mahlzeiten über Drogenprobleme. Dabei sollte man ein ängstliches Moralisieren oder ein unangemessenes Dramatisieren vermeiden und auch keine lieblosen Urteile über Drogenkonsumenten fällen. Besser: Kinder ermutigen, einen eigenen Weg zu suchen und einen eigenen Beitrag zur Verbesserung der Verhältnisse zu leisten.
Manche Eltern überlegen, ihr Kind eine Zeitlang in ein Internat zu geben, wenn es zu Hause die falsche Clique hat. Oft fühlen sich Jugendliche woanders wohler, weil sie nicht unter dauernder Beobachtung stehen. Aber: Drogen kriegen sie auch dort, wenn sie wollen. Wichtig ist, dass der Kontakt nicht abbricht. Solange Eltern mit ihrem Kind noch im Gespräch sind, besteht Aussicht, dass der Teenager die Kurve kriegt.
Und wenn man selbst nicht mehr kann? Selbsthilfegruppen machen Mut. Da kommen Leute zusammen, die das gleiche Problem haben. Dort kann man sicher sein: Die anderen verstehen mich. Dieses Gefühl brauchen alle, die Jugendlichen genauso wie ihre Eltern.
Was sind überhaupt Drogen?Drogen sind alle Mittel, die in den natürlichen Ablauf des Körpers eingreifen und Stimmungen, Gefühle und Wahrnehmungen beeinflussen. Sie können aus pflanzlichen oder chemischen Grundstoffen gewonnen werden. Drogen werden auch als Suchtmittel, Rauschmittel oder Rauschgift bezeichnet, zu Drogen gehören aber auch Medikamente und Genussmittel. Die Herstellung, der Besitz, Gebrauch und Vertrieb mancher Stoffe ist verboten. Über 100 dieser Stoffe sind im Betäubungsmittelgesetz aufgelistet (verbotene Drogen).
Legale Drogen, also Stoffe, die nicht verboten sind, beeinflussen natürlich auch den menschlichen Körper und führen bei Missbrauch zu Abhängigkeit und Gesundheitsschäden. Legale Drogen sind die Suchtmittel, deren Verkauf und Gebrauch in unserer Gesellschaft erlaubt ist: Alkohol, Tabak, Koffein, Aufputschmittel, Schlaf- und Beruhigungsmittel und Schmerzmittel beispielsweise. Die meisten legalen Drogen sind gesellschaftlich akzeptiert. Obwohl der Gebrauch und Verkauf legaler Drogen nicht strafbar ist, sind legale Drogen keineswegs ungefährlich.
shfSabine Hense-Ferch redaktion-lippstadt.de