Nach der Ernte ist vor der Aussaat – da das Zeitfenster zwischen Aussaat und Ernte im Rapsanbau unter Umständen sehr eng sein kann, stimmt diese Redewendung nicht immer. Daher ist es ratsam, sich bereits vor der kommenden Ernte Gedanken zur Saatgutbestellung und der damit einhergehenden Sortenwahl zu machen. Die Ergebnisse der Landessortenversuche 2022 des LLH können dafür Informationen zur passenden Sortenwahl für die hessischen Anbaugebiete bieten.
Die Vorteile des Rapsanbaus reichen von Verbesserung der Bodenqualität bis hin zur Erhöhung der N-Effizienz in den Fruchtfolgen. Gerade das hohe N-Aufnahmevermögen im Herbst macht einen Anbau interessant. Das Potenzial der N-Aufnahme im Herbst liegt beim Raps bei über 100 kg N/ha (Vergleich Winterweizen: 20-30 kg N/ha), wie in einer UFOP Praxisinformation zusammengefasst wird. So kann der N-Düngebedarf reduziert werden, was gerade für rote Gebiete eine interessante Möglichkeit für einen pflanzenbaulichen Erfolg darstellt.
Sortenwahl und Stickstoffverwertung
Die Sortenwahl hat ebenso einen Einfluss auf die Stickstoffverwertung. Gerade ertragreiche Sorten können den Dünger effizient in Marktleistung umsetzen. Neben der Kornertragsleistung an sich ist der Ölgehalt für einen entsprechenden Ölertrag relevant.
Grundsätzlich sind Hybrid- als auch Liniensorten in Deutschland zugelassen und verfügbar. Inzwischen ist die Bedeutung von Hybridsorten im Rapsanbau dominierend, weshalb das Prüfsortiment der Landessortenversuche (LSV) in Hessen ausschließlich Hybridsorten umfasst.
Über 20 Sorten in den hessischen LSV geprüft
Die Sortenauswahl beim Raps ist groß. In der beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes sind allein 90 Sorten mit Voraussetzung des landeskulturellen Wertes in Deutschland zugelassen. Hinzukommen noch weitere Sorten, die in einen anderem EU-Land eingetragen und damit grundsätzlich auch in Deutschland vertriebsfähig sind. Die LSV helfen einen Überblick zu wahren, um unter der Vielzahl eine Sorte passend zu den hiesigen Anbaubedingungen finden zu können.
Sowohl dieses als auch letztes Jahr umfasst das LSV-Prüfsortiment insgesamt 24 Hybridsorten. Diese werden an vier Standorten in Hessen (Friedberg, Bad Hersfeld, Fritzlar, Korbach) geprüft. Jede Sorte wird dabei unter reduziertem (kein Fungizid) und optimierten (Fungizid und Wachstumsregler bei Bedarf) Pflanzenschutzeinsatz geführt. Die Insektizidbehandlung nach Schadschwelle findet einheitlich statt.
Für die Leistungsbewertung einer Sorte ist es wichtig, das Zusammenspiel aus Kornertrag, Ölgehalt für den Ölertrag zu betrachten, was letztlich in Kombination mit der aktuellen Preislage in der bereinigten Marktleistung mündet. Hierfür werden durchschnittlichen Erlöserpreise entsprechend der LLH Marktinfo berücksichtigt.
Da das Zeitfenster zwischen Ernte und Aussaat beim Raps sehr eng ist, werden für die Empfehlungen der Sortenwahl zur kommenden Aussaat die LSV-Ergebnisse des Erntejahres 2022 herangezogen. Wichtig ist es, die Leistung der Sorten über mehrere Standorte und Jahre zu betrachten. Abschließende Anbauempfehlungen für eine Sorte können daher erst nach dreijähriger Prüfung unter hessischen Anbaubedingungen gegeben werden. Dies ist wichtig, um den Einfluss verschiedener Jahres- und Standortbedingungen abbilden zu können.
Auffällig vor dem Hintergrund ist auch der starke Sortenwechsel beim Raps: der überwiegende Teil des Sortiments befindet sich erst im ersten oder zweiten Prüfjahr. Gerade die Neuzulassungen versprechen gegenüber den älteren Sorten einen deutlichen Ertragsvorsprung. Nichtsdestotrotz sollte zunächst abgewartet werden, wie sich die Sorten in Hessen über die Jahre entwickeln. Da Winterraps ein starkes Kompensationsvermögen über die Vegetationsperiode zeigt, ist eine mehrjährige Betrachtung umso wichtiger. Sorten, die stabile hohe Leistungen unter sich jährlich ändernden Umweltbedingungen zeigen, sind besonders für den Anbau empfehlenswert.
Cecilia Hüppe, LLH, Fachinformation Pflanzenbau – LW 29/2023