Was für frühere Winzergenerationen undenkbar gewesen wäre, den Traubenertrag nach der Blüte massiv zu reduzieren, hält zunehmend als Standardmaßnahme Einzug in die Praxis, um die Weinqualität weiter zu steigern. Der Ertrag ist schwer abzuschätzen und die Regulierung nicht einfach. Mit dem Traubenvollernter steht den Winzern ein schnelles und kostengünstiges Ausdünnungsverfahren für Minimalschnittanlagen im Spalier und in Normalanlagen zur Verfügung. Im Unterschied zur Handausdünnung reagieren die Trauben auf die Regulierung durch den Vollernter mit der Bildung von kleineren Beeren mit dickerer Beerenhaut. Dies führt zu lockeren Trauben, die weniger anfällig für Botrytis sind und eine spätere Lese erlauben. Die Inhaltsstoffe werden stärker konzentriert, was sich bei Rotwein qualitätsfördernd auswirken kann. Allerdings darf das hohe Verlustrisiko beim Vollerntereinsatz nicht außer Acht gelassen werden, nur eine sehr sorgfältige Geräteeinstellung bringt den gewünschten Erfolg.
Mit der Oppenheimer Traubenbürste steht ein neues maschinelles Verfahren zur Ertragsreduzierung zur Verfügung. Mit relativ geringem technischen Aufwand und somit niedrigen Kosten haben einige Winzer ihren Rebstammputzer zur Traubenbürste umgerüstet und sammeln nun Erfahrungen. Die Entwicklung der Oppenheimer Experten ist von Tüftlern leicht umzusetzen, kann aber auch beim Hersteller eines Rebstammputzers in Auftrag gegeben werden.
Die Traubenbürste ist nicht nur für qualitätsorientierte Flaschenweinvermarkter mit dem Ziel Premiumwein interessant, sondern auch für Fassweinerzeuger, die an Qualitätsprojekten teilnehmen. Sowohl der Vollerntereinsatz als auch die Traubenbürste sind praxistauglich, allerdings bedarf Ertragsregulierung Fingerspitzengefühl und viel Erfahrung des Winzers.
Bettina Siée – LW /2012