Auf Einladung von Landwirt Jürgen Bringmann aus Hilgershausen nahm der Vorstand des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner dessen Grünland- und Ackerflächen in Augenschein. Die fachliche Begleitung der Exkursion erfolgte durch Claudia Lotze, erfahrene Biologin mit Ortskenntnissen, und Adolf Knierim, ebenfalls ortsansässiger Landwirt.
Die Ortschaft Hilgershausen hat im Verhältnis zum Durchschnitt des Werra-Meißner-Kreises noch eine recht starke Tierhaltung. Neben zwei etablierten Schafbetrieben sind auch Extensivrinderhalter und Pferdebesitzer ansässig. Die hauptsächlich mit Grünland genutzte Gemarkung ist abwechslungsreich, teilweise stark hängig und von ganz unterschiedlichen Bodengüten geprägt.
Die erste Wiese, die besichtigt wird, ist ein gut erreichbarer Standort, auf dem die Pferde der Bringmanns den Winter über ihren Auslauf finden. Durch die Winterweidehaltung wird die Wiese über diese Jahreszeit hinweg bis ins zeitige Frühjahr recht „kurz gehalten“. Das Resultat bestaunen die interessierten Beobachter nun im Juli.
Der durch das trockene Frühjahr recht zögerliche Aufwuchs zeigt sich zum Zeitpunkt der Exkursion in blühender Farbenpracht unterschiedlicher Pflanzenarten. Schmetterlinge, Hummeln und Wildbienen finden hier in der frühen Abendstunde reichlich Nahrung. Der hohe Aufwuchs bietet insbesondere Kleinsäugern, aber auch Wärme- liebenden Reptilien ausreichend Schutz.
Landwirtschaft und Biodiversität ergänzen sich
In der Vorstellung der Fläche sind sich Knierim und Bringmann mit der Biologin einig: „Hier zeigt es sich eindeutig, dass Landwirtschaft und Biodiversität sich hervorragend ergänzen.“
Das nächste Exkursionsziel ist ein über einige Jahre nicht abgemähter Feldrain. Zum Zeitpunkt der Besichtigung findet man hier eine vielfältige Kombination aus Pflanzengesellschaften. Neben diesem Kleinod an Biodiversität entwickelte sich über die Zeit hinweg auf dieser Fläche eine Feldholzinsel, bestehend aus Totholzbestandteilen, Wildobstbäumen und einigen anderen hochwertigen Landschaftselementen.
Weißdorn und Brombeeren reduzieren Artenvielfalt
Dieser Feldrain mit seiner Feldholzinsel regt die Beteiligten an, über die Verbuschung der Landschaft zu diskutieren. Die massive Ausdehnung von Weißdorn und Brombeeren in ungenutzten Regionen reduziert die Artenvielfalt an diesen Sukzessionsstellen erheblich. Alle Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Entwicklung der Biodiversität von Menschenhand begleitet werden muss. Ohne den Einsatz von Weidetieren oder die wirtschaftliche Nutzung durch Silage und Heugewinnung werden solche Flächen langfristig nicht zu erhalten sein.
Während die Damen und die beiden Herren intensiv am Feld-
rain diskutieren, beobachtet der Verfasser dieser Zeilen den intensiven Insektenflug auf die auf der Fläche stehenden „Nickenden Distel.“
Bringmann, der auch in der Abteilung Landschaftspflege im Landwirtschaftsamt arbeitet, hört nicht auf zu betonen, dass Landwirtschaft und Biodiversität in der Landschaft kein Widerspruch sein muss. Oftmals, so Bringmann und Knierim, vergessen die Landwirte, ihre Erfolge beim Erhalt der Biodiversität entsprechend darzustellen. Viele wertvolle Biotope werden durch Landwirte gepflegt und erhalten. In der Bevölkerung wird dies als selbstverständlich empfunden. Dementsprechend wenig wird diese Leistung dann erkannt.
Michaela Breun, Mitglied im Vorstand des Kreisbauernverbandes, befasst sich auf ihrem Ackerbaubetrieb ebenfalls mit der aktiven Förderung von Biosiversität und ist im Thema gut zu Hause.
Tritte der Weidetiere fördern Blühpflanzen
Auf der letzten Fläche der Besichtigungstour wird eine Beweidungsfläche begutachtet, die sich bei der Besichtigung im wunderschönen Gelb- und Lilaton präsentiert. Die Sonnenstrahlen des Spätabends erwärmen noch einmal den Bestand und lassen viele Insekten sichtbar werden. Ebenfalls eine Erkenntnis der „Tour de Natur“ ist, dass die Beweidung der Flächen zu einer deutlichen Zunahme der Blühpflanzen geführt hat. Bringmann und Knierim führen das auf die Folge der Tritte der Tiere zurück, die die Pflanzen in ihrem Wachstum fördern.
KBV-Vorsitzender Torsten Möller bedankt sich bei den drei Akteuren aus Hilgeshausen und fasst zusammen: Landwirtschaft präsentiert sich im Werra-Meißner-Kreis nicht nur als Teil der Wirtschaft, sondern ist im gleichen Maße unverzichtbares Element zum Erhalt von Artenvielfalt und Naturerlebnis.
KBV – LW 33/2020