Aus der Region | LW HEUTE

Exportquote von 90 Prozent

AK Industrie-Landwirtschaft bei John Deere in Mannheim

„Mit einem Umsatz von 36 Mrd. US-Dollar steht John Deere auf Platz 79 der 100 größten Unternehmen der Welt und rangiert damit vor so namhaften Firmen wie zum Beispiel Ferrari oder Harley Davidson.“ Das sagte Dr. Oliver Neumann, Leiter der John Deere Öffentlichkeitsarbeit für Deutschland und Europa, als er dem Arbeitskreis Industrie – Landwirtschaft Hessen (AKIL) am vergangenen Freitag in Mannheim den international größten Landmaschinenhersteller vorstellte.

Die Mitglieder des Arbeitskreises Industrie-Landwirtschaft Hessen vor einem John Deere Traktor der aktuellen Baureihe. Dr. Oliver Neumann (4.v.r.) stellte das Unternehmen vor. Mit dabei der neu gewählte Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes, Thomas Kunz (4.v.l.). Foto: Bernd Weber

Seit der Gründung durch den amerikanischen Schmied John Deere im Jahr 1837 standen bis heute lediglich neun Personen an der Spitze des Unternehmens, das seit 2010 von dem Konzernchef und Verwaltungsratsvorsitzenden Sam R. Allen geführt wird.

Ein Meilenstein in der Geschichte von John Deere war die Übernahme der Aktienmehrheit der Firma Heinrich Lanz AG, Mannheim, im Jahr 1956. Heute beschäftigt John Deere weltweit 59 000 Mitarbeiter in 68 Fabriken in 19 Län­dern.

Die größte Fertigungsstätte außerhalb Nordamerikas ist das John Deere Werk Mannheim, das 1859 von dem deutschen Pio­nier der Landtechnik, Heinrich Lanz, gegründet wurde. Seit 1921, dem Geburtsjahr des Lanz Bulldog, wurden dort insgesamt 1,65 Mio. Traktoren gebaut. John Deere beschäftigt in Deutschland an sechs Standorten zurzeit 6 945 Mitarbeiter, darunter circa 3 000 in Mannheim. Bundesweit gibt es 52 Vertriebspartner mit zusammen 4 500 Beschäftigten. Künftig werden weniger und dafür größere Einheiten angestrebt, um den spezifischen Anforderungen der zunehmenden Technisierung gerecht zu werden.

Neben Traktoren und anderen Landmaschinen produziert John Deere auch Forst- und Baumaschinen (nicht für den europäischen Markt) sowie Maschinen für die Rasen- und Grundstückspflege. Auch Finanzdienstleistungen gehören zum Portfolio.

Krisenherde und Preisverfall drücken Gewinn

Im Geschäftsjahr 2014 (1. November 2013 bis 31. Oktober 2014) liefen im Werk Mannheim rund 34 000 Traktoren vom Band, im Vorjahreszeitraum waren es 39 000. Für das laufende Jahr rechnet Dr. Neumann mit einem weiteren Rückgang. Während der Konzern 2014 noch einen Jahresüberschuss von 3,1 Mrd. US Dollar erzielte, werden für 2015 nur noch 1,9 Mrd. US Dollar prognostiziert. Der PR-Manager begründete dies unter anderem mit den zahlreichen Konfliktherden auf der Welt, zum Beispiel in Russland, der Ukraine, Nordafrika sowie im Nahen und Mittleren Osten.

Auch habe sich das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern Brasilien, Indien und China stark verlangsamt. In Europa wirke sich der Preisverfall bei Weizen, Raps, Milch und anderen Agrarprodukten negativ aus.

Abgasnormen verteuern die Produktion

Kostentreibend in der Produktion seien die sich verschärfenden Abgasnormen für Traktoren. „Die Kunden sind nicht bereit, dafür zu bezahlen“, so Neumann. Viele Komponenten müssten verändert werden. Durch das vergrößerte Abgassystem und die Kühlung müsse wesentlich mehr unter der Motorhaube verstaut werden.

„Bei John Deere haben Forschung und Entwicklung mit einem Budget von 1,45 Mrd. US-Dollar einen hohen Stellenwert“, sagte Neumann. Dieser Betrag entspreche 4,4 Prozent des Umsatzes oder 5,2 Mio. Euro pro Arbeitstag.

Ein Beispiel für die Nutzung neuer Technologien seien satellitengesteuerte Navigationssysteme, über die der landwirtschaftliche Betrieb mit seinem Händler und dem Traktorenhersteller vernetzt würden. Hierbei gehe es darum, den Maschineneinsatz und die Logistik zu optimieren und den Landwirt bei anstehenden Entscheidungen zu unterstützen. Das 2010 von John Deere in Kaiserslautern eröffnete Europäische Technologie- und Innovationszentrum entwickele mit seinen 180 Mitarbeitern immer wieder neue Lösungen für die Präzisionslandwirtschaft.

Hohe Abhängigkeit vom Exportgeschäft

Im John Deere Werk Mannheim werden auf einer Fläche von 42 ha fünf Traktorenbaureihen mit über 27 verschiedenen Grundmodellen im Leistungsbereich von 70 bis 250 PS gebaut. Pro Schicht laufen etwa 140 Traktoren vom Band. Es dauert knapp viereinhalb Stunden bis aus etwa 30 000 Einzelteilen ein Schlepper schlüsselfertig zusammengebaut ist. Das erfuhren die AK IL-Mitglieder von Christian Quick bei einem Rundgang durch das Werk.

Eine Besonderheit ist der Online-Teststand, den jeder zehnte Schlepper durchläuft. Hierbei werden praxisähnliche Fahr- und Belastungstests simuliert. Mit einer Vorlaufzeit von circa drei Stunden werden die Fahrerkabinen aus dem 50 km entfernten Bruchsal per Lkw nach Mannheim transportiert, um dort über etwa 40 Anschlüsse mit dem Fahrgestell fest verbunden zu werden. In der Fachsprache nennt man diesen Teil der Endmontage „Hochzeit“. Jeden Dienstag und Freitag transportieren Schiffe rund 360 John Deere Traktoren von Mannheim nach Rotterdam, beziehungsweise nach Antwerpen. Von dort gelangen sie in die USA und andere Teile der Welt. Bis zu 50 Prozent der Mannheimer Traktoren werden verschifft, die andere Hälfte wird meist per Lkw innerhalb Europas transportiert. Die Exportquote der Fabrik liegt bei etwa 90 Prozent.

AKIL  – LW 49/2014