Die gemeinsame Fachtagung des Verbandes der Teilnehmergemeinschaften Rheinland-Pfalz (VTG) und des Landwirtschaftsministeriums mit Mitgliederversammlung des VTG Mitte April im Zentrum am Park in Emmelshausen war dank des interessanten Themas sehr gut besucht.
Landwirtschaftliche Flächen als Grundlage der Nahrungsproduktion sind kostbar, lautete ein Schlagwort zu Beginn der Veranstaltung. „Nur elf Prozent der Erdoberfläche sind landwirtschaftlich nutzbar. Die landwirtschaftliche Fläche ist bundesweit aber in den letzten 40 Jahren um 22 Prozent kleiner geworden. Dieser Flächenverbrauch entspricht der Agrarfläche des gesamten Bundeslandes Rheinland-Pfalz.“ Mit diesen Worten brachte Staatsekretär Andy Becht die Brisanz des Themas auf den Punkt. Zwar sei die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher und naturbelassener Flächen bundesweit erheblich zurückgegangen – im Jahr 2000 habe der Flächenverbrauch noch 129 ha pro Tag betragen, 2015 noch 74 ha. Da Grund und Boden aber nicht vermehrbar seien, müsse noch viel sparsamer damit umgegangen werden.
Versiegelung trifft Landwirtschaft doppelt
Die Bodenversiegelung zum Ausbau von Siedlungs- und Verkehrsflächen habe einen doppelten negativen Effekt hinsichtlich des landwirtschaftlichen Flächenverbrauchs, da zum einen die eigentlichen Flächen bereitgestellt werden müssen und zum anderen das Erfordernis von naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen besteht. In der Feldflur diene vor allem das Flächenmanagement der Bodenordnung der Entflechtung von Nutzungskonflikten und zur gesamtkonzeptionellen, nachhaltigen Optimierung der Flächennutzungen.
Es können multifunktionale Landnutzungskonzepte gemeinschaftlich erarbeitet und umgesetzt werden. Besonders können durch die ländliche Bodenordnung investive Maßnahmen genau dort umgesetzt werden, wo sie zielgerichtet sind und am wenigsten Fläche verbrauchen.
„Land- und forstwirtschaftlicher Grund und Boden muss gegenüber außerlandwirtschaftlichen Investoren in Rheinland-Pfalz deutlich besser geschützt werden“, sagte VTG-Präsident Johannes Billen. Er erinnerte in seinem Grußwort an die Kampagne des Deutschen Bauernverbandes „Stoppt Flächenfraß“ aus dem Jahre 2012.
Innen- vor Außenentwicklung in den Dörfern
Die vielfältige Kulturlandschaft mit der breiten Eigentumsstreuung, so Billen, bildeten das Gesicht von Rheinland-Pfalz und seien gesellschaftlicher Grundkonsens. Land- und forstwirtschaftlicher Grund und Boden müssten daher auch gegenüber außerlandwirtschaftlichen Investoren in Rheinland-Pfalz deutlich besser geschützt werden. Entsiegelung bei Neuversiegelung, Innen- vor Außenentwicklung und Flächenschonung bei der Naturschutzkompensation seien unverzichtbare Grundsätze, wenn man es mit der Verringerung des landwirtschaftlichen Flächenverbrauchs ernst meine.
Durch das anschließende Fachprogramm führte Thomas Mitschang vom Landwirtschaftsministerium Rheinland-Pfalz. Er eröffnete seine Moderation mit der Premiere eines Filmes über den Ablauf der Flurbereinigung. Den Anfang der Vortragsreihe machte Prof. Dr. Karl-Heinz Thiemann vom Institut Landmanagement der Universität der Bundeswehr in München. In seinen Vortrag „Der Kampf um die Fläche im ländlichen Raum – wie lässt sich die Flächenkonkurrenz entschärfen?“, gab er zunächst einen Überblick über die Funktionen der ländlichen Räume und die alten und neuen Herausforderungen an die Flächenansprüche. Danach ging er auf die Hauptfaktoren des „Flächenfraßes“ ein und resümierte, dass der Landentwicklung und Bodenordnung eine Schlüsselrolle zur nachhaltigen Landschaftsentwicklung und damit auch zum sorgsamen Umgang mit den Flächen zukomme.
Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun
Im Anschluss referierte der geschäftsführende Direktor des Instituts für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) am Umwelt-Campus Birkenfeld, Prof. Dr. Peter Heck, über das Thema „Mehr Wert vom Hektar – nachhaltiges Kulturlandschaftsmanagement in Kooperation mit den Landnutzern“. Er formulierte völlig neue Handlungsansätze an die Kulturlandschaftsentwicklung und zeigte auf, wie mit Agrarholznutzung die Multifunktionalität der Agrarsysteme und damit deren Resilienz gestärkt werden kann. Er plädierte dabei leidenschaftlich für integrierte Energie- und Landnutzungskonzepte, die Erhöhung und den Verbleib der Wertschöpfung in der Region und einer kreativen Nutzung der Chancenvielfalt der Dörfer und ländlichen Räume. Er beklagte aber zugleich, dass es für diese neuen Ansätze großes Interesse bei den Kommunen, aber zu wenig Verständnis und (finanzielle) Unterstützung bei den Ministerien in Bund und Ländern gäbe. Seinen leidenschaftlichen Vortrag schloss er mit einem Zitat von Mahatma Gandhi: „Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun.“
Nach den beiden wissenschaftlichen Vorträgen kamen die Praktiker zu Wort. Den Auftakt machte Jan Hendrik Müller von der Landwirtschaftskammer in Rheinland-Pfalz. Er gab einen kritischen Überblick über den „Flächenverbrauch in Rheinland-Pfalz“ mit besonderer Betrachtung aus Sicht der Landwirtschaft. Dass auch natur- und landschaftsschutzfachliche Ausgleichsmaßnahmen durchaus flächensparend umgesetzt werden können, zeigte Marleen Hönkemeyer von der Naturschutzbehörde im Landkreis Alzey-Worms an Kompensationsmaßnahmen für Windkraftanlagen im Flurbereinigungsverfahren Gundersheim. Frank Schmelzer vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück zeigte am Beispiel der Flurbereinigung Badenheim-Pleitersheim, wie auch in einer Ackerzweitbereinigung durch viele kleine planerische Überlegungen ein sehr großer Beitrag zur Reduzierung des Flächenverbrauchs geleistet werden kann. Die Referate der Praktiker wurden abgerundet durch Manfred Heinzen vom DLR Mosel, der am Beispiel der Flurbereinigung Kylltalmündung aufzeigte, wie auf der Basis eines öffentlichen rechtlichen Vertrages nicht nur unterschiedlichste Nutzungen entflechtet, sondern auch außerlandwirtschaftliche Flächeninanspruchnahme mit Hilfe des Instrumentes Flurbereinigung erheblich reduziert werden konnte.
Kritische Worte für die Personalsituation im Bereich ländliche Bodenordnung der DLR fand VTG-Präsident Johannes Billen in der anschließenden Mitgliederversammlung des Verbandes der Teilnehmergemeinschaften. Im letzten Jahr habe man zum ersten Mal vorhandenes Geld für die Flurbereinigung nicht ausgeben können, weil das Personal und damit die planungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Das sei schon deswegen nicht hinnehmbar, weil diese Gelder und damit die Investitionen im ländlichen Raum fehlten. Diese Entwicklung habe aber auch weitreichende Folgen für die Finanzierung des VTG. Mittlerweile habe man sich offensichtlich schon daran gewöhnt, dass das Beschleunigungsgebot der Flurbereinigung noch nicht mal mehr auf dem Papier existiere.
Einen nicht unerheblichen Anteil daran habe nach Einschätzung des VTG-Vorstandes der kaum noch durchschaubare Regelungsdschungel im Bereich des Naturschutzes und der Landespflege. Er habe aber in Gesprächen mit dem Agrarausschuss und Staatssekretär Andy Becht den Eindruck gewonnen, dass die Problematik erkannt wurde und man gewillt sei, den bereits eingeschlagenen Weg der Abwärtsspirale wenigstens Einhalt zu gebieten.
Verband weiterhin schuldenfrei
VTG-Geschäftsführer Heribert Sperlich stellte den Jahresabschluss 2017 und den Wirtschaftsplan 2018 vor. Sperlich betonte, dass der Verband schuldenfrei sei und die Liquiditätslage des VTG und seiner Mitglieder stets geordnet war. Die enorme Kürzung der Flurbereinigungsmittel und die allgemeinen Kostensteigerungen machten allerdings, trotz aller Sparbemühungen, eine Anhebung des Umlagesatzes und der Beiträge für das Personal unverzichtbar. In der anschließenden Beschlussfassung stimmte die Mitgliederversammlung auf Empfehlung des VTG-Vorstandes der Erhöhung der Beitragssätze für das Personal um vier Prozent ebenso zu, wie der Festsetzung des Umlagesatzes für 2018 mit 10,5 Prozent.
Heribert Sperlich – LW 19/2018