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Freiflächenphotovoltaik und Rückkehr von Wolf und Biber

RP Gießen und Kreisbauernverbände im Jahresgespräch

Bei dem Jahresgespräch zwischen dem Regierungspräsidium Gießen und den mittelhessischen Kreisbauernverbänden standen in diesem Jahr die Themen Freiflächenphotovoltaik, das Kleinstrukturenverzeichnis in der Agrarlandschaft und die Rückkehr des Wolfes und des Bibers nach Hessen im Vordergrund. Ersmals beteiligt waren bei dem Gespräch in Wetzlar die auf Kreisebene angesiedelten Ämter für den ländlichen Raum. Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich sprach laut Pressemitteilung des RP von einem offenen Dialog auf Augenhöhe.

Foto: RP Gießen

Zentral sei es, das vorhandene Wissen über die Themen abzugleichen, so der RP-Präsident. Ullrich betonte, dass das Regierungspräsidium dabei die Rolle des Umsetzers übernehme. Entscheidungen über die Regelungen der verschiedenen Themen würden in Brüssel, Berlin oder Wiesbaden getroffen. Bei der Umsetzung dieser Vorgaben vor Ort, müssten für alle Beteiligten praxistaugliche Lösungen gefunden werden. Deswegen gebe es das Angebot zum Jahresgespräch.

Neuaufstellung des Regionalplans

Inhaltlich nahm die Neuaufstellung des Regionalplans Mittelhessen und damit verbunden das Thema Freiflächenphotovoltaik und deren Privilegierung einen breiten Raum ein. Aktuell befinden sich laut RP Grundsatzpapiere zu einzelnen Themen in der Bearbeitung. Dabei gehe es unter anderem darum, Abwägungen vorzunehmen, wenn verschiedene Interessen für die Flächenausweisungen im Regionalplan vorliegen. Die Privilegierung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) benötigen laut RP im Außenbereich normalerweise eine kommunale Bauleitplanung, die an regionale Vorgaben angepasst werden muss. Das RP informierte in einem Vortrag über die jüngsten Änderungen der Rechtslage. Der Bauernverband begrüßte, dass das RP Gießen weiterhin eine Steuerungsfunktion trotz der Privilegierung von Freiflächen-PV- Anlagen entlang von Autobahnen und zweigleisigen Bahnlinien einnehmen will und einen „Wildwuchs“ regionalplanerisch für problematisch ansieht. Ein weiteres Thema war die Änderung bei der Ausweisung von Gebieten mit „geringer Saumstruktur“ (Kleinstrukturenverzeichnis in der Agrarlandschaft), in welchen erhöhte Abstandsauflagen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gelten. Hier informierte Norbert Koch vom Pflanzenschutzdienst des RP, dass eine Überprüfung der Gebietsausweisung möglich ist.

Tierschutzrecht und Hygiene in Bezug auf Schlachtstätten war ein weiteres Thema. Das Regierungspräsidium werde weiterhin seine Expertise in Form von Beratungen und Unterstützung sowie Schulung anbieten und dazu im Austausch mit den Beteiligten sowie den kommunalen Behörden bleiben.

Die Fauna-Flora-Habitat-Gebietskonferenzen und die Einbindung der Landwirtschaft beschäftigte die Gesprächsrunde ebenfalls. Das Schutzgebietsmanagement in Hessen ist durch die Regierungspräsidien und örtliche Behörden geregelt. Maßnahmenpläne werden unter Beteiligung von Nutzern und Naturschutzvereinen erstellt, um den Erhaltungszustand von Lebensräumen und Arten zu wahren oder wiederherzustellen. Gebietskonferenzen werden alle sechs bis zwölf Jahre durchgeführt, um den Erfolg der Maßnahmen zu überprüfen. Der landwirtschaftliche Berufsstand wird durch Anwesenheit der Ortslandwirte bei den Gebietskonferenzen einbezogen. Dabei dienen diese Konferenzen einer reinen fachlichen Diskussion und enthalten keine Abstimmungsprozesse.

Der Wolf breitet sich in Hessen weiter aus. In Mittelhessen wurden elf Nutztiere gerissen. Es wurden nur zwei Anträge auf Billigkeitsleistungen gestellt und genehmigt. Es stehen noch Entscheidungen für zwei Anträge aus. Anträge auf die Entnahme von Wölfen im RP-Bezirk wurden bislang nicht eingereicht. Während es beim Wolf bereits Möglichkeiten zur Entschädigung gibt, ist für den Biber eine entsprechende Richtlinie in Arbeit. Bei dem Biber als streng geschützte Art bedarf jeder Eingriff in seinen Lebensraum einer Ausnahmegenehmigung nach Bundesnaturschutzgesetz, für deren Erteilung die Untere Naturschutzbehörde zuständig ist. Hier gibt es aufgrund der aktuellen Rechtsprechung keine andere Möglichkeit für eine weniger strenge Auslegung. Auch bei diesem Thema bleibe der Austausch wichtig, vor allem das Biber-Management könnte hier künftig neue Lösungsansätze bringen.

Die zuständige Leiterin der RP-Abteilung Ländlicher Raum, Forsten, Natur- und Verbraucherschutz, Sonja Heckrodt schloss die fast zweieinhalbstündige Diskussion und dankte für das sachliche und konstruktive Gespräch.

pm – LW 15/2023