Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass sich in der Südpfalz ein Hotspot an Biodiversitätsaktionen befindet. Eben erst wurde das EFA-Projekt zum offiziellen Projekt der UN Dekade biologische Vielfalt ernannt. Darüber hinaus gibt es das Biodiversitätsprojekt Südpfalz sowie „Herxheim blüht“ auf die Gemarkung Herxheim bei Landau begrenzt. Insgesamt über 200 ha Blühstreifen wurden insgesamt in den Projekten angelegt.
„Da ist es nur richtig, dass wir nun auch weiterdenken und die Insekten, die sich im Blühstreifen ansammeln nicht durch das Mulchen zerstören“, sagte Reinhold Hörner, der Vizepräsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd bei der Inbetriebnahme des Doppelmessermähwerks auf einer Blühfläche des Kartoffelhofs Kuntz in Herxheim.
Das seitliche Mähwerk wird ausgeklappt, dann senkt der Schlepperfahrer das Frontgerät ab und schaltet das Mähwerk ein. Es bleiben 15 cm hohe Stängel stehen, die gerade abgeschnitten sind, die restlichen Pflanzenteile fallen auf die Stängel und bedecken den Boden. Schmetterlinge fliegen weiter und auch die Heuschrecken hüpfen davon. Hörner hat das Gerät selbst vor dem Kauf bei der Firma BB-Umwelttechnik im Allgäu ausprobiert und sich versichert, dass mit mindestens 10 km/h im Grünland gefahren werden kann. In einer Stunde schafft man so ohne Probleme 5 ha Grünlandmahd.
Geringer Kraftaufwand spart Energie
Es kann im Standgas gefahren werden, sodass diese Technik deutlich Kraftstoff spart. Kommt ein Hindernis an das Seitenmähwerk, klappt dieses automatisch nach hinten, sodass keine Schäden am Mähwerk selbst zu befürchten sind. „Die Landwirte sind skeptisch, es erinnert alle an die alten Balkenmäher, an denen stets Messer oder Klingen ausgetauscht werden mussten“, bemerkte Hörner. Laut Gerald Piller von der Firma BB-Umwelttechnik gibt es deutliche Unterschiede zum Balkenmäher. So waren beim Balkenmäher die unteren Messer ungeschliffen und fest. Heute beim Doppelmessermähwerk laufen die zwei geschliffenen Messer aufeinander zu, sodass wie mit einer Schere abgeschnitten wird. Der Antrieb der Messer erfolgt über einen Ölmotor. Die Messer bleiben dann stehen, wenn ein Hindernis kommt. Der Seco Duplex 700 Frontschmetterling in Herxheim weist mit dem Seitenmähwerk eine Arbeitsbreite von sieben Metern auf. Das Besondere an diesem Gerät ist, dass es gemeinschaftlich angeschafft wurde. Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau finanzierte den Kauf des Frontschmetterlingmähwerks mit rund 20 000 Euro. Dieses wurde zu Versuchszwecken am DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück angeschafft und ist nun durch einen Überlassungsvertrag eine Leihgabe an den Maschinenring Südpfalz unter der Leitung von Rüdiger Stenzel. Der Maschinenring stellt den Fahrer und organisiert die Einsätze der Maschine vor Ort. Weitere Beteiligte sind die VR Bank Südpfalz mit Tino Klink, Christian Bauchhenß und Ralf Horter. Sie finanzierten über die Stiftung von Landschaft und Natur in der Südpfalz das Seitenmähwerk mit 11 700 Euro. Dieses wurde dem Naturschutzverband Südpfalz (NVS) übergeben. Dessen Vorsitzender Kurt Garecht begrüßt die Aktion und sieht damit auch eine Möglichkeit, Naturschutzflächen schonend für Insekten und Amphibien zu pflegen.
Feuchtigkeit im Boden halten – weniger tief mähen
„So profitieren alle von der Gemeinschaftsaktion“, fasste Gisela Horix vom Landwirtschaftsministerium zusammen. Sie bemerkte, dass es angesichts des Klimawandels sinnvoll ist, die Flächen weniger tief zu mähen und so die Feuchtigkeit in den Böden zu halten. Ein weiterer Vorteil des Doppelmessermähwerkes sei, verspricht der Hersteller, dass das Wiederaufwuchsverhalten nach dem Schnitt deutlich verbessert ist im Vergleich zum abgerissenen Grashalm durch die Kreiselbewegung eines Mulchers.
Nun gilt es Kommunen zu überzeugen
„Vor allem Kommunen müssen nun überzeugt werden, diese Technik so bald wie möglich in ihre Grünlandpflege einzubinden“, sagte Horix. Auch sie haben eine große Verantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt. Dazu gehöre, sich schnellstens von den sauberen und kurz gemulchten Grünflächen zu verabschieden und mehr blütenreiche, höchstens zweimal im Jahr mit dem Doppelmessermähwerk zu mähende Flächen anzulegen. „Sie werden dann von ganz alleine immer blütenreicher“, sagte Garecht, der Vorsitzende des NVS. Neben den Kommunen hat Horix auch die Winzer im Visier. Sie säen oft schon blütenreiche Mischungen in die Gassen, doch die richtige Pflege fehlt.
Die eben gemähte Blühfläche in Herxheim gehört zu den 6 ha Blühstreifen vom Kartoffelhof Kuntz. Landwirt Volker Kuntz und sein Sohn Steffen bauen 20 ha Kartoffeln, Zuckerrüben und Getreide an. Darüber hinaus vermarkten sie an den Obst- und Gemüsegroßhandel, haben eine Kartoffelschälmaschine in Betrieb und liefern somit an die Gastronomie, an Kantinen, Altenheime und Behindertenwerkstätten. Insgesamt bewirtschaften sie rund 100 ha.
Die Blühfläche mitten in Herxheim wurde am 13. Mai mit einer einjährigen Mischung eingesät. „Zu spät“, sagt Kuntz, denn anschließend wurde es bereits trocken und zu warm, sodass sich die Melde übermäßig entwickelte und manche Mischungspartner gar nicht zum Zug kamen. „Wir wollten das mal ausprobieren. Bisher haben wir die Blühstreifen einfach stehen gelassen, das war bei diesem Unkrautdruck nicht möglich“, sagte Kuntz, der derzeit den Meister in der Landwirtschaftsschule in Bruchsal macht. Noch sei nicht entschieden, ob er den Hof künftig übernehmen wird, mit dem Gedanken spielt er schon. In 1,5 Jahren hat er seinen Meister in der Tasche, bis dahin möchte er die Entscheidung gefällt haben.
zep – LW 32/2020