Der Naturschutzbund Deutschland und der Bayerische Landesbund für Vogelschutz haben den Gartenrotschwanz zum Vogel des Jahres 2011 gekürt. Damit wollen sie auf den Rückgang dieser früher häufigen Vogelart aufmerksam machen.
Nach dem Kormoran als fischfressende Vogelart wurde nun ein Gartenbewohner zum Vogel des Jahres gewählt. Die Wahl hatte einen guten Grund: Brüteten um 1980 noch etwa 450 000 Paare in Deutschland, so sind es heute nur noch 110 000 bis 160 000. Dieser auffällige Rückgang des einst typischen Gartenvogels hängt sowohl mit Lebensraumverlusten in den Brutgebieten als auch negativen Veränderungen in den afrikanischen Überwinterungsgebieten zusammen.
Die früher charakteristischen Streuobstgürtel um die Dörfer gingen für den Höhlenbrüter ebenso zurück wie die Kleinstrukturen in der Kulturlandschaft mit Korbweiden, Hecken oder Obstbäumen. Aufgeräumte Gärten mit intensiv gepflegten Rasenflächen, fremdländischen Gehölzen und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln geben dem Insektenfresser in unseren Gärten keine große Chance.
Ein kleines Lied zu früher Stunde
Die schwarze Kehle des männlichen Gartenrotschwanzes setzt sich kontrastreich gegenüber der leuchtend rostroten Brust und der weißen Stirn ab. Die Oberseite des Gefieders ist hellschiefergrau. Charakteristisch ist der laute und harte Ruf „füid-teck-teck, füid-teck-teck“ oder auch „füid, füid, füid-teck-teck“. Dieser Ruf, den man auch ähnlich vom Hausrotschwanz kennt, klingt so, als wenn man zwei Kieselsteine aneinander schlägt. Noch vor Amsel, Singdrossel und Rotkehlchen sind die Rotschwänze die ersten Vögel, die das Morgenkonzert anstimmen. Von Baumspitzen, Hausdächern oder Leitungsdrähten erklingt ihr ausdrucksvoller und vielseitiger, aber verhältnismäßig kurzer Gesang. Der Anfangsstrophe „hüid-tjück-tjück“ folgen zwitschernde, schnalzende wie auch wohlklingende und trillernde Töne.
Vielseitige Nistplatzwahl
Der Gartenrotschwanz brütet in lichten Altholzbeständen. Neben Gärten zählen hierzu unter anderem Streuobstwiesen, extensiv genutztes Grünland, Parks, Alleen, Au- und Feldgehölze sowie lichte Waldränder. Die Männchen kommen Ende März/Anfang April als erste im Brutgebiet an. Sie gründen die Reviere, inspizieren Nisthöhlen und zeigen den Weibchen mehrere Höhlen.
Die Weibchen wählen dann eine geeignete Bruthöhle aus. Bevorzugt werden solche mit großen Öffnungen. Im Kulturland findet die Mehrzahl der Bruten in künstlichen Nistgeräten, aber auch Dachbalken, unter Ziegeln, in natürlichen Baumhöhlen, hinter abstehender Rinde oder in Mauerlöchern statt. Seltener sind Nester unter Wurzeln am Boden, Freinester in Bäumen, Sträuchern und Kletterpflanzen.
Die meisten Bruten werden zwischen Ende April und Ende Mai vollzogen, wobei sie ausnahmsweise auch Mitte Juli oder später beobachtet werden können. Im ersten Gelege findet man fünf bis sieben Eier. Nach dem Schlupf hudert das Weibchen die Nestlinge und übernachtet fünf bis sieben Tage im Nest. An der Fütterung ist sie mehr als das Männchen beteiligt. Bis zum Ausfliegen der Jungen wird das Nest durch regelmäßiges Wegtragen des Kotes sauber gehalten. Nach 13 bis 15 Tagen verlassen die Jungvögel das Nest und halten sich eine Zeit lang am Boden auf.
Als Nahrung dienen vor allem Insekten und Spinnentiere des Bodens und der Krautschicht, aber auch von Gebüschen und Bäumen. Von einer niedrigen Sitzwarte startet der Gartenrotschwanz und nimmt die Beute im Flug auf. Am häufigsten werden Käfer sowie Haut- und Zweiflügler vertilgt. An die Jungen werden auch Raupen oder seltener Beeren und Früchte verfüttert.
Erhalt alter Baumbestände
Der Gartenfreund sollte dafür Sorge tragen, dass alte Bäume möglichst lange für Vogelarten wie den Gartenrotschwanz als potenzielle Brutstätte dienen und nicht vorzeitig gefällt werden. In höhlenarmen Gärten empfiehlt sich das Aufhängen von Nistkästen. Gartenrotschwänze benötigen ovale Einfluglöcher mit einer Höhe von 48 Millimeter und einer Breite von 32 Millimeter. Am besten hängt man den Kasten mit einem Drahtbügel oder Plastikkordel an einen Aststummel in 1,8 bis 2,5 Meter Höhe. Somit kann man sie zur jährlichen Kontrolle leicht abnehmen. Durch das Aufhängen im Freien haben Katzen eine geringe Chance, die Brut zu zerstören. Im Allgemeinen sollte der Garten einer extensiven Pflege unterliegen sowie ausreichend Strukturreichtum aufweisen, um genügend Nahrung für den Gartenrotschwanz bereitzustellen. Michael Dech