Unter dem Motto Ökolandbau und Nachhaltigkeit hatte der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) gemeinsam mit dem Kuratorium für das landwirtschaftliche und gartenbauliche Beratungswesen zur vierten Auflage des hessischen Öko-Fachtages nach Hüttenberg eingeladen.
Offenbar haben die Veranstalter mit ihrem diesjährigen Schwerpunkt Nachhaltigkeit den Nerv der mehr als 100 Teilnehmer getroffen.
Der Ökolandbau in Hessen sei in der Beliebtheit der Bauern deutlich gestiegen in den vergangenen Jahren. Rund 14,5 Prozent der Fläche würden mittlerweile ökologisch bewirtschaftet. Neben extensiv-Standorten habe sich der Ökolandbau mittlerweile auch auf ackerbaulich interessanten Böden etablieren können. Es habe eine zunehmende Annäherung zwischen den beiden Bewirtschaftungsformen stattgefunden, so LLH-Direktor Andreas Sandhäger. Dies habe dazu beigetragen, dass konventionelle Landwirte auch Veranstaltungen wie zum Beispiel die Ökofeldtage gezielt als Impuls für den eigenen Betrieb nutzen. Der landwirtschaftliche Nachwuchs entscheidet über die zukünftige Wirtschaftsweise anhand der Optionen für den Betrieb. Dies ist auch im Betrieb von Volker Lein, Vizepräsident des HBV, der Fall, für dessen Sohn eine Umstellung denkbar sei. Eine Unterscheidung der Wertigkeit zwischen ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben erteilte Lein eine Absage.
Landwirte angewiesen auf funktionierende Ökosysteme
In ihrem Grußwort wies Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser auf den Rückgang der Artenvielfalt hin. „Der Ökolandbau wirkt sich positiv auf Klimaschutz, Biodiversität, Gewässerschutz und den Energieeinsatz aus. Aus diesem Grund bleibt die Unterstützung des ökologischen Landbaus ein zentrales Anliegen des Ministeriums“, betonte Tappeser. Der Markt für nachhaltig und regional erzeugte Lebensmittel solle durch hessische Betriebe bedient werden. Die Wertschöpfung verbleibe so in der Region, da Verbraucher bereit seien, für herkunftsgesicherte Produkte mehr Geld auszugeben. Die Hauptaufgabe bestünde darin, Erfassung und Verarbeitung der Erzeugnisse zu verbessern. In diesem Zusammenhang erwähnte Tappeser die Ökomodellregionen in Hessen, aus denen zahlreiche Projekte erfolgreich entwickelt wurden.
Nachhaltigkeit muss honoriert werden
Dr. Heinrich Graf von Bassewitz, der seit 1992 das großelterliche Gut Dalwitz im Mecklenburger Parkland gepachtet und auf Ökolandbau umgestellt hat, referierte über „Nachhaltige Landwirtschaft für kommende Generationen“. Auf seinem Betrieb gelingte es, Kreisläufe sowohl von Nährstoffen, das heißt in der Produktion von Lebensmitteln, als auch von Energie zu schließen. Auf 720 ha Ackerland ist das Kleegras mit 25 Prozent die tragende Säule, der Aufwuchs geht vollständig in die hofeigene Biogasanlage. In einer achtgliedrigen Fruchtfolge werden insgesamt zwölf verschiedene Fruchtarten im Wechsel von Winter- und Sommerkulturen angebaut. Auf den 350 ha Dauergrünland weiden ganzjährig 100 Angusrinder mit anschließender Ochsen- und Färsenmast, 80 südamerikanische Criollo-Pferde und 150 Skudden-Schafe. Von Bassewitz beschäftigt sich seit vielen Jahren auf seinem Betrieb mit dem Thema Nachhaltigkeit.
Den Betrieben bieten sich mittlerweile verschiedenste Nachhaltigkeitszertifizierungen an. Mangeln würde es daran, alle Aspekte eines Produktionsprozesses ökonomisch mit einzubeziehen, um den Nachhaltigkeitswert sichtbar zu machen. „Das importierte argentinische Rindfleisch konkurriert mit dem ökologischen Freilandrind“, stellte von Bassewitz heraus und fügte an, dass die höheren und teureren Standards in Europa beim Verbraucher in den Hintergrund rückten. Der Referent forderte mehr öffentliche Fördergelder für eine unabhängige Forschung. Dies dürfe nicht den Firmen überlassen werden, die eine reine Produktionssteigerung zum Ziel haben. Die Digitalisierung trage zu einer nachhaltigeren Produktion auch der konventionelle Betrieben bei. Dies sei wichtig, da nicht alle auf den ökologischen Landbau umstellen könnten. Um nachhaltige Wirtschaftsweise zu fördern, brauche es Methoden zur Bewertung und Honorierung. Der Idee des integrierten Landbaus habe es seinerzeit an diesen Aspekten gemangelt.
Gut Dalwitz ist einer von 60 Betrieben in einem gemeinsamen Projekt von WWF, dem Bio-Anbauverband „Biopark“ und Edeka, das wissenschaftlich vom Leibnitz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) begleitet und vom Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern sowie Edeka unterstützt wird. Die Artenvielfalt wird anhand eines Punktesystems erfasst und bewertet. „Unsere nachhaltig erzeugten Produkte können wir bei Edeka gut absetzen und der Mehraufwand wird auch honoriert.“ Er sieht großes Potenzial in autonom arbeitenden Maschinen. Stabile Nährstoffentzüge durch optimierte Produktionsprozesse seien ein wichtiger Schritt zum Gewässerschutz.
Förderung leistet wichtigen Beitrag zum Gewinn
Dass ein großer Teil der Gewinne auf landwirtschaftlichen Öko-Betrieben aus Prämien im Rahmen des Hessischen Agrarumweltprogramms (HALM) besteht, berichtete Gerd Trautmann vom Landwirtschaftsministerium.
Im Zuge der Verhandlungen über die Gemeinsame Agrarpolitik in Europa ab 2020 müssten sich die Betriebe auf Veränderungen einstellen. Je nachdem ob zum Beispiel 20 oder 25 Prozent Ökoanteil in Hessen als Zielwert zur Grundlage der Planungen bis 2023 gemacht werde, wäre ein zusätzliches Finanzvolumen nötig. Bei einem durch den avisierten Brexit gedeckelten EU-Haushalt stünden Kürzungen ins Haus, die kompensiert werden müssten. Eine Möglichkeit bestünde in der Umschichtung in die zweite Säule, die ab 2020 bis zu einer Höhe von 30 Prozent möglich sein soll.
In vier Workshops konnten sich die Teilnehmer des Hessischen Öko-Fachtages zu Themen wie Ökonomie beziehungsweise Vermarktung von Bio-Produkten, Biodiversität, Klimaschutz und der Situation von Menschen in einem landwirtschaftlichen Betrieb aktiv einbringen. Fachkräfte des LLH haben diese Workshops inhaltlich und methodisch vorbereitet. Im Foyer der Hüttenberger Bürgerstuben bestand die Gelegenheit, an zahlreichen Infoständen sich umfassend rund um den ökologischen Landbau in Hessen zu informieren.
Gengenbach, LLH – LW 48/2018