Wie geht es weiter mit der Zuckerrübe und dem Rübenanbau in Rheinhessen, der Pfalz und in Südhessen? Sowohl der Markt als auch der Pflanzenschutz bereiten den Anbauern im Südwesten Sorgen. Auf der Jahreshauptversammlung des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer wurden die künftigen Herausforderungen diskutiert.
Zuckerrübe 2020 – Wie geht es weiter? Diesen Titel hatte der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer am Montag dieser Woche für seine Jahreshauptversammlung in Worms gewählt. Denn die Zuckerrüben und damit auch ihre Erzeuger haben es aktuell schwer: Nach dem Ende der Zuckermarktordnung gibt es zu viel Zucker auf dem Weltmarkt, die Preise sind drastisch gefallen. Und auch der Pflanzenschutz wird nach dem Verbot der neonicotinoiden Beizen immer schwieriger, zumal sich neue Schädlinge, begünstigt durch den Klimawandel, ausbreiten.
Die Quotenregelung für Zuckerrüben ist Geschichte, die EU ist wieder zum Netto-Zuckerexporteur geworden. Die Zuckerpreise auf dem Weltmarkt aber sinken aufgrund von Rekordernten und enormen Zuckerbeständen weltweit. Das belastet auch die Südzucker, die für 2018/19 ein negatives operatives Ergebnis im Bereich Zucker von bis zu 200 Mio. Euro erwartet. Hinzu kommen extreme zyklische Schwankungen auf dem Weltzuckermarkt.
Es fehlt an Beratern, an Forschung und Monitoring
„Umso wichtiger sind deshalb verlässliche politische Rahmenbedingungen, die hier abfedernd wirken“, sagte der Verbandsvorsitzende Walter Manz. Doch diese seien nicht in Sicht. Vielmehr subventionieren die großen Zuckererzeugerländer wie Brasilien oder Thailand nach seinen Worten die heimische Zuckererzeugung, und auch in der EU entstünden durch die Zahlung von gekoppelten Prämien in einigen Mitgliedsstaaten drastische Wettbewerbsverzerrungen. Diese würden auch mit den Reformvorschlägen der GAP nicht aufgelöst.
Manz ging auch hart mit der Politik ins Gericht, die ihre Entscheidungen immer häufiger auf Grundlage von öffentlicher Meinungsmache statt von Expertenwissen fälle. Als Beispiele führte er die Verbote und Diskussionen um die Neonicotinoide und Glyphosat an. Der Vorsitzende forderte angesichts der kurzfristigen Verbote der neonicotinoiden Beizen eine Hilfestellung der Politik, um den Umstellungsprozess zu begleiten: „Angewandte Forschung, Wissens-Erhaltung, Beratung – all das findet bei uns inzwischen nicht mehr statt“, sagte er mit Hinweis auf den jahrelangen Abbau von Forschung und Beratung. Dabei würden zur Bekämpfung neuer Schädlinge wie Zikaden neue Wirkstoffe oder schnelle züchterische Lösungen benötigt. „Mit Crispr/Cas hätten wir eine reelle Chance gehabt. Leider hat man uns auch diese genommen – wiederum auf der Basis diffuser Befürchtungen, die der wissenschaftlichen Grundlage entbehre.“
Der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing versprach den Rübenanbauern „bestmögliche Unterstützung durch das Land“. Er nehme die Sorgen der Anbauer sehr ernst, denn die hiesigen Standorte hätten Potenzial für den Rübenanbau. Wissing setzte sich für eine sachliche und wissensbasierte Auseinandersetzung vor allem beim Thema Pflanzenschutz ein: „Hier reden zu viele mit, die zu wenig davon verstehen.“ Ein Verbot der Neonicotinoide als Rübenbeize mache keinen Sinn, da Rüben nicht blühen und daher nicht von Bienen angeflogen werden. Statt der Neonicotinoide müssten nun deutlich mehr Produkte eingesetzt werden.
Das rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerium übernimmt nächstes Jahr den Vorsitz in der deutschen Agrarministerkonferenz und versprach, sich für pragmatische Lösungen in der Agrarpolitik einzusetzen. Vor allem treibt ihn die Sorge um, dass die Mittel für die zweite Säule um gut 20 Prozent gekürzt werden könnten, was das Flächenland Rheinland-Pfalz hart treffen würde.
Verbandsgeschäftsführer Dr. Christian Lang berichtete in seinem Vortrag über neue Schädlinge und Viren, die sich auch begünstigt durch den Klimawandel immer mehr ausbreiten.
„Das Neonicotinoidverbot trifft uns hart. Wir hatten jahrzehntelang keine Probleme mit Viren, Bakterien und anderen Vektoren. Es fehlt die Infrastruktur zur Beobachtung und für ein Monitoring, aber auch Berater und alternative Maßnahmen“, sagte er. Während andere Mitgliedstaaten Notfallzulassungen als Ausweg erwägen, sei in Deutschland damit nicht zu rechnen. „Die deutschen Anbauer sind massiv benachteiligt“, so sein Fazit. Um sich auf die neue Situation einzustellen, habe der Verband mit der ARGE Zuckerrübe Südwest ein Drei-Länder-Expertentreffen durchgeführt. Fest stehe, so Lang, dass für 2019 ein Monitoring neuer und altbekannter Schädlinge erforderlich sei. Im Südwesten müsse es eine Forschungsinitiative zu Zikaden und Blattläusen geben. Hierzu seien Promotionen geplant, um möglichst schnell Wissen in die Praxis zu transportieren.
ibs – LW 33/2018