Die Vereine für landwirtschaftliche Fortbildung (VLF) Fritzlar und Ziegenhain haben ihre gemeinsame Tagesfahrt dieses Jahr nach Mittel- und Südhessen unternommen. Das Interesse war so groß, dass zwei Termine organisiert wurden. Über 100 Teilnehmer besuchten die Käsescheune in Hungen, den Hessischen Rundfunk in Frankfurt und den Rosenhof von Werner und Sabine Ruf in Bad Nauheim-Steinfurth.
Die Hungener Käsescheune wurde von Renate Hecht und der Molkereimeisterin Katharina Eckert vorgestellt. Sie eröffnete im Jahr 2013. Das denkmalgeschützte Gebäude ist eine alte Scheune und wurde mit Landes- und EU Fördermitteln unterstützt. Im Gebäude befinden sich eine Käserei, ein Verkaufsladen und eine Gastronomie. Im Betrieb arbeiten zwölf Arbeitskräfte, allein fünf in der Käserei. Wöchentlich werden 1 200 Liter Kuh- sowie 800 Liter Schafs- und 200 Liter Ziegenmilch zu Weichkäse, Frisch- und Schnittkäse verarbeitet. Käsereimeisterin Eckert stellte den Produktionsprozess vor: Nachdem die Milch erhitzt, Lab zugegeben, der Bruch geschnitten und die Molke abfiltriert wurde, setzt der Reifeprozess für den Käse ein. Es folgt der Prozess der Affinage. Hierbei wird der Käse durch Reifung und Pflege veredelt. Je nach Käsesorte erfolgt eine sortenspezifische Behandlung mit Wein, Apfelwein, Kräutern, Sud, Salzlake oder Schimmelkulturen. So entsteht das typische Aroma der Käsesorten und die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen treten hervor, wie der Wetterauer Bio-Weichkäse, Wetterauer Schafsweichkäse, Wetterauer Frischkäse von der Kuh und dem Schaf, der Licher Bierkäse oder der Hungener Blütenkäse. Im Angebot sind auch selbstgebackenes Brot, Apfelwein aus der Wetterau, „Ahle Worscht aus Nordhessen“, regionale Konfitüren, Kürbissekt und Schlitzer Whisky. Alle Produkte werden direkt oder über Rewe Märkte vermarktet.
Wo die Hessenschau produziert wird
Weiterhin besuchten sie den Hessischen Rundfunk (hr) in Frankfurt/Main. Zu Beginn wurde ein Abriss der Geschichte des hr und ein Überblick über sämtliche Gebäude auf dem Gelände gegeben. Der hr ist seit über 60 Jahren ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts für das Land Hessen und Gründungsmitglied der ARD. Hauptsitz ist das Frankfurter „Funkhaus am Dornbusch“. Er beschäftigt 2 200 Mitarbeiter. Auf 9,6 ha befinden sich alle vorhandenen Gebäude, das älteste war schon einmal als Bundestag im Gespräch. Erst später wurde der Sendesaal gebaut, wo heute Konzerte aufgeführt werden. Auch sahen sie das „virtuelle Studio“, in dem die Hessenschau produziert wird. Per Computer wird alles auf eine grüne Wand projiziert. Im Anschluss ging es in die Fernsehstudios.
Dort wurde erklärt, mit welchen Möglichkeiten hinter den Kulissen von Sendungen wie Hessenquiz, Comedy Tower oder Dings vom Dach gearbeitet wird. Auch wurde die Arbeit des Moderators dargestellt. In den Rundfunkstudios wurde gezeigt, mit welchen technischen Möglichkeiten der Moderator arbeitet. An einem großen Schaltpult bedient er die Armaturen für Klang und Lautstärke. Alles genau abgestimmt mit einem festen Zeitplan. Auch konnten auf dem Gelände die Werkstätten für Übertragungswagen und Kulissenaufbau besichtigt werden.
Ab-Hof-Verkauf und bundesweiter Paketversand
Auch sahen die Teilnehmer den Rosenhof von Sabine und Werner Ruf in Bad Nauheim-Steinfurth, eines der größten Rosenanbaugebiete in Deutschland. Mit der Gründung der ersten Rosenschule Deutschlands im Jahre 1868 begann in diesem kleinen Dorf der Anbau von Rosen. Bereits die Urgroßeltern des heutigen Betriebsleiterehepaares kultivierten Rosen. Der heutige Betrieb wurde 1930 gegründet. Bis 1970 sind neben Rosen noch die klassische Landwirtschaft mit Viehhaltung betrieben worden.
1972 verlagerte sich der Betrieb durch Wohnhausbau und einer Rosenhalle an den heutigen Standort. Es wurden Gewächshäuser gebaut, um Rosen in Töpfen zu kultivieren. Mit der Übernahme des Betriebs in der dritten Generation begannen Werner und Sabine Ruf neue Wege zu gehen. 1994 erfolgte die Umstellung auf biologischen Anbau als erster ökologisch wirtschaftende Rosenbetrieb in Deutschland. Der Betrieb wurde bald ein Endverkaufsbetrieb, mit einem Ab-Hofverkauf und bundesweiten Paketversand werden robuste Rosen an Kunden verkauft.
Rose ist oben edel und unten wild
Seminare und die hofeigene Verarbeitung von Rosenblüten erweitern das Angebot. Heute wachsen auf den 12 ha jährlich 40 000 Rosen heran, von denen 30 000 in Töpfen weiterkultiviert werden. Dazu kommen 2 000 Rosenstämme. Der Betrieb hat sich im Jahr 2015 wegen der organischen Düngerversorgung zwei Hühnermobile mit je 220 Hühnern angeschafft. Kleegrasanbau sowie Luzerneanbau im ersten Fruchtfolgeglied folgt der Anbau von Rosenwildlingen die im Sommer veredelt werden und im Herbst des folgenden Jahres gerodet werden und ins Winterlager zum Verkauf kommen.
Danach folgt der Anbau von Winterweizen. Es ist also eine Vierfelderfruchtfolge vorhanden. Die eigene Vermehrung der Rosen ist Grundlage des Betriebes. Die Rosenpflanzen werden mit der Veredlungstechnik der Okulation bearbeitet. Dazu werden zunächst einjährige Wildrosensämlinge (Wildlinge), angepflanzt. Im Sommer wird in den Wurzelhals dieser Wildlinge ein kleines Stückchen Stängel mit einem Auge der gewünschten Edelsorte eingepflanzt. Erst im kommenden Frühjahr wird die obere Astpartie des Rosenwildlings abgeschnitten. Die Rose treibt aus dem eingepflanzten Auge aus. Ergebnis: eine Pflanze, deren oberirdischer Teil die Edelsorte ist, deren Wurzel aber die in unserem Gebiet geforderten Klimabedingungen angepasste Wildrose ist.
Krug, VLF – LW 32/2017