Kühe moderner Genetik haben ein hohes Leistungspotenzial. Milchviehhalter tun viel dafür, dieses möglichst weit zu nutzen und die Tiere zugleich bei guter Gesundheit zu halten: Es werden ausgewogene Futterrationen vorgelegt, ein hoher Kuhkomfort wird geboten und auch Klauenpfleger und Bestandstierarzt sind regelmäßig im Betrieb, um Erkrankungen früh zu erkennen und zu behandeln.
In puncto Krankheitsanfälligkeit gilt es, den Blick auf die ersten Wochen nach der Kalbung zu richten. In dieser Zeit sind die Kühe besonders empfindlich. In vielen Betrieben werden die Tiere deshalb kurz vor bis zwei Wochen nach der Kalbung in einem Special-Needs-(Besondere Bedürfnisse)-Bereich gehalten und intensiv überwacht. Die Anfälligkeit für Erkrankungen zieht sich jedoch über das ganze erste Laktationsdrittel – den Zeitraum, in dem die Tiere durch die negative Energiebilanz und damit verbundenen Mobilisierung von Körperreserven einen stark beanspruchten Stoffwechsel haben. Laut einer Untersuchung in Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern traten bei 90 Prozent der Kühe in den ersten 100 Tagen nach der Kalbung Stoffwechselstörungen und bei über 60 Prozent Fruchtbarkeitsstörungen auf.
Eine Möglichkeit, die Tiere in dieser Zeit zu schonen, ist die Verlängerung der freiwilligen Wartezeit: Die Kühe bekommen dadurch die Gelegenheit, ihren Stoffwechsel zu stabilisieren, bevor sie das erste Mal wieder besamt werden. Entgegen dem grundsätzlichen Ziel, die Tiere möglichst rasch wieder tragend zu bekommen und so eine kurze Zwischenkalbezeit zu erreichen, ist es laut den Ergebnissen einer umfangreichen Untersuchung sinnvoller, bei Erstkalbskühen eine Wartezeit von 150 und bei Mehrkalbskühen von 120 Tagen einzuplanen. Sowohl die Gesundheits- und Fruchtbarkeitsergebnisse als auch die Persistenz der Milchleistung war bei den Tieren, die mehr Zeit bekamen, deutlich besser. Und auch der Gewinn je Versuchstag war höher. Weiteres dazu siehe Beitrag ab Seite 31.
Marion Adams – LW 18/2016