Die Vorgaben der Düngeverordnung, aber auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen lassen eine exakte, teilschlagspezifische Düngung immer stärker in den Focus rücken. Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) veranstaltete letzte Woche eine Fachtagung zur bestandsoptimierten und umweltfreundlichen Düngung in Bürstadt-Riedrode. Neben Vorträgen wurden die Top-Modelle verschiedener Hersteller in der Halle des örtlichen Wasser- und Bodenverbandes vorgestellt.
Friedlind Schäfer vom LLH in Griesheim begrüßte rund 60 Besucher im Bürgerhaus Ried-rode und betonte die Herausforderungen, welchen sich Landwirte auch hinsichtlich der Düngung gegenüber sähen. „Sowohl der Gesetzgeber als auch die Gesellschaft stellen hohe Anforderungen an die landwirtschaftliche Praxis. Heute sollen moderne Möglichkeiten vorgestellt werden, wie diese unter Berücksichtigung der Ökonomie der Betriebe erfüllt werden können.“ Zur gesetzlichen Einordnung der Rahmenbedingungen sprach Dr. Jörg Hüther vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zunächst über den aktuellen Stand bei der Novellierung der Düngeverordnung.
Um die Düngeverordnung wird weiter gerungen
Das grundlegende Problem sei, dass Deutschland anhand der nach Brüssel gemeldeten Messwerte die gesteckten Ziele zur Verbesserung der Gewässer nicht habe einhalten können. Dies spiegle aber nicht die tatsächlichen Verhältnisse wider, da nach dem deutschen Ansatz nur problematische Orte gemeldet würden, deren Werte aber kaum oder nur sehr langfristig zu beeinflussen seien. Andere EU-Länder hätten hier einen anderen Ansatz und stünden deshalb besser da. „Es werden leider Äpfel mit Birnen verglichen, und die deutschen Landwirte müssen es ausbaden“, so der Referent. Es bestehe aber Hoffnung, dass Deutschland seine Datenerhebung beziehungsweise Verrechnung an die der übrigen Länder anpassen werde und in Zukunft dann auch im Vergleich besser abschneide. Dessen ungeachtet müssen nun die Forderungen der EU-Kommisson zur Verbesserung der Wasserqualität umgesetzt werden.
Hüther stellte die Eckpunkte des Entwurfs Stand Oktober 2015 dar und hob vor allem die neuesten Veränderungen hervor. Ein Punkt unter vielen (vor allem zu Wirtschaftsdüngern) war, dass ab 2020 Grenzstreueinrichtungen gefordert sein sollen, was direkt zum Thema der Tagung überleitete.
Streubildauswertung mittels Smartphone
Über die neueste Technik bei Mineraldüngerstreuern sprach Dr. Norbert Uppenkamp von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Er zeigte, wie sehr sich die Möglichkeiten zur Einstellung des Düngerstreuers in den letzten Jahren gewandelt haben, denn mittlerweile könne fast alles vom Schleppersitz aus erledigt werden. Auch die Nutzuntg des Internets oder von APPs auf dem Smartphone in Verbindung mit der entsprechenden Hardware habe in der Düngetechnik Einzug gehalten.
Er gab aber zu bedenken, dass alle Messungen am Gerät, die während der Überfahrt gemacht werden, nah am Streuer enden. Und auch Systeme zum Ausgleich von Wind seien beispielsweise bei Böen überfordert. Daher stellten Auffangschalen zur Kontrolle noch immer ein sinnvolles Zubehör dar. „Aber wer stellt sich schon gerne die sperrigen Kästen in die Kabine?“ fragte er. „Aber auch hier gibt es etwas Neues, und zwar aufrollbare schwarze Prüfmatten von Amazone, die man mit dem Smartphone fotografieren und mit einer entsprechenden APP auswerten kann“. Problematisch könne der Trend zum Mischen von Einzelnährstoffdüngern werden, denn die unterschiedlichen Korngrößen machten eine exakte Ausbringung schwierig. Er empfahl hier auf die Angaben des Bundesverbandes der Düngermischer unter www.bv-duengermischer.de zurückzugreifen.
Sensoren mit Boden- und Ertragsdaten verknüpfen
Neben Grenzstreueinrichtungen, die vor allem an Gewässern die notwendige Randschärfe gewährleisteten, seien heute das Teilbreiten- und Vorgewendemanagement bei der Düngerausbringung Stand der Technik. „Das kommt von der Pflanzenschutzspritze her und kann naturgemäß bei Schleuderstreuern nicht ganz so exakt sein, aber dennoch die Verteilgenauigkeit vor allem in Keilen deutlich verbessern“, so Uppenkamp. Gleiches gelte im Vorgewende. „Optische Sensoren, die aktiv und damit unabhängig vom Tageslicht arbeiten, erfassten heute sowohl den Ernährungszustand der Pflanze als auch die Bestandesdichte. In Verbindung mit Ertrags- und Bodenkarten, die für viele Flächen bereits digital vorliegen, kann das System dann entscheiden, ob eine Teilfläche mehr oder weniger der voreingestellten Düngermenge erhalten soll, und den Streuer im Heck entsprechend steuern.“ Dies erhöhe die N-Effizienz und vermeide vor allem in ertragsschwachen Bereichen des Ackers N-Überhänge.
Man muss dem Sensor vertrauen
Susanne Fischer vom Wasser- und Bodenverband Marburger Land berichtete über Erfahrungen beim Einsatz eines ISARIA-N-Sensors in Praxisbetrieben der Region. „Diese Technik wurde auf sechs Betrieben und insgesamt 290 Hektar vorwiegend bei Wirtschaftsdüngern eingesetzt mit dem Ziel, bedarfsgerecht und Grundwasser-schonend zu düngen.“ Fischers Fazit: „Der Sensor hat das bessere Auge.“ Die Vorteile hätten sich vor allem in gleichmäßigeren Beständen und weniger Lager gezeigt – und nicht in höheren Erträgen. Einsparungen seien vor allem bei Wirtschaftsdüngern aufgetreten. Und: „Sie müssen dem Sensor vertrauen; so sind die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreichbar“, resümierte Fischer.
Ein schmaler gelber Streifen außenherum
Uwe Roth vom Maschinenring Hessen ergänzte die Aussagen mit eigenen Erfahrungen: „Wir verfügen in unserem Betrieb über relativ große Flächen und haben bisher bei der Bestellung immer 15 Prozent zum angesetzten N-Bedarf pro Hektar zugeschlagen; das brauchen wir jetzt durch die exakte, teilschlagspezifische Ausbringung mit Section Control nicht mehr. Wir haben es überprüft, und selbst bei 36 Meter Arbeitsbreite und acht Teilbreiten funktioniert das System gut.“ Allerdings gelte dies nur für Einzelnährstoffdünger: Bei Raps beispielsweise müsse pro Hektar die festgesetzte Menge Schwefel fallen und dürfe nicht abgeregelt werden.
Gründe, in die Sensor- und GPS-Technik beim Düngen zu investieren, sieht Roth vor allem bei sehr kleinen und großen Feldern bei großer Ar-beitsbreite. Zum Einsatz von Grenzstreueinrichtungen bemerkte er, dass ein schmaler gelber Streifen außen um das Feld herum den guten Düngerstreuer ausmache. „So vermeidet man auch Konflikte mit Spaziergängern oder Radfahrern.“ Sein Fazit: Er würde sich wieder für diese Investition (knapp 50 000 Euro) entscheiden; als kleinerer Betrieb würde er sich einen Partner suchen. Und Roth ist überzeugt: „Hohe Technisierung schafft Vertrauen – auch bei Nicht-Landwirten.“
Fahrsicherheitstraining für Lenker von Gespannen
Den Abschluss des Vortragsteiles machte Wilhelm Kins von der Gemeinnützigen Haftpflicht-Versicherungsanstalt (GHV), Darmstadt, der auf die Unfallgefahren im landwirtschaftlichen Betrieb aufmerksam machte und hier speziell auf die Risiken von Gespannen, sofern Traktoren mit Vario-Getriebe eingesetzt werden. „Nehmen Sie die Angebote für Schleppersicherheitsfahrtraining wahr, das senkt auch die Beiträge zur Versicherung“, mahnte er. Am Nachmittag wurden die ausgestellten Düngerstreuer und Sensoren in der Maschinenhalle durch Firmenvertreter präsentiert.
KB – LW 49/2015