Eine züchterische Entwicklung, wie sie nicht allzu häufig erreicht wurde, gelang den Züchtern des genetisch hornlosen Fleckviehs in Hessen in dem zurückliegenden Jahrzehnt. Im Unterschied zu anderen Fleischrinderrassen startete die züchterische Arbeit beim genetisch hornlosen Fleckvieh in Hessen deutlich später. Vor 15 Jahren waren allerdings bereits die ersten Zuchtbetriebe, beispielsweise beim Fleischrindertag in Alsfeld, präsent.
Die Beteiligung im gesamten Bereich der züchterischen Arbeit konnte jedoch damals nur im geringen Umfang erfolgen. Stärkere Impulse kamen dann vom Versuchsgut Rudlos und dem Zuchtbetrieb Scheuermann und Schleich aus Erbenhausen, der einen Teil seines Bestandes sowohl aus Rudlos als auch aus dem Betrieb Hehr in Wehrda erwerben konnte.
In den Folgejahren gab es große Zuwächse in der züchterischen Arbeit, die sich an der Teilnahme am Fleischrindertag sowohl im Richtgeschehen als auch am Angebot von Bullen und weiblichen Tieren ablesen lässt.
Heute zählt speziell diese Veranstaltung zu den aussagefähigsten auf diesem Gebiet innerhalb Deutschlands. Das ist entscheidend auf den aktiven Einsatz vieler Betriebe zurückzuführen. Genetisch hornlose Fleckviehtiere aus Hessen überzeugen deswegen seit längerem durch hervorragende Ergebnisse in den Leistungsermittlungen und haben bei überregionalen Konkurrenzen bis hin zu Bundesschauen Spitzenergebnisse erreicht.
Dabei gilt es zu bedenken, dass fast alle hessischen Betriebe auf einen Grünlandstandort arbeiten und ein hoher Anteil an Betrieben ökologisch wirtschaftet. Über die Zuchtwertschätzung wird das genetische Potenzial dieser Herden jedoch hervorragend deutlich gemacht und zeigt die Konkurrenzfähigkeit gegenüber Regionen mit einem hohen Anteil an Ackerfuttergrundlage.
Der seit dem letzten Jahr zur Verfügung stehende Test auf genetischen Hornstatus wurde von den hessischen Züchtern intensiv zur Selektion genutzt und bietet hierzu hervorragende Möglichkeiten: sowohl zur gezielten Auswahl von Herdenbullen, aber auch die Anpaarung von erstklassigen Bullen mit unterschiedlichem genetischen Hornstatus ist jetzt besser umsetzbar.
Die ersten Erfolge aus der Nutzung dieser Untersuchungsmethodik waren beim Fleischrindertag 2013 festzustellen, diese leistungsmäßig hervorragende Kollektion wurde durch die reinerbige Hornlosigkeit noch einmal deutlich aufgewertet und stieß auf sehr gute Nachfrage.
Zuchtwerte überregional vergleichen können
Weitere zentrale Themen in der züchterischen Arbeit, wie die überregionale Vergleichbarkeit von Zuchtwerten und die mögliche Nutzung der genomischen Zuchtwertschätzung, wurden ebenfalls beim Züchtertreffen diskutiert. Im Rahmen der Herdenbesichtigung konnte man sich einen hervorragenden Einblick in die züchterische Entwicklung der Herde der Zuchtstätte von Anja Scheuermann und Manfred Schleich aus Erbenhausen machen.
Der neu gewählte Sprecher der Interessengemeinschaft der Fleckviehzüchter, Matthias Urbach aus Wahlen würdigte die Arbeit von Manfred Schleich für den über Jahre hinweg geleisteten Aufbau und die Weiterentwicklung der Rasse in Hessen.
Herde ist in zwei Abkalbegruppen aufgeteilt
Auf dem Betrieb stehen 110 ha Grünland zur Verfügung, die von 40 Kühen plus kompletter Nachzucht genutzt werden. Die Herde ist in zwei Abkalbegruppen aufgeteilt, so dass von Dezember bis März keine Kälber zu erwarten sind. Dieses hat für den Betrieb mehrere Vorteile, so Manfred Schleich, und hat sich sehr gut bewährt. Das angestrebte Leistungsniveau bei den männlichen Absetzern liegt bei Tageszunahmen von 1 500 g, die unter den Bedingungen des Betriebes realistisch sind. Deutlich darüber hinausgehende Leistungen würden einen erheblicheren Einsatz von Zukauffuttermitteln notwendig machen, der aber aus Kostengründen abgelehnt wird. Die Richtigkeit dieser Vorgehensweise wird dadurch verdeutlicht, dass es dem Betrieb Scheuermann und Schleich in den zurückliegenden Jahren gelungen ist, hervorragende Bullen im angestrebten Leistungsbereich bei jeden Fleischrindertag vorstellen zu können und sich diese Nachzucht bei den Käufern auch sehr gut bewährt hat.
Die Kühe stammen zum Großteil von den früheren Herdenbullen Herrscher PP, Venezia PP, Halef Pp und Zimbo Pp ab. Die derzeit vorhandene Nachzucht geht zum größten Teil auf Convair PP und Rob PP zurück, speziell die Kälber dieses Bullen entsprechen absolut den Vorstellungen des erfahrenen Züchterehepaares. Von dem derzeitigen Vererber Leif PP erwarten sie sich eine weitere Verbesserung von Zuwachspotenzial und Fleischansatzvermögen.
Das große Interesse an der genetisch hornlosen Fleckviehzucht in Hessen, welches auch bei der Betriebsbesichtigung deutlich zum Ausdruck kam, ist ein deutliches Zeichen für die erfolgreiche züchterische Arbeit, welche Anja Scheuermann und Manfred Schleich in den zurückliegenden Jahren geleistet haben.
Grünhaupt, LLH Kassel – LW 41/2013