Der 40. Pfälzer Obstbautag stand unter dem Motto „Innovationen erkennen“. Gerade Direktvermarkter müssen neue Trends früh erkennen und entsprechend agieren, statt nur zu reagieren. Was den Pflanzenschutz anbetrifft, gab es Entwarnung, denn vieles, was vom EU-Parlament gefordert wird, ist in Deutschland bereits umgesetzt.
Das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz in Neustadt/Weinstraße und der Arbeitskreis Erwerbsobstbau Pfalz luden in die Aula des DLR ein, um über aktuelle Themen zu informieren. Mit der Hoffnung auch in Zukunft noch in Deutschland hochwertiges Obst erzeugen zu können, legte Uwe Harzer, DLR Rheinpfalz, den aktuellen Stand der EU-Pflanzenschutzverordnung dar. Wären die Forderungen des Umweltausschusses des EU-Parlaments nach Einführung restriktiver Zulassungskriterien für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe tatsächlich erfüllt worden, dann wäre der Obstanbau in Deutschland quasi gestorben. Nun sind die Erzeuger erleichtert, dass ein tragfähiger Kompromiss erreicht wurde. Am 13. Januar verabschiedete das EU-Parlament Richtlinien über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit dem Ziel einer Harmonisierung. Die Richtlinien geben einen rechtlichen Rahmen vor, die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen haben. Ausreichende Sachkunde ist Grundvoraussetzung für sachgerechte Anwendung und Umweltschutz.
Deutschland ist EU-weit Vorreiter
Es sind nationale Aktionspläne zu erstellen, um Risiken beim Pflanzenschutzmitteleinsatz zu mindern. In Deutschland gibt es seit 2004 einen nationalen Aktionsplan - das Reduktionsprogramm chemischer Pflanzenschutz – zur Verringerung der Risiken beim Pflanzenschutz. „Eine pauschale, prozentuale Mengenreduktion, wie sie im Gespräch war, wird nicht gefordert“, berichtete Harzer erleichtert. Auch was den integrierten Pflanzenschutz angeht, können wir beruhigt sein, meinte Harzer, weil das in Deutschland schon seit 1986 festgelegt ist. Das ist einmalig in Europa.
Es wird keine EU-weit gültige Norm für integrierten Pflanzenschutz geben, sondern eine regionale Ausgestaltung. „Wir sind da weiter als andere“, so Harzer. Harzer ist erleichtert, dass viele Regelungen nicht so hart gekommen sind, wie sie befürchtet wurden. EU-Abgeordnete Christa Klaß, Winzerin von der Mosel, habe sich sehr um den Berufsstand verdient gemacht. Europa wird in drei Zulassungszonen eingeteilt (Norden, Mitte, Süden). Innerhalb der Zonen müssen die Mitgliedstaaten die nationalen Zulassungen für die Pflanzenschutzmittel gegenseitig anerkennen. Darin sieht Harzer einen Knackpunkt, denn es bleibt abzuwarten, wie sich Deutschland im Einzelfall verhält. Die Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auf EU-Ebene erfolgt auf Basis einer Risikobewertung. Wirkstoffe, die „Cutt-off-Kriterien“ (krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend, den Hormonhaushalt schädigende Eigenschaften) erfüllen, werden von der Zulassung ausgeschlossen. Bestehende Zulassungen genießen einen Vertrauensschutz von bis zu zehn Jahren. Ob derzeit zugelassene Wirkstoffe künftig wegfallen, steht noch nicht fest. Harzer erklärte, es könne eventuell Basta wegfallen, allerdings erst ab 2018, mit vorheriger Aufbrauchsfrist. Glufosinat ist als fortpflanzungsgefährdende Substanz eingestuft.
Trends in der Direktvermarktung
Über Trends in der Direktvermarktung informierte Gerd Matthes, Marketingberater und Trainer aus Ober-Ramstadt. Das Kaufverhalten der Kunden habe sich stark verändert, beobachtete Matthes, der Produkte seiner Schwester vermarktet, die mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb führt. Studien zufolge werden die Kunden immer anspruchsvoller und bequemer. Gleichzeitig kaufen sie preisorientierter als früher und möchten etwas Außergewöhnliches erleben. Eine Verbraucherbefragung ergab, dass 63 Prozent Genuss, Wellness und Convinience suchen. Dennoch hält auch der Siegeszug der Discounter in Deutschland an, sie haben bei Lebensmitteln allgemein 41,8 Prozent Marktanteil, 1995 waren es noch 27 Prozent
Matthes ging auf eine Vielzahl von Faktoren ein, die für den Erfolg gegenüber Mitbewerbern ausschlaggebend sind. Innerbetrieblich müsse eine klare Entscheidung für einen Vertriebsweg fallen, Lebensmitteleinzelhandel oder eigener Vertriebsweg, wie Hofladen, ab Feld-Verkauf, Marktstand oder Wiederverkäufer. Dieser Vertriebsweg müsse dann konsequent beschritten werden. Beim Direktvermarkter ist das zusätzliche Erlebnis wichtig, damit sich der Kunde auf den Weg macht. Am besten ist es, meint Matthes, wenn der Hofladen ganzjährig öffnet, denn das Saisongeschäft ist immer wieder aufwendig anzukurbeln. Mit einem preislichen Schmankerl lockt man auch Schnäppchenjäger, die dann vielleicht doch noch mehr kaufen. Im Hofladen ist künstliches Licht besser als Tageslicht, um die Ware optimal zu beleuchten, so Matthes. Die Ware ist sauber und ordentlich zu präsentieren. Überall sollte das Logo zu sehen sein, auf Rechnungen, Flyer, Auto. Ohne Homepage im Internet ist man heute nicht existent, so der Marketingexperte. Das Verkaufspersonal sollte gute Fachkenntnisse haben und deutsch sprechen. Marketing ist immer im Fluss und man muss immer wieder mal etwas ausprobieren.
Sortenwahl bei Apfel und Süßkirsche
Paul van Laer ist Mitarbeiter der belgischen Baumschule Nicolai (Sint Truiden), die sich intensiv in der Züchtung engagiert und versucht herauszufinden wohin der Trend bei neuen Apfelsorten geht. Eine Vielzahl neuer Sorten wird im sogenannten „Clubsortenkonzept“ vermarktet. Viele Obsterzeuger haben deshalb keine Möglichkeit solche Sorten anzubauen. In der Vorderpfalz besteht seit neuestem die Möglichkeit für bestimmte Obsterzeuger die Clubsorte Kanzi zu pflanzen. Kanzi ist eine Kreuzung aus Gala x Braeburn, erste Früchte gab es 1997, erste Anlagen 2002. Die Frucht ist sehr saftig mit einem angenehmen Aroma und Süß-Sauerverhältnis, beschrieb van Laer. Die Schale ist nicht empfindlich für Berostung und auch nicht druckstellenempfindlich.
Über Entwicklungen im Süßkirschensortiment referierte Martin Balmer, DLR Rheinpfalz, Kompetenzzentrum Gartenbau Ahrweiler. Die Süßkirsche zählt momentan zu einer der wenigen für die Erzeuger lukrativen Obstsorten. Sie steht beim Verbraucher hoch im Kurs und durch die Züchtung neuerer Unterlagen und Sorten stellt sie auch für den lokalen Obstanbau eine interessante Alternative im Anbau dar. Seit Anfang der Neunziger dominieren bei den Neupflanzungen die Sorten Kordia und Regina. Kordia ist inzwischen leicht rückläufig, so Balmer. Der Anteil von Regina liegt bei über 50 Prozent. In Rheinland-Pfalz werden 500 ha Tafelkirschen angebaut. Das Kompetenzzentrum Gartenbau prüft neue Süßkirschensorten in Oppenheim und Ahrweiler/Klein Altendorf. Bei den Frühsorten befriedigt Burlat weder in der Fruchtqualität (weich) noch in der Stabilität (relativ platz- und fäulnisanfällig). Mangels Alternativen wird sie dennoch empfohlen. Für die verschiedenen Standorte steht eine Auswahl an Unterlagen zur Verfügung, erklärte Peter Hilsendegen, DLR Rheinpfalz, Oppenheim. Die Entwicklung zu schwach wachsenden, produktiven Unterlagen trifft gleichzeitig auf ein neu entwickeltes Sortiment von fruchtbaren Süßkirschensorten. Das sind gute Voraussetzungen für wirtschaftliche Kirschenanlagen. Aber die Obstbauern werden vor neue Herausforderungen gestellt, durch geeignete Kulturmaßnahmen, eine gute Fruchtqualität zu erzielen. Der Wunsch nach Anpassung an verschiedene Standorte und Produktionsbedingungen wird die Suche nach weiteren Unterlagen mit schwacher aber auch mittlerer Wuchsstärke fortsetzen.
Von der Kirschfruchtfliegenbekämpfung im vergangenen Jahr berichtete Günter Hensel, DLR Rheinpfalz. Der beim Laien als Kirschmade bekannte Schädling ist, durch die eingeschränkte Pflanzenschutzmittelverfügbarkeit, ein relativ problematischer Schädling. Bei der Vermarktung wird kein Befall toleriert. Mospilan wird voraussichtlich auch 2009 wieder nur über „Gefahr im Verzug“ (§11,2 PflSchG) zur Verfügung stehen. Begleitet wurde die Veranstaltung von einer ganztägigen Ausstellung im Foyer. bs