Vorige Woche fand zum ersten Mal in Hessen ein Seminar für ehrenamtliche Richter der Landwirtschaft in Friedrichsdorf statt. Mit rund 30 Teilnehmern war das Interesse an der Auftaktveranstaltung hoch.
Diese Fortbildung für ehrenamtliche Richter an den hessischen Landwirtschaftsgerichten wurde durch den Präsidenten des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, eröffnet. Als Referenten der Veranstaltung stellte er vor: den Vorsitzenden Richter am Landgericht Frankfurt am Main, Dr. Bernhard Seyderhelm, die Direktorin des Amtsgerichtes Schlüchtern, Karin Lang, und Rechtsanwalt Karl-Heinz Armbrust, HBV-Referent für Zivilrecht. Rechtsanwalt Rainer Seimetz, HBV, leitete die Veranstaltung.
Auf gerechte Urteilssprechung setze jeder Landwirt: „Vor Gericht entscheidet nicht der Bauch, sondern das bessere Argument“, umriss der HBV-Präsident das Ziel dieses Seminars für die ehrenamtlichen Richter der Landwirtschaft. Um dies bestmöglich zu erreichen, könnten Fortbildungsveranstaltungen wie diese einen großen Beitrag leisten.
Auf Augenhöhe mit Berufsrichter
Zum einen ging es in dem Seminar in Friedrichsdorf darum, über das Reglement zur Gerichtsbarkeit, wie beispielsweise die Berufung zum ehrenamtlichen Richter der Landwirtschaft, zu informieren. Zum anderen wurden mit den geladenen Experten aktuelle Fälle von Entscheidungen aus der Gerichtspraxis erörtert. „Ehrenamtliche Richter üben das Richteramt im vollen Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter aus“, meinte Dr. Seyderhelm, der einen Überblick zu den Gerichtsbarkeiten gab sowie über die Stellung des Schöffen in unserem Gerichtssystem sprach. In Hessen gebe es neben dem Oberlandesgericht in Frankfurt 46 Amtsgerichte mit Landwirtschaftsabteilungen. Amtsgerichte sowie die Mehrzahl der anderen Gerichte seien mit jeweils einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt.
Wie wird man nun Schöffe? Dazu werde in der Regel eine Vorschlagsliste vom Gebietsagrarausschuss beziehungsweise vom berufständischen Verband erstellt. Die vorgeschlagenen Personen sollten zwischen 25 und 69 Jahren alt sein. Die Liste werde über die jeweilige Gemeinde an das Gericht beziehungsweise über das Landwirtschaftsamt an das Oberlandesgericht gereicht. Wer als Schöffe gewählt worden sei, könne dieses Ehrenamt in der Regel nicht ausschlagen.
Die ehrenamtlichen Richter werden auf die Dauer von fünf Jahren berufen, eine wiederholte Berufung ist möglich. Welcher ehrenamtliche Richter für welchen Fall herangezogen werde, entscheide die Gerichtskammer. Der Schöffe habe die vollen Rechte – wie zum Beispiel: Akteneinsicht und Verhandlungsführung – und ebenso Pflichten wie ein Berufsrichter. So ist er zum Beispiel zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet, das heißt er soll über den Inhalt von Beratungen Schweigen bewahren. Zu den wichtigsten Aufgaben des ehrenamtlichen Richters gehöre, den Berufsrichter als den Vorsitzenden Richter bei rechtlichen Angelegenheiten über fachspezifische Fragen, so über Abläufe in der landwirtschaftlichen Praxis, aufzuklären. „Sie entscheiden über Sachverhalte, die aus dem Leben geboren sind“, konstatiert Seyderhelm. Die ehrenamtlichen Richter würden zu den Sitzungen nach der Reihenfolge der Liste herangezogen, die der Vorsitzende des Gerichts vor Beginn eines neuen Geschäftsjahres aufgestellt habe, erläuterte die Direktorin des Amtsgerichtes Schlüchtern, Karin Lang. Beispielsweise würde bei der Besetzung im Amtsgericht für eine Verhandlung in Pachtsachen darauf geachtet, dass einer der zwei ehrenamtlichen Richter überwiegend Pächter der andere überwiegend Verpächter sei.
Hessens Landwirte haben im Mittel rund zwei Drittel ihrer Wirtschaftsfläche gepachtet. Juristische Besonderheiten in Bezug auf Abschluss und Beendigung (wie Kündigungsklauseln) von landwirtschaftlichen Pachtverträgen erläuterte daher Rechtsanwalt Karl-Heinz Armbrust. Moe